Thale fort, das sich immer enger und enger zusammenzieht und stellenweise eine auffallende Aehnlichkeit mit dem Töpelthale oberhalb Karls- bad hat, nur daß die Berge zweymal höher sind, als dort, und die Rienze stärker, schnel- ler und rauschender fließt, als die Töpel. Sonst ist alles gleich. Granitwacken im Flusse und am Abhange der Berge, Nadelholz auf ihren Gipfeln, Wiesen an beyden Ufern des Flusses. Der Weg geht beständig bergab, und wenn er auch hier und da bis zu dem Abhange der Berge hinansteigt, und dort eine Strecke fort- läuft, so geht er bald wieder desto tiefer hin- unter. Am höchsten kommt man hinter Mühl- thal, einem kleinen Flecken, wo sich auch endlich wieder eine mannichfache Aussicht dar- bietet. Vor mir lagen im Hintergrunde hohe, [f]ast kahle, Berge, und bis zur Mitte dersel- ben stieg ein zweyter Bergrücken hinan, auf welchem das alte, noch ziemlich erhaltene, Schloß Raudeneck steht, unter welchem die Rienze so tief im Thale fortrauschte, daß ich
Thale fort, das ſich immer enger und enger zuſammenzieht und ſtellenweiſe eine auffallende Aehnlichkeit mit dem Toͤpelthale oberhalb Karls- bad hat, nur daß die Berge zweymal hoͤher ſind, als dort, und die Rienze ſtaͤrker, ſchnel- ler und rauſchender fließt, als die Toͤpel. Sonſt iſt alles gleich. Granitwacken im Fluſſe und am Abhange der Berge, Nadelholz auf ihren Gipfeln, Wieſen an beyden Ufern des Fluſſes. Der Weg geht beſtaͤndig bergab, und wenn er auch hier und da bis zu dem Abhange der Berge hinanſteigt, und dort eine Strecke fort- laͤuft, ſo geht er bald wieder deſto tiefer hin- unter. Am hoͤchſten kommt man hinter Muͤhl- thal, einem kleinen Flecken, wo ſich auch endlich wieder eine mannichfache Ausſicht dar- bietet. Vor mir lagen im Hintergrunde hohe, [f]aſt kahle, Berge, und bis zur Mitte derſel- ben ſtieg ein zweyter Bergruͤcken hinan, auf welchem das alte, noch ziemlich erhaltene, Schloß Raudeneck ſteht, unter welchem die Rienze ſo tief im Thale fortrauſchte, daß ich
<TEI><text><body><div><floatingText><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0562"n="290"/>
Thale fort, das ſich immer enger und enger<lb/>
zuſammenzieht und ſtellenweiſe eine auffallende<lb/>
Aehnlichkeit mit dem Toͤpelthale oberhalb Karls-<lb/>
bad hat, nur daß die Berge zweymal hoͤher<lb/>ſind, als dort, und die Rienze ſtaͤrker, ſchnel-<lb/>
ler und rauſchender fließt, als die Toͤpel. Sonſt<lb/>
iſt alles gleich. Granitwacken im Fluſſe und<lb/>
am Abhange der Berge, Nadelholz auf ihren<lb/>
Gipfeln, Wieſen an beyden Ufern des Fluſſes.<lb/>
Der Weg geht beſtaͤndig bergab, und wenn<lb/>
er auch hier und da bis zu dem Abhange der<lb/>
Berge hinanſteigt, und dort eine Strecke fort-<lb/>
laͤuft, ſo geht er bald wieder deſto tiefer hin-<lb/>
unter. Am hoͤchſten kommt man hinter <hirendition="#g">Muͤhl-<lb/>
thal</hi>, einem kleinen Flecken, wo ſich auch<lb/>
endlich wieder eine mannichfache Ausſicht dar-<lb/>
bietet. Vor mir lagen im Hintergrunde hohe,<lb/><supplied>f</supplied>aſt kahle, Berge, und bis zur Mitte derſel-<lb/>
ben ſtieg ein zweyter Bergruͤcken hinan, auf<lb/>
welchem das alte, noch ziemlich erhaltene,<lb/>
Schloß <hirendition="#g">Raudeneck</hi>ſteht, unter welchem die<lb/>
Rienze ſo tief im Thale fortrauſchte, daß ich<lb/></p></div></body></floatingText></div></body></text></TEI>
[290/0562]
Thale fort, das ſich immer enger und enger
zuſammenzieht und ſtellenweiſe eine auffallende
Aehnlichkeit mit dem Toͤpelthale oberhalb Karls-
bad hat, nur daß die Berge zweymal hoͤher
ſind, als dort, und die Rienze ſtaͤrker, ſchnel-
ler und rauſchender fließt, als die Toͤpel. Sonſt
iſt alles gleich. Granitwacken im Fluſſe und
am Abhange der Berge, Nadelholz auf ihren
Gipfeln, Wieſen an beyden Ufern des Fluſſes.
Der Weg geht beſtaͤndig bergab, und wenn
er auch hier und da bis zu dem Abhange der
Berge hinanſteigt, und dort eine Strecke fort-
laͤuft, ſo geht er bald wieder deſto tiefer hin-
unter. Am hoͤchſten kommt man hinter Muͤhl-
thal, einem kleinen Flecken, wo ſich auch
endlich wieder eine mannichfache Ausſicht dar-
bietet. Vor mir lagen im Hintergrunde hohe,
faſt kahle, Berge, und bis zur Mitte derſel-
ben ſtieg ein zweyter Bergruͤcken hinan, auf
welchem das alte, noch ziemlich erhaltene,
Schloß Raudeneck ſteht, unter welchem die
Rienze ſo tief im Thale fortrauſchte, daß ich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/562>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.