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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Instrumentum Pacis,
und in sonderlichen Würden gehalten werden/ hingegen bemühen sie
sich den jungen Damen und Frauen-Zimmer wegen ihrer schönen Ge-
stalt/ holdseligen Beredtheit/ freundlichen Gebärdungen/ und allen
andern Liebes-Reitzungen/ ihre gantze Lebens-Tage aufzuopffern/ und
ihre Gunst durch alle Wege und Weise an sie verschuldigt und ver-
pflichtet zu machen/ dieweil bey solchen Aufwartungen die Ehre muß
zun Füssen liegen und aufdienen/ da hingegen die Liebe regieret und
herrschet. Wann aber eine Dame eraltet und erkaltet/ wird sie von
männiglich verachtet und nicht eins mit schölen Augen angesehen/
gleichwie ein alter Cavallierer von denen jungen Frauen-Zimmer mehr
gefürchtet und gescheuet/ als beliebet wird/ die Ehre aber die sie ihnen
erzeigen/ geschehe mehr auß scheinbarer Höffligkeit als ernstlichen Eh-
renbezeigung/ dieweil die Liebes-Bewegung einer jungen Dame Ge-
mühte nimmer dahin treiben wird/ daß sie mit belebten Ernst einen
alten Greiß in ihre Seele schliessen könne. Und wann man auch die
Sache ausser Schertz warhaftig eigentlich beleuchten solte/ wird man
gewiß befinden/ daß die Verehligung eines Alten mit einer Jungen
mehr Schande und Laster/ als Liebe und Treue gebähre/ dieweil er nit
allein nimmer sattsam angenehm bey ihr seyn kan/ sondern es werden
auch alle List und Wege unternommen/ ihre keusche Liebe zustören/
dann die Liebe ihr Absehen nicht auf die eusserliche Gunst des Glücks/
als Ehre/ Hochheit und Reichthumb/ sondern auf die innerlichen Be-
wegungen des Gemühts richtet.

Es ist ein vornehmer Herre gewesen/ der nur eine einige Tochter
gehabt/ die sich in einer seiner Gelahrten Bedienten wegen seiner Ge-
schickligkeit und ansehnlicher Gestalt hertzlich verliebet/ daß Sie auch
durch heimliche Gänge offter zusammen kommen/ und ihre keusche rei-
ne Liebe einander entdeckt. Wie aber der Vater einsmahls unverse-
hens in der Tochter Zimmer kommende vermercket/ hat er den Bedien-
ten alsobald greiffen/ und nach dem er den eyfrichen Liebes-Sinn sei-
ner Tochter gespüret/ ihn jämmerlich würgen/ das Hertz auß dem Lei-
be reissen und seiner Tochter in einer silbern Schüssel zuschicken lassen/
welche von grosser Trübnuß und Achtzen gantz Sinnloß das Hertz mit
unablässigen Küssen und Seuffzen beklaget/ einen gifftigen Safft ein-
getruncken/ sich auf das Bette niedergelassen/ sein annoch warm und
gleichsam wallend Hertz an ihren Mund und Brust gedruckt/ wie sol-
ches den Vater angedeutet/ der nicht vermeynet/ daß seiner Tochter
Liebe zu grimmich seine Rachgier eyfren solte/ ist er zu ihr in die Kam-
mer geeylet/ da sie aber der Tod bereit gefället und ihre Seele zu seiner
hingerissen. Hierbey ist die Ehrsucht der Alten dergestalt hefftig/ daß
sie auch ihrer Jugend ewige Seelen Wolfahrt vernachlässigen und
durch ihre strenge Grausamkeit der Liebes-Hefftigkeit zu unterdru-

cken

Inſtrumentum Pacis,
und in ſonderlichen Wuͤrden gehalten werden/ hingegen bemuͤhen ſie
ſich den jungen Damen und Frauen-Zim̃er wegen ihrer ſchoͤnen Ge-
ſtalt/ holdſeligen Beredtheit/ freundlichen Gebaͤrdungen/ und allen
andern Liebes-Reitzungen/ ihre gantze Lebens-Tage aufzuopffern/ und
ihre Gunſt durch alle Wege und Weiſe an ſie verſchuldigt und ver-
pflichtet zu machen/ dieweil bey ſolchen Aufwartungen die Ehre muß
zun Fuͤſſen liegen und aufdienen/ da hingegen die Liebe regieret und
herrſchet. Wann aber eine Dame eraltet und erkaltet/ wird ſie von
maͤnniglich verachtet und nicht eins mit ſchoͤlen Augen angeſehen/
gleichwie ein alter Cavallierer von denen jungen Frauen-Zim̃er mehr
gefuͤrchtet und geſcheuet/ als beliebet wird/ die Ehre aber die ſie ihnen
erzeigen/ geſchehe mehr auß ſcheinbarer Hoͤffligkeit als ernſtlichen Eh-
renbezeigung/ dieweil die Liebes-Bewegung einer jungen Dame Ge-
muͤhte nimmer dahin treiben wird/ daß ſie mit belebten Ernſt einen
alten Greiß in ihre Seele ſchlieſſen koͤnne. Und wann man auch die
Sache auſſer Schertz warhaftig eigentlich beleuchten ſolte/ wird man
gewiß befinden/ daß die Verehligung eines Alten mit einer Jungen
mehr Schande und Laſter/ als Liebe und Treue gebaͤhre/ dieweil er nit
allein nimmer ſattſam angenehm bey ihr ſeyn kan/ ſondern es werden
auch alle Liſt und Wege unternommen/ ihre keuſche Liebe zuſtoͤren/
dann die Liebe ihr Abſehen nicht auf die euſſerliche Gunſt des Gluͤcks/
als Ehre/ Hochheit und Reichthumb/ ſondern auf die innerlichen Be-
wegungen des Gemuͤhts richtet.

Es iſt ein vornehmer Herre geweſen/ der nur eine einige Tochter
gehabt/ die ſich in einer ſeiner Gelahrten Bedienten wegen ſeiner Ge-
ſchickligkeit und anſehnlicher Geſtalt hertzlich verliebet/ daß Sie auch
durch heimliche Gaͤnge offter zuſammen kommen/ und ihre keuſche rei-
ne Liebe einander entdeckt. Wie aber der Vater einsmahls unverſe-
hens in der Tochter Zimmer kommende vermercket/ hat er den Bedien-
ten alſobald greiffen/ und nach dem er den eyfrichen Liebes-Sinn ſei-
ner Tochter geſpuͤret/ ihn jaͤmmerlich wuͤrgen/ das Hertz auß dem Lei-
be reiſſen und ſeiner Tochter in einer ſilbern Schuͤſſel zuſchicken laſſen/
welche von groſſer Truͤbnuß und Achtzen gantz Siñloß das Hertz mit
unablaͤſſigen Kuͤſſen und Seuffzen beklaget/ einen gifftigen Safft ein-
getruncken/ ſich auf das Bette niedergelaſſen/ ſein annoch warm und
gleichſam wallend Hertz an ihren Mund und Bruſt gedruckt/ wie ſol-
ches den Vater angedeutet/ der nicht vermeynet/ daß ſeiner Tochter
Liebe zu grimmich ſeine Rachgier eyfren ſolte/ iſt er zu ihr in die Kam-
mer geeylet/ da ſie aber der Tod bereit gefaͤllet und ihre Seele zu ſeiner
hingeriſſen. Hierbey iſt die Ehrſucht der Alten dergeſtalt hefftig/ daß
ſie auch ihrer Jugend ewige Seelen Wolfahrt vernachlaͤſſigen und
durch ihre ſtrenge Grauſamkeit der Liebes-Hefftigkeit zu unterdru-

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[158/1192] Inſtrumentum Pacis, und in ſonderlichen Wuͤrden gehalten werden/ hingegen bemuͤhen ſie ſich den jungen Damen und Frauen-Zim̃er wegen ihrer ſchoͤnen Ge- ſtalt/ holdſeligen Beredtheit/ freundlichen Gebaͤrdungen/ und allen andern Liebes-Reitzungen/ ihre gantze Lebens-Tage aufzuopffern/ und ihre Gunſt durch alle Wege und Weiſe an ſie verſchuldigt und ver- pflichtet zu machen/ dieweil bey ſolchen Aufwartungen die Ehre muß zun Fuͤſſen liegen und aufdienen/ da hingegen die Liebe regieret und herrſchet. Wann aber eine Dame eraltet und erkaltet/ wird ſie von maͤnniglich verachtet und nicht eins mit ſchoͤlen Augen angeſehen/ gleichwie ein alter Cavallierer von denen jungen Frauen-Zim̃er mehr gefuͤrchtet und geſcheuet/ als beliebet wird/ die Ehre aber die ſie ihnen erzeigen/ geſchehe mehr auß ſcheinbarer Hoͤffligkeit als ernſtlichen Eh- renbezeigung/ dieweil die Liebes-Bewegung einer jungen Dame Ge- muͤhte nimmer dahin treiben wird/ daß ſie mit belebten Ernſt einen alten Greiß in ihre Seele ſchlieſſen koͤnne. Und wann man auch die Sache auſſer Schertz warhaftig eigentlich beleuchten ſolte/ wird man gewiß befinden/ daß die Verehligung eines Alten mit einer Jungen mehr Schande und Laſter/ als Liebe und Treue gebaͤhre/ dieweil er nit allein nimmer ſattſam angenehm bey ihr ſeyn kan/ ſondern es werden auch alle Liſt und Wege unternommen/ ihre keuſche Liebe zuſtoͤren/ dann die Liebe ihr Abſehen nicht auf die euſſerliche Gunſt des Gluͤcks/ als Ehre/ Hochheit und Reichthumb/ ſondern auf die innerlichen Be- wegungen des Gemuͤhts richtet. Es iſt ein vornehmer Herre geweſen/ der nur eine einige Tochter gehabt/ die ſich in einer ſeiner Gelahrten Bedienten wegen ſeiner Ge- ſchickligkeit und anſehnlicher Geſtalt hertzlich verliebet/ daß Sie auch durch heimliche Gaͤnge offter zuſammen kommen/ und ihre keuſche rei- ne Liebe einander entdeckt. Wie aber der Vater einsmahls unverſe- hens in der Tochter Zimmer kommende vermercket/ hat er den Bedien- ten alſobald greiffen/ und nach dem er den eyfrichen Liebes-Sinn ſei- ner Tochter geſpuͤret/ ihn jaͤmmerlich wuͤrgen/ das Hertz auß dem Lei- be reiſſen und ſeiner Tochter in einer ſilbern Schuͤſſel zuſchicken laſſen/ welche von groſſer Truͤbnuß und Achtzen gantz Siñloß das Hertz mit unablaͤſſigen Kuͤſſen und Seuffzen beklaget/ einen gifftigen Safft ein- getruncken/ ſich auf das Bette niedergelaſſen/ ſein annoch warm und gleichſam wallend Hertz an ihren Mund und Bruſt gedruckt/ wie ſol- ches den Vater angedeutet/ der nicht vermeynet/ daß ſeiner Tochter Liebe zu grimmich ſeine Rachgier eyfren ſolte/ iſt er zu ihr in die Kam- mer geeylet/ da ſie aber der Tod bereit gefaͤllet und ihre Seele zu ſeiner hingeriſſen. Hierbey iſt die Ehrſucht der Alten dergeſtalt hefftig/ daß ſie auch ihrer Jugend ewige Seelen Wolfahrt vernachlaͤſſigen und durch ihre ſtrenge Grauſamkeit der Liebes-Hefftigkeit zu unterdru- cken

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/1192>, abgerufen am 22.11.2024.