erkannt elektrischen Meteore sind bekanntlich von einem eigenthümlichen Ton begleitet. *)
Ein drittes Zeugniß, welches für jene Meynung zu sprechen scheint, empfangen wir aus der Geschichte der alten Orakel. Bey einem der ältesten, dem zu Dodona, war es der Klang der vom Wind bewegten Metallbecken, und das Rauschen der Luft in den Zwei- gen der hohen Eichbäume, aus welchen von den Prie- stern das Zukünftige geweissagt wurde. Diese Art der Weissagung aus den Naturtönen der Atmosphäre, scheint unter allen die älteste. -- Auch die Wahrsager des ältesten Nordens haben aus dem Rauschen der ho- hen Bäume das Zukünftige verkündigt. Darum heißt es noch in einer der frühesten Weissagungen -- in der viele Jahrtausende alten Voluspa --:
"Siehe ich kenne einen Eschenbaum, sein Nahme heisset Gottlich, Hocherhaben. Er stehet ewig grüne an wohlverwahrten Brunnen, **) in Gottes Haus,
*) Vor Zeiten muß die Atmosphäre viel mehr Anlage zu sol- chen tönenden Lufterscheinungen gehabt haben. Man fin- det davon viele Berichte bey den Alten (z. B. bey römi- schen Schriftstellern) denen man nicht immer den Glauben versagen kann.
**) Urdarbrunne, von Einigen wird Urdar durch Necessi- tas übersetzt. -- Dieser Brunnen und jener Eschenbaum mit seinen drey mystischen Wurzeln scheinen überyaupt in der nordischen Mythologie eine sehr tiefe Bedeutung zu haben.
erkannt elektriſchen Meteore ſind bekanntlich von einem eigenthuͤmlichen Ton begleitet. *)
Ein drittes Zeugniß, welches fuͤr jene Meynung zu ſprechen ſcheint, empfangen wir aus der Geſchichte der alten Orakel. Bey einem der aͤlteſten, dem zu Dodona, war es der Klang der vom Wind bewegten Metallbecken, und das Rauſchen der Luft in den Zwei- gen der hohen Eichbaͤume, aus welchen von den Prie- ſtern das Zukuͤnftige geweiſſagt wurde. Dieſe Art der Weiſſagung aus den Naturtoͤnen der Atmosphaͤre, ſcheint unter allen die aͤlteſte. — Auch die Wahrſager des aͤlteſten Nordens haben aus dem Rauſchen der ho- hen Baͤume das Zukuͤnftige verkuͤndigt. Darum heißt es noch in einer der fruͤheſten Weiſſagungen — in der viele Jahrtauſende alten Voluspa —:
„Siehe ich kenne einen Eſchenbaum, ſein Nahme heiſſet Gottlich, Hocherhaben. Er ſtehet ewig gruͤne an wohlverwahrten Brunnen, **) in Gottes Haus,
*) Vor Zeiten muß die Atmosphaͤre viel mehr Anlage zu ſol- chen toͤnenden Lufterſcheinungen gehabt haben. Man fin- det davon viele Berichte bey den Alten (z. B. bey roͤmi- ſchen Schriftſtellern) denen man nicht immer den Glauben verſagen kann.
**) Urdarbrunne, von Einigen wird Urdar durch Neceſſi- tas uͤberſetzt. — Dieſer Brunnen und jener Eſchenbaum mit ſeinen drey myſtiſchen Wurzeln ſcheinen uͤberyaupt in der nordiſchen Mythologie eine ſehr tiefe Bedeutung zu haben.
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erkannt elektriſchen Meteore ſind bekanntlich von einem
eigenthuͤmlichen Ton begleitet. *)
Ein drittes Zeugniß, welches fuͤr jene Meynung
zu ſprechen ſcheint, empfangen wir aus der Geſchichte
der alten Orakel. Bey einem der aͤlteſten, dem zu
Dodona, war es der Klang der vom Wind bewegten
Metallbecken, und das Rauſchen der Luft in den Zwei-
gen der hohen Eichbaͤume, aus welchen von den Prie-
ſtern das Zukuͤnftige geweiſſagt wurde. Dieſe Art der
Weiſſagung aus den Naturtoͤnen der Atmosphaͤre,
ſcheint unter allen die aͤlteſte. — Auch die Wahrſager
des aͤlteſten Nordens haben aus dem Rauſchen der ho-
hen Baͤume das Zukuͤnftige verkuͤndigt. Darum heißt
es noch in einer der fruͤheſten Weiſſagungen — in der
viele Jahrtauſende alten Voluspa —:
„Siehe ich kenne einen Eſchenbaum, ſein Nahme
heiſſet Gottlich, Hocherhaben. Er ſtehet ewig gruͤne
an wohlverwahrten Brunnen, **) in Gottes Haus,
*) Vor Zeiten muß die Atmosphaͤre viel mehr Anlage zu ſol-
chen toͤnenden Lufterſcheinungen gehabt haben. Man fin-
det davon viele Berichte bey den Alten (z. B. bey roͤmi-
ſchen Schriftſtellern) denen man nicht immer den Glauben
verſagen kann.
**) Urdarbrunne, von Einigen wird Urdar durch Neceſſi-
tas uͤberſetzt. — Dieſer Brunnen und jener Eſchenbaum
mit ſeinen drey myſtiſchen Wurzeln ſcheinen uͤberyaupt in
der nordiſchen Mythologie eine ſehr tiefe Bedeutung zu
haben.
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Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/80>, abgerufen am 18.07.2024.
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