Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

sten natürlicher Feind, wäre er auch der ge-
schätzeste Freund des Menschen; er muß ge-
züchtigt und entfernt werden; man muß ihm
nicht schmeicheln, ihn nicht bitten, ihm nicht
versprechen, weil dieß seine unerlaubten Forde-
rungen zu rrchtmäßigen Ansprüchen zu machen
scheint und seine Hartnäckigkeit verstärkt; man
muß ihm keinen Schritt aus dem Wege thun,
denn Ausweichen hält auf, und die, für die
man als Fürst handelt, leiden unter der Ver-
zögerung; man muß ihn auch nicht abkaufen,
denn die Kaufsumme ist baarer Verlust für den,
der fordern kann, ist stillschweigendes Bekennt-
niß, daß sein Recht zum Fordern nicht ganz
gegründet seyn möge, ist also wahre Untergra-
bung dieses Rechtes. Selbst wenn ein Fürst
aus seinem Privatvermögen diese Kaufsumme
gäbe, so bliebe sie, wenn sein Volk auch nicht
baar einbüßte, solche Untergrabung, und er-
munterte selbstsüchtige Gemüther, ähnliche For-
derungen zu wiederholen.

Ein

ſten natuͤrlicher Feind, waͤre er auch der ge-
ſchaͤtzeſte Freund des Menſchen; er muß ge-
zuͤchtigt und entfernt werden; man muß ihm
nicht ſchmeicheln, ihn nicht bitten, ihm nicht
verſprechen, weil dieß ſeine unerlaubten Forde-
rungen zu rrchtmaͤßigen Anſpruͤchen zu machen
ſcheint und ſeine Hartnaͤckigkeit verſtaͤrkt; man
muß ihm keinen Schritt aus dem Wege thun,
denn Ausweichen haͤlt auf, und die, fuͤr die
man als Fuͤrſt handelt, leiden unter der Ver-
zoͤgerung; man muß ihn auch nicht abkaufen,
denn die Kaufſumme iſt baarer Verluſt fuͤr den,
der fordern kann, iſt ſtillſchweigendes Bekennt-
niß, daß ſein Recht zum Fordern nicht ganz
gegruͤndet ſeyn moͤge, iſt alſo wahre Untergra-
bung dieſes Rechtes. Selbſt wenn ein Fuͤrſt
aus ſeinem Privatvermoͤgen dieſe Kaufſumme
gaͤbe, ſo bliebe ſie, wenn ſein Volk auch nicht
baar einbuͤßte, ſolche Untergrabung, und er-
munterte ſelbſtſuͤchtige Gemuͤther, aͤhnliche For-
derungen zu wiederholen.

Ein
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0138" n="128"/>
&#x017F;ten natu&#x0364;rlicher Feind, wa&#x0364;re er auch der ge-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;tze&#x017F;te Freund des Men&#x017F;chen; er muß ge-<lb/>
zu&#x0364;chtigt und entfernt werden; man muß ihm<lb/>
nicht &#x017F;chmeicheln, ihn nicht bitten, ihm nicht<lb/>
ver&#x017F;prechen, weil dieß &#x017F;eine unerlaubten Forde-<lb/>
rungen zu rrchtma&#x0364;ßigen An&#x017F;pru&#x0364;chen zu machen<lb/>
&#x017F;cheint und &#x017F;eine Hartna&#x0364;ckigkeit ver&#x017F;ta&#x0364;rkt; man<lb/>
muß ihm keinen Schritt aus dem Wege thun,<lb/>
denn Ausweichen ha&#x0364;lt auf, und die, fu&#x0364;r die<lb/>
man als Fu&#x0364;r&#x017F;t handelt, leiden unter der Ver-<lb/>
zo&#x0364;gerung; man muß ihn auch nicht abkaufen,<lb/>
denn die Kauf&#x017F;umme i&#x017F;t baarer Verlu&#x017F;t fu&#x0364;r den,<lb/>
der fordern kann, i&#x017F;t &#x017F;till&#x017F;chweigendes Bekennt-<lb/>
niß, daß &#x017F;ein Recht zum Fordern nicht ganz<lb/>
gegru&#x0364;ndet &#x017F;eyn mo&#x0364;ge, i&#x017F;t al&#x017F;o wahre Untergra-<lb/>
bung die&#x017F;es Rechtes. Selb&#x017F;t wenn ein Fu&#x0364;r&#x017F;t<lb/>
aus &#x017F;einem Privatvermo&#x0364;gen die&#x017F;e Kauf&#x017F;umme<lb/>
ga&#x0364;be, &#x017F;o bliebe &#x017F;ie, wenn &#x017F;ein Volk auch nicht<lb/>
baar einbu&#x0364;ßte, &#x017F;olche Untergrabung, und er-<lb/>
munterte &#x017F;elb&#x017F;t&#x017F;u&#x0364;chtige Gemu&#x0364;ther, a&#x0364;hnliche For-<lb/>
derungen zu wiederholen.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Ein</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[128/0138] ſten natuͤrlicher Feind, waͤre er auch der ge- ſchaͤtzeſte Freund des Menſchen; er muß ge- zuͤchtigt und entfernt werden; man muß ihm nicht ſchmeicheln, ihn nicht bitten, ihm nicht verſprechen, weil dieß ſeine unerlaubten Forde- rungen zu rrchtmaͤßigen Anſpruͤchen zu machen ſcheint und ſeine Hartnaͤckigkeit verſtaͤrkt; man muß ihm keinen Schritt aus dem Wege thun, denn Ausweichen haͤlt auf, und die, fuͤr die man als Fuͤrſt handelt, leiden unter der Ver- zoͤgerung; man muß ihn auch nicht abkaufen, denn die Kaufſumme iſt baarer Verluſt fuͤr den, der fordern kann, iſt ſtillſchweigendes Bekennt- niß, daß ſein Recht zum Fordern nicht ganz gegruͤndet ſeyn moͤge, iſt alſo wahre Untergra- bung dieſes Rechtes. Selbſt wenn ein Fuͤrſt aus ſeinem Privatvermoͤgen dieſe Kaufſumme gaͤbe, ſo bliebe ſie, wenn ſein Volk auch nicht baar einbuͤßte, ſolche Untergrabung, und er- munterte ſelbſtſuͤchtige Gemuͤther, aͤhnliche For- derungen zu wiederholen. Ein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/138
Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/138>, abgerufen am 22.12.2024.