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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Regenten-Spiegel.
in ein grosse Stadt kam/ und wegen Kriegesgefahr nicht fortkommen
konte/ sondern lange Zeit im Wirthshause still liegen muste/ da daucht
jm/ es geh viel auf sein Pferd. Faste demnach ein resolution, er wolle sein
Pferd lehren Hunger leiden/ und gab ihm in 9. Tagen nichts zu fressen/
am 10. Tage starb das Pferd. Da beklagte der Pennal das Pferd/ daß
es immer Schade sey/ daß es in der Schindergruben liege. Dann es
habe eben angefangen die Kunst zu hungern zu begreiffen. Eben also
machen es auch die Goldmacher/ wann sie all das ihrige verdistillirt/
und durch den Schornstein fliehen lassen/ so klagen sie/ daß es Schade
sey/ daß sie nicht noch ein paar tausend Ducaten bekommen können.
Dann sie haben eben angefangen die Kunst zubegreiffen. Man sagt/
daß ein vornehmer Fürst in Jtalien/ hab einen eigenen Secretarium
gehalten/ der hab ihm eine Narren-Chronic machen/ und auffzeichnen
sollen/ alle Thorheiten/ welche an seiner gantzen Hofstatt vorgiengen.
Da sey einsmals ein Goldmacher zu dem Fürsten kommen/ und hab
ihm versprochen/ er wolle ihm Gold machen. Der Fürst hab ihm 200.
Ducaten geben/ daß er materialia darzu in der nechsten Stadt einkauf-
fen solle. Da hab der Secretarius seines Herrn Namen alsbald in die
Narren-Chronic geschrieben. Der Fürst sey einsmals lustig gewesen/
und hab begehrt/ man sol ihm die Narren-Chronic herbringen Als er
ein wenig darin gelesen/ hab er seinen eignen Namen drin gefund en/
und hab den Secretarium gefragt/ wie er dazu komme? Der Secretarius
hab geantwortet/ er halt es vor eine Thorheit/ daß seine Altetza einem
frembden Kerle haben Geld anvertrauet an einem andern Ort mate-
rialia
abzuholen/ und Gold darauß zu machen. Wann der Kerle wider
komme/ und die gute occasion Geld zu gewinnen/ oder vielmehr zu steh-
len/ nicht in acht genommen hab/ so wol er seinen Namen auch in die
Narren-Chronic schreiben. Jch an meinem Ort/ hab von solchen Leuten
viel discurs gehört/ und hat mich einmal einer überreden wollen/ daß
der Geistreiche Theologus, H. Joh. Arndt sel. diese Kunst gewust hab/
und der Proceß stehe mit verdeckten Worten in seiner Postill. Und wann
Joh. Arndt diese Kunst nicht gewust hätt/ so were ihm ohnmöglich ge-
wesen/ so viel auff die Armen zu spendiren. Und ein vornehmer Edel-
mann/ welcher Notas geschrieben hat über das Buch/ welches genennet
wird Religio Medici, discurrirt hievon p. 228. und sagt endlich: Alius
se obtulit Augusto Saxoniae Electori, & ad probandam artem manifeste
aurum & argentum confecit, promisitq; carceri jussu Electoris inclusus,
se tantum auri confecturum, quantum Elector juberet, modo dimittere-
tur, nec ad docendum secretum cogeretur. Hoc, quod scribo, habeo a fide
dignissimo Principe.
Also redet dieser hochqualificirte Edelmann/ wel-
cher an grosser Herrnhöfen/ und sonderlich in Holstein wol bekant ist.
Und wann noch heutiges Tages Leute sind/ die diese Kunst wissen/ und
wann Joh. Arndt diese Kunst gewust/ und damit die Betler hat stillen

können
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Regenten-Spiegel.
in ein groſſe Stadt kam/ und wegen Kriegesgefahr nicht fortkommen
konte/ ſondern lange Zeit im Wirthshauſe ſtill liegen muſte/ da daucht
jm/ es geh viel auf ſein Pferd. Faſte demnach ein reſolutiõ, er wolle ſein
Pferd lehren Hunger leiden/ uñ gab ihm in 9. Tagen nichts zu freſſen/
am 10. Tage ſtarb das Pferd. Da beklagte der Pennal das Pferd/ daß
es immer Schade ſey/ daß es in der Schindergruben liege. Dann es
habe eben angefangen die Kunſt zu hungern zu begreiffen. Eben alſo
machen es auch die Goldmacher/ wann ſie all das ihrige verdiſtillirt/
und durch den Schornſtein fliehen laſſen/ ſo klagen ſie/ daß es Schade
ſey/ daß ſie nicht noch ein paar tauſend Ducaten bekommen koͤnnen.
Dann ſie haben eben angefangen die Kunſt zubegreiffen. Man ſagt/
daß ein vornehmer Fuͤrſt in Jtalien/ hab einen eigenen Secretarium
gehalten/ der hab ihm eine Narꝛen-Chronic machen/ und auffzeichnen
ſollen/ alle Thorheiten/ welche an ſeiner gantzen Hofſtatt vorgiengen.
Da ſey einsmals ein Goldmacher zu dem Fuͤrſten kommen/ und hab
ihm verſprochen/ er wolle ihm Gold machen. Der Fuͤrſt hab ihm 200.
Ducaten geben/ daß er materialia darzu in der nechſten Stadt einkauf-
fen ſolle. Da hab der Secretarius ſeines Herꝛn Namen alsbald in die
Narꝛen-Chronic geſchrieben. Der Fuͤrſt ſey einsmals luſtig geweſen/
und hab begehrt/ man ſol ihm die Narꝛen-Chronic herbringen Als er
ein wenig darin geleſen/ hab er ſeinen eignen Namen drin gefund en/
und hab den Secretarium gefragt/ wie er dazu komme? Der Secretarius
hab geantwortet/ er halt es vor eine Thorheit/ daß ſeine Altetza einem
frembden Kerle haben Geld anvertrauet an einem andern Ort mate-
rialia
abzuholen/ und Gold darauß zu machen. Wann der Kerle wider
komme/ und die gute occaſion Geld zu gewinnen/ oder vielmehr zu ſteh-
len/ nicht in acht genommen hab/ ſo wol er ſeinen Namen auch in die
Narꝛen-Chronic ſchreiben. Jch an meinem Ort/ hab von ſolchen Leutẽ
viel diſcurs gehoͤrt/ und hat mich einmal einer uͤberꝛeden wollen/ daß
der Geiſtreiche Theologus, H. Joh. Arndt ſel. dieſe Kunſt gewuſt hab/
und der Proceß ſtehe mit verdeckten Worten in ſeiner Poſtill. Und wañ
Joh. Arndt dieſe Kunſt nicht gewuſt haͤtt/ ſo were ihm ohnmoͤglich ge-
weſen/ ſo viel auff die Armen zu ſpendiren. Und ein vornehmer Edel-
mann/ welcher Notas geſchrieben hat uͤber das Buch/ welches geneñet
wird Religio Medici, diſcurrirt hievon p. 228. und ſagt endlich: Alius
ſe obtulit Auguſto Saxoniæ Electori, & ad probandam artem manifeſtè
aurum & argentum confecit, promiſitq; carceri juſſu Electoris incluſus,
ſe tantum auri confecturum, quantum Elector juberet, modò dimittere-
tur, nec ad docendum ſecretum cogeretur. Hoc, quod ſcribo, habeo à fide
digniſſimo Principe.
Alſo redet dieſer hochqualificirte Edelmann/ wel-
cher an groſſer Herꝛnhoͤfen/ und ſonderlich in Holſtein wol bekant iſt.
Und wann noch heutiges Tages Leute ſind/ die dieſe Kunſt wiſſen/ und
wann Joh. Arndt dieſe Kunſt gewuſt/ und damit die Betler hat ſtillen

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[117/0159] Regenten-Spiegel. in ein groſſe Stadt kam/ und wegen Kriegesgefahr nicht fortkommen konte/ ſondern lange Zeit im Wirthshauſe ſtill liegen muſte/ da daucht jm/ es geh viel auf ſein Pferd. Faſte demnach ein reſolutiõ, er wolle ſein Pferd lehren Hunger leiden/ uñ gab ihm in 9. Tagen nichts zu freſſen/ am 10. Tage ſtarb das Pferd. Da beklagte der Pennal das Pferd/ daß es immer Schade ſey/ daß es in der Schindergruben liege. Dann es habe eben angefangen die Kunſt zu hungern zu begreiffen. Eben alſo machen es auch die Goldmacher/ wann ſie all das ihrige verdiſtillirt/ und durch den Schornſtein fliehen laſſen/ ſo klagen ſie/ daß es Schade ſey/ daß ſie nicht noch ein paar tauſend Ducaten bekommen koͤnnen. Dann ſie haben eben angefangen die Kunſt zubegreiffen. Man ſagt/ daß ein vornehmer Fuͤrſt in Jtalien/ hab einen eigenen Secretarium gehalten/ der hab ihm eine Narꝛen-Chronic machen/ und auffzeichnen ſollen/ alle Thorheiten/ welche an ſeiner gantzen Hofſtatt vorgiengen. Da ſey einsmals ein Goldmacher zu dem Fuͤrſten kommen/ und hab ihm verſprochen/ er wolle ihm Gold machen. Der Fuͤrſt hab ihm 200. Ducaten geben/ daß er materialia darzu in der nechſten Stadt einkauf- fen ſolle. Da hab der Secretarius ſeines Herꝛn Namen alsbald in die Narꝛen-Chronic geſchrieben. Der Fuͤrſt ſey einsmals luſtig geweſen/ und hab begehrt/ man ſol ihm die Narꝛen-Chronic herbringen Als er ein wenig darin geleſen/ hab er ſeinen eignen Namen drin gefund en/ und hab den Secretarium gefragt/ wie er dazu komme? Der Secretarius hab geantwortet/ er halt es vor eine Thorheit/ daß ſeine Altetza einem frembden Kerle haben Geld anvertrauet an einem andern Ort mate- rialia abzuholen/ und Gold darauß zu machen. Wann der Kerle wider komme/ und die gute occaſion Geld zu gewinnen/ oder vielmehr zu ſteh- len/ nicht in acht genommen hab/ ſo wol er ſeinen Namen auch in die Narꝛen-Chronic ſchreiben. Jch an meinem Ort/ hab von ſolchen Leutẽ viel diſcurs gehoͤrt/ und hat mich einmal einer uͤberꝛeden wollen/ daß der Geiſtreiche Theologus, H. Joh. Arndt ſel. dieſe Kunſt gewuſt hab/ und der Proceß ſtehe mit verdeckten Worten in ſeiner Poſtill. Und wañ Joh. Arndt dieſe Kunſt nicht gewuſt haͤtt/ ſo were ihm ohnmoͤglich ge- weſen/ ſo viel auff die Armen zu ſpendiren. Und ein vornehmer Edel- mann/ welcher Notas geſchrieben hat uͤber das Buch/ welches geneñet wird Religio Medici, diſcurrirt hievon p. 228. und ſagt endlich: Alius ſe obtulit Auguſto Saxoniæ Electori, & ad probandam artem manifeſtè aurum & argentum confecit, promiſitq; carceri juſſu Electoris incluſus, ſe tantum auri confecturum, quantum Elector juberet, modò dimittere- tur, nec ad docendum ſecretum cogeretur. Hoc, quod ſcribo, habeo à fide digniſſimo Principe. Alſo redet dieſer hochqualificirte Edelmann/ wel- cher an groſſer Herꝛnhoͤfen/ und ſonderlich in Holſtein wol bekant iſt. Und wann noch heutiges Tages Leute ſind/ die dieſe Kunſt wiſſen/ und wann Joh. Arndt dieſe Kunſt gewuſt/ und damit die Betler hat ſtillen koͤnnen H iij

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/159>, abgerufen am 24.11.2024.