Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schulz, Friedrich: Neue Reise durch Italien. Bd. 1, H. 1. Berlin, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

steller also 50 oder 55,000 zählen, so wollten
sie nur eine andere Summe setzen, als Maf-
fei; und sie fielen dabey in einen großen Jrr-
thum, indem sie annahmen, die Stadt müsse
seit jenes Mannes Zeiten an Einwohnern ge-
wonnen haben. Diese Voraussetzung hat
aber nicht die geringste Wahrscheinlichkeit, da
Verona schon seit seiner Unterwerfung an
Venedig (1405) in beständigem Abnehmen
gewesen ist. Schon um jene Zeit zogen sich
viele ansehnliche Familien vom Adel aus die-
ser Stadt, und ihr Verkehr ward von einer
Hauptstadt, die auch Handelsplatz ist, nach
und nach eingeschränkt, so feyerlich sie auch
angelobt hatte, die kaufmännischen Vorrechte
von Verona zu beachten. Ueberdies verlor
diese Hauptstadt selbst allmählig ihr großes
Handelsgebiet, und konnte die veronesischen
Waaren, die ihr zugeführt wurden, nicht
mehr in voriger Menge vertreiben. Die
Manufakturen in Seide und Wolle, die in
Verona vorzüglich blüheten, sanken sonach.

ſteller alſo 50 oder 55,000 zaͤhlen, ſo wollten
ſie nur eine andere Summe ſetzen, als Maf-
fei; und ſie fielen dabey in einen großen Jrr-
thum, indem ſie annahmen, die Stadt muͤſſe
ſeit jenes Mannes Zeiten an Einwohnern ge-
wonnen haben. Dieſe Vorausſetzung hat
aber nicht die geringſte Wahrſcheinlichkeit, da
Verona ſchon ſeit ſeiner Unterwerfung an
Venedig (1405) in beſtaͤndigem Abnehmen
geweſen iſt. Schon um jene Zeit zogen ſich
viele anſehnliche Familien vom Adel aus die-
ſer Stadt, und ihr Verkehr ward von einer
Hauptſtadt, die auch Handelsplatz iſt, nach
und nach eingeſchraͤnkt, ſo feyerlich ſie auch
angelobt hatte, die kaufmaͤnniſchen Vorrechte
von Verona zu beachten. Ueberdies verlor
dieſe Hauptſtadt ſelbſt allmaͤhlig ihr großes
Handelsgebiet, und konnte die veroneſiſchen
Waaren, die ihr zugefuͤhrt wurden, nicht
mehr in voriger Menge vertreiben. Die
Manufakturen in Seide und Wolle, die in
Verona vorzuͤglich bluͤheten, ſanken ſonach.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0129" n="121"/>
&#x017F;teller al&#x017F;o 50 oder 55,000 za&#x0364;hlen, &#x017F;o wollten<lb/>
&#x017F;ie nur eine andere Summe &#x017F;etzen, als Maf-<lb/>
fei; und &#x017F;ie fielen dabey in einen großen Jrr-<lb/>
thum, indem &#x017F;ie annahmen, die Stadt mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e<lb/>
&#x017F;eit jenes Mannes Zeiten an Einwohnern ge-<lb/>
wonnen haben. Die&#x017F;e Voraus&#x017F;etzung hat<lb/>
aber nicht die gering&#x017F;te Wahr&#x017F;cheinlichkeit, da<lb/>
Verona &#x017F;chon &#x017F;eit &#x017F;einer Unterwerfung an<lb/>
Venedig (1405) in be&#x017F;ta&#x0364;ndigem Abnehmen<lb/>
gewe&#x017F;en i&#x017F;t. Schon um jene Zeit zogen &#x017F;ich<lb/>
viele an&#x017F;ehnliche Familien vom Adel aus die-<lb/>
&#x017F;er Stadt, und ihr Verkehr ward von einer<lb/>
Haupt&#x017F;tadt, die auch Handelsplatz i&#x017F;t, nach<lb/>
und nach einge&#x017F;chra&#x0364;nkt, &#x017F;o feyerlich &#x017F;ie auch<lb/>
angelobt hatte, die kaufma&#x0364;nni&#x017F;chen Vorrechte<lb/>
von Verona zu beachten. Ueberdies verlor<lb/>
die&#x017F;e Haupt&#x017F;tadt &#x017F;elb&#x017F;t allma&#x0364;hlig ihr großes<lb/>
Handelsgebiet, und konnte die verone&#x017F;i&#x017F;chen<lb/>
Waaren, die ihr zugefu&#x0364;hrt wurden, nicht<lb/>
mehr in voriger Menge vertreiben. Die<lb/>
Manufakturen in Seide und Wolle, die in<lb/>
Verona vorzu&#x0364;glich blu&#x0364;heten, &#x017F;anken &#x017F;onach.<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[121/0129] ſteller alſo 50 oder 55,000 zaͤhlen, ſo wollten ſie nur eine andere Summe ſetzen, als Maf- fei; und ſie fielen dabey in einen großen Jrr- thum, indem ſie annahmen, die Stadt muͤſſe ſeit jenes Mannes Zeiten an Einwohnern ge- wonnen haben. Dieſe Vorausſetzung hat aber nicht die geringſte Wahrſcheinlichkeit, da Verona ſchon ſeit ſeiner Unterwerfung an Venedig (1405) in beſtaͤndigem Abnehmen geweſen iſt. Schon um jene Zeit zogen ſich viele anſehnliche Familien vom Adel aus die- ſer Stadt, und ihr Verkehr ward von einer Hauptſtadt, die auch Handelsplatz iſt, nach und nach eingeſchraͤnkt, ſo feyerlich ſie auch angelobt hatte, die kaufmaͤnniſchen Vorrechte von Verona zu beachten. Ueberdies verlor dieſe Hauptſtadt ſelbſt allmaͤhlig ihr großes Handelsgebiet, und konnte die veroneſiſchen Waaren, die ihr zugefuͤhrt wurden, nicht mehr in voriger Menge vertreiben. Die Manufakturen in Seide und Wolle, die in Verona vorzuͤglich bluͤheten, ſanken ſonach.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die "Neue Reise durch Italien" ist auch erschiene… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_italien_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_italien_1797/129
Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Neue Reise durch Italien. Bd. 1, H. 1. Berlin, 1797, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_italien_1797/129>, abgerufen am 17.06.2024.