würde, kränkelt und neigt zur Auszehrung. Benucci, erster Buffo, ist noch immer die Hauptzierde des italienischen Theaters. Das dazu gehörige Ballet hat einen sehr mittel- mäßigen Balletmeister und seine Entwürfe ha- ben weder Erfindung, noch Zusammenhang, noch überhaupt Geist. Die erste Tänzerin ist gewaltig häßlich, tanzt aber nicht schlecht; die zweyte ist sehr hübsch, aber ihrem Tanze fehlt es an Anstand und Leben. Ein paar geschickte, aber bey weitem nicht vollkommene, Solotän- zer sind auch vorhanden, und zwey ziemlich bleyerne Groteschi, die, bey jedem halsbre- chenden Satze, mit sich niederfallen, daß die Bühne erzittert." --
So waren die beyden Haupttheater in Wien beschaffen, als ich dort ankam. Das Publikum fand nichts, als lange Weile darin, war un- zufrieden, lästerte, und ging -- in das Hetz- theater, oder zu Marinelli oder Schickaneder. Auf einmal hieß es, ein neues Tänzerpaar sey angekommen, um sich in drey Gastvorstellun-
wuͤrde, kraͤnkelt und neigt zur Auszehrung. Benucci, erſter Buffo, iſt noch immer die Hauptzierde des italieniſchen Theaters. Das dazu gehoͤrige Ballet hat einen ſehr mittel- maͤßigen Balletmeiſter und ſeine Entwuͤrfe ha- ben weder Erfindung, noch Zuſammenhang, noch uͤberhaupt Geiſt. Die erſte Taͤnzerin iſt gewaltig haͤßlich, tanzt aber nicht ſchlecht; die zweyte iſt ſehr huͤbſch, aber ihrem Tanze fehlt es an Anſtand und Leben. Ein paar geſchickte, aber bey weitem nicht vollkommene, Solotaͤn- zer ſind auch vorhanden, und zwey ziemlich bleyerne Groteschi, die, bey jedem halsbre- chenden Satze, mit ſich niederfallen, daß die Buͤhne erzittert.“ —
So waren die beyden Haupttheater in Wien beſchaffen, als ich dort ankam. Das Publikum fand nichts, als lange Weile darin, war un- zufrieden, laͤſterte, und ging — in das Hetz- theater, oder zu Marinelli oder Schickaneder. Auf einmal hieß es, ein neues Taͤnzerpaar ſey angekommen, um ſich in drey Gaſtvorſtellun-
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wuͤrde, kraͤnkelt und neigt zur Auszehrung.
Benucci, erſter Buffo, iſt noch immer die
Hauptzierde des italieniſchen Theaters. Das
dazu gehoͤrige Ballet hat einen ſehr mittel-
maͤßigen Balletmeiſter und ſeine Entwuͤrfe ha-
ben weder Erfindung, noch Zuſammenhang,
noch uͤberhaupt Geiſt. Die erſte Taͤnzerin iſt
gewaltig haͤßlich, tanzt aber nicht ſchlecht; die
zweyte iſt ſehr huͤbſch, aber ihrem Tanze fehlt
es an Anſtand und Leben. Ein paar geſchickte,
aber bey weitem nicht vollkommene, Solotaͤn-
zer ſind auch vorhanden, und zwey ziemlich
bleyerne Groteschi, die, bey jedem halsbre-
chenden Satze, mit ſich niederfallen, daß die
Buͤhne erzittert.“ —
So waren die beyden Haupttheater in Wien
beſchaffen, als ich dort ankam. Das Publikum
fand nichts, als lange Weile darin, war un-
zufrieden, laͤſterte, und ging — in das Hetz-
theater, oder zu Marinelli oder Schickaneder.
Auf einmal hieß es, ein neues Taͤnzerpaar ſey
angekommen, um ſich in drey Gaſtvorſtellun-
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/469>, abgerufen am 22.11.2024.
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