von den Bayreuther Mägden, oder diese von den Botz'nerinnen überkommen haben.
Die hiesige Einwohnerschaft ist schon häufig mit italienischen Familien vermengt, und man hört eben so viel Italienisch als Deutsch spre- chen, ersteres in venetianischer, letzteres in salzburgischer Mundart, beydes rauh und un- richtig, wie in allen limitrophischen Ländern. Eben so gemischt erscheinen die deutschen und italienischen Gesichtszüge, doch wird die weiße Menschengattung schon merklich seltener, als die braune und schwarze Der Pöbel hat in seinem Aeußern, und in seinem Benehmen und Charakter fast nichts deutsches mehr; er geht in Lumpen von den hellsten Farben umher, liegt unthätig in der Sonne, und ist sehr laut und dreist.
Der angehende Markt hatte eine fliegende Gesellschaft Italienischer Schauspieler hieher geführt, die mit den meisten stehenden Bühnen in Deutschland wetteifern konnte. Da kein Schauspielhaus in Botzen ist, so hatte sie ihr
Gerüst
von den Bayreuther Maͤgden, oder dieſe von den Botz'nerinnen uͤberkommen haben.
Die hieſige Einwohnerſchaft iſt ſchon haͤufig mit italieniſchen Familien vermengt, und man hoͤrt eben ſo viel Italieniſch als Deutſch ſpre- chen, erſteres in venetianiſcher, letzteres in ſalzburgiſcher Mundart, beydes rauh und un- richtig, wie in allen limitrophiſchen Laͤndern. Eben ſo gemiſcht erſcheinen die deutſchen und italieniſchen Geſichtszuͤge, doch wird die weiße Menſchengattung ſchon merklich ſeltener, als die braune und ſchwarze Der Poͤbel hat in ſeinem Aeußern, und in ſeinem Benehmen und Charakter faſt nichts deutſches mehr; er geht in Lumpen von den hellſten Farben umher, liegt unthaͤtig in der Sonne, und iſt ſehr laut und dreiſt.
Der angehende Markt hatte eine fliegende Geſellſchaft Italieniſcher Schauſpieler hieher gefuͤhrt, die mit den meiſten ſtehenden Buͤhnen in Deutſchland wetteifern konnte. Da kein Schauſpielhaus in Botzen iſt, ſo hatte ſie ihr
Geruͤſt
<TEI><text><body><div><floatingText><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0576"n="304"/>
von den Bayreuther Maͤgden, oder dieſe von<lb/>
den Botz'nerinnen uͤberkommen haben.</p><lb/><p>Die hieſige Einwohnerſchaft iſt ſchon haͤufig<lb/>
mit italieniſchen Familien vermengt, und man<lb/>
hoͤrt eben ſo viel Italieniſch als Deutſch ſpre-<lb/>
chen, erſteres in venetianiſcher, letzteres in<lb/>ſalzburgiſcher Mundart, beydes rauh und un-<lb/>
richtig, wie in allen limitrophiſchen Laͤndern.<lb/>
Eben ſo gemiſcht erſcheinen die deutſchen und<lb/>
italieniſchen Geſichtszuͤge, doch wird die weiße<lb/>
Menſchengattung ſchon merklich ſeltener, als<lb/>
die braune und ſchwarze Der Poͤbel hat in<lb/>ſeinem Aeußern, und in ſeinem Benehmen und<lb/>
Charakter faſt nichts deutſches mehr; er geht<lb/>
in Lumpen von den hellſten Farben umher,<lb/>
liegt unthaͤtig in der Sonne, und iſt ſehr laut<lb/>
und dreiſt.</p><lb/><p>Der angehende Markt hatte eine fliegende<lb/>
Geſellſchaft Italieniſcher Schauſpieler hieher<lb/>
gefuͤhrt, die mit den meiſten ſtehenden Buͤhnen<lb/>
in Deutſchland wetteifern konnte. Da kein<lb/>
Schauſpielhaus in Botzen iſt, ſo hatte ſie ihr<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Geruͤſt</fw><lb/></p></div></body></floatingText></div></body></text></TEI>
[304/0576]
von den Bayreuther Maͤgden, oder dieſe von
den Botz'nerinnen uͤberkommen haben.
Die hieſige Einwohnerſchaft iſt ſchon haͤufig
mit italieniſchen Familien vermengt, und man
hoͤrt eben ſo viel Italieniſch als Deutſch ſpre-
chen, erſteres in venetianiſcher, letzteres in
ſalzburgiſcher Mundart, beydes rauh und un-
richtig, wie in allen limitrophiſchen Laͤndern.
Eben ſo gemiſcht erſcheinen die deutſchen und
italieniſchen Geſichtszuͤge, doch wird die weiße
Menſchengattung ſchon merklich ſeltener, als
die braune und ſchwarze Der Poͤbel hat in
ſeinem Aeußern, und in ſeinem Benehmen und
Charakter faſt nichts deutſches mehr; er geht
in Lumpen von den hellſten Farben umher,
liegt unthaͤtig in der Sonne, und iſt ſehr laut
und dreiſt.
Der angehende Markt hatte eine fliegende
Geſellſchaft Italieniſcher Schauſpieler hieher
gefuͤhrt, die mit den meiſten ſtehenden Buͤhnen
in Deutſchland wetteifern konnte. Da kein
Schauſpielhaus in Botzen iſt, ſo hatte ſie ihr
Geruͤſt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/576>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.