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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795.

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noch die Minister derjenigen Mächte, die auf
die Geschäfte in Polen Einfluß haben, auf
gleichem Wege, immer mit vollen Händen,
für seine Entwürfe zu gewinnen suchen.

Nicht minder kostspielig werden den polni-
schen Großen ihre Rechtshändel. Der hoch-
müthige, habsüchtige und egoistische Zug in
ihrem Charakter, verwickelt sie leicht in Strei-
tigkeiten mit ihren Nachbarn und Nebenbuh-
lern; Beeinträchtigung des Eigenthums, die
der Mächtigere sich so oft gegen den Schwä-
chern zu Schulden kommen läßt; persönliche
Mißhandlungen gegen Geringere, die hier noch
so häufig sind; und der zweydeutige, schwan-
kende, verdrehbare Sinn der Gesetze selbst --
das alles veranlaßt eine ungewöhnliche Menge
von Rechtshändeln. Da überdieß in Polen
derjenige, der bloß Recht hat und nichts wei-
ter, gewöhnlich Unrecht behält, so ist es un-
umgänglich nöthig, daß man es durch Geschenke
an die Anwalde, Berichtsteller und Richter,
befestige. Dasselbe thut aber auch der Gegner,

noch die Miniſter derjenigen Maͤchte, die auf
die Geſchaͤfte in Polen Einfluß haben, auf
gleichem Wege, immer mit vollen Haͤnden,
fuͤr ſeine Entwuͤrfe zu gewinnen ſuchen.

Nicht minder koſtſpielig werden den polni-
ſchen Großen ihre Rechtshaͤndel. Der hoch-
muͤthige, habſuͤchtige und egoiſtiſche Zug in
ihrem Charakter, verwickelt ſie leicht in Strei-
tigkeiten mit ihren Nachbarn und Nebenbuh-
lern; Beeintraͤchtigung des Eigenthums, die
der Maͤchtigere ſich ſo oft gegen den Schwaͤ-
chern zu Schulden kommen laͤßt; perſoͤnliche
Mißhandlungen gegen Geringere, die hier noch
ſo haͤufig ſind; und der zweydeutige, ſchwan-
kende, verdrehbare Sinn der Geſetze ſelbſt —
das alles veranlaßt eine ungewoͤhnliche Menge
von Rechtshaͤndeln. Da uͤberdieß in Polen
derjenige, der bloß Recht hat und nichts wei-
ter, gewoͤhnlich Unrecht behaͤlt, ſo iſt es un-
umgaͤnglich noͤthig, daß man es durch Geſchenke
an die Anwalde, Berichtſteller und Richter,
befeſtige. Daſſelbe thut aber auch der Gegner,

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[110/0120] noch die Miniſter derjenigen Maͤchte, die auf die Geſchaͤfte in Polen Einfluß haben, auf gleichem Wege, immer mit vollen Haͤnden, fuͤr ſeine Entwuͤrfe zu gewinnen ſuchen. Nicht minder koſtſpielig werden den polni- ſchen Großen ihre Rechtshaͤndel. Der hoch- muͤthige, habſuͤchtige und egoiſtiſche Zug in ihrem Charakter, verwickelt ſie leicht in Strei- tigkeiten mit ihren Nachbarn und Nebenbuh- lern; Beeintraͤchtigung des Eigenthums, die der Maͤchtigere ſich ſo oft gegen den Schwaͤ- chern zu Schulden kommen laͤßt; perſoͤnliche Mißhandlungen gegen Geringere, die hier noch ſo haͤufig ſind; und der zweydeutige, ſchwan- kende, verdrehbare Sinn der Geſetze ſelbſt — das alles veranlaßt eine ungewoͤhnliche Menge von Rechtshaͤndeln. Da uͤberdieß in Polen derjenige, der bloß Recht hat und nichts wei- ter, gewoͤhnlich Unrecht behaͤlt, ſo iſt es un- umgaͤnglich noͤthig, daß man es durch Geſchenke an die Anwalde, Berichtſteller und Richter, befeſtige. Daſſelbe thut aber auch der Gegner,

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/120>, abgerufen am 24.11.2024.