Von St. Veit führt der Weg abermals über kleine Anhöhen und durch Thäler, wie auf der vorigen Station, nur daß letztere weitläuftiger und erstre immer niedriger und seltner werden. Man kömmt darauf über eine weitläuftige, dürre, wenig angebauete Ebene, die das Saler Moos, auch das Sal- oder Zollfeld genannt wird, wo man nahe an der Straße einen Stein sieht, der in der Form eines plumpen Lehnstuhls ausgehauen ist, auf welchem in vorigen Zeiten die Ober- häupter von Kärnthen, unter lächerlichen Ge- bräuchen, gekrönt wurden und die Huldigung des Volks empfingen. Hier finden sich auch in einer kleinen Kapelle mehrere Leichensteine, Münzen und allerley Geräthschaften aufbe- wahrt, von denen man muthmaßt, daß sie Ueberbleibsel einer alten römischen Stadt wä- ren, über deren Namen man nicht einig ist, die aber mehrere Jahrhunderte in dieser Ge- gend gestanden, und die endlich Attila zer- stöhrt haben soll.
Von St. Veit fuͤhrt der Weg abermals uͤber kleine Anhoͤhen und durch Thaͤler, wie auf der vorigen Station, nur daß letztere weitlaͤuftiger und erſtre immer niedriger und ſeltner werden. Man koͤmmt darauf uͤber eine weitlaͤuftige, duͤrre, wenig angebauete Ebene, die das Saler Moos, auch das Sal- oder Zollfeld genannt wird, wo man nahe an der Straße einen Stein ſieht, der in der Form eines plumpen Lehnſtuhls ausgehauen iſt, auf welchem in vorigen Zeiten die Ober- haͤupter von Kaͤrnthen, unter laͤcherlichen Ge- braͤuchen, gekroͤnt wurden und die Huldigung des Volks empfingen. Hier finden ſich auch in einer kleinen Kapelle mehrere Leichenſteine, Muͤnzen und allerley Geraͤthſchaften aufbe- wahrt, von denen man muthmaßt, daß ſie Ueberbleibſel einer alten roͤmiſchen Stadt waͤ- ren, uͤber deren Namen man nicht einig iſt, die aber mehrere Jahrhunderte in dieſer Ge- gend geſtanden, und die endlich Attila zer- ſtoͤhrt haben ſoll.
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Von St. Veit fuͤhrt der Weg abermals
uͤber kleine Anhoͤhen und durch Thaͤler, wie
auf der vorigen Station, nur daß letztere
weitlaͤuftiger und erſtre immer niedriger und
ſeltner werden. Man koͤmmt darauf uͤber eine
weitlaͤuftige, duͤrre, wenig angebauete Ebene,
die das Saler Moos, auch das Sal- oder
Zollfeld genannt wird, wo man nahe an
der Straße einen Stein ſieht, der in der
Form eines plumpen Lehnſtuhls ausgehauen
iſt, auf welchem in vorigen Zeiten die Ober-
haͤupter von Kaͤrnthen, unter laͤcherlichen Ge-
braͤuchen, gekroͤnt wurden und die Huldigung
des Volks empfingen. Hier finden ſich auch
in einer kleinen Kapelle mehrere Leichenſteine,
Muͤnzen und allerley Geraͤthſchaften aufbe-
wahrt, von denen man muthmaßt, daß ſie
Ueberbleibſel einer alten roͤmiſchen Stadt waͤ-
ren, uͤber deren Namen man nicht einig iſt,
die aber mehrere Jahrhunderte in dieſer Ge-
gend geſtanden, und die endlich Attila zer-
ſtoͤhrt haben ſoll.
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/537>, abgerufen am 22.11.2024.
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