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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Hiob.
bösen Eltern fromme Kinder/ also kommen offt von frommen El-
tern böse Kinder. Jst nun diß Hiobs Weib deß Jacobs Tochter
gewesen/ so ist sie eines frommen Vaters böses Kind gewesen. Von
dem Frauenzimmer übel reden/ ist heutiges Tages gefährlich. Man sagt/
daß einsmals ein Student auff einer Universität hab eine Dispu-
tation gehalten/ und habe/ wiewol unweißlich und unerbaulich/ wie
bißweilen zu geschehen pflegt/ ein Corollarium angehängt/ daß er be-
weisen wolle/ daß die Weiber keine Menschen seyen. Habe sich auch
in der Disputation also verhalten/ daß man sich über sein Jngenium
verwundert habe. Als er aber kurtz hernach auff eine Hochzeit kom-
men/ hab das Frauenzimmer einen tumult angefangen/ und hab
ihn wollen todt haben. Haben ihre Männer/ Brüder und Freund
an ihn gehetzt. Der Student hab angefangen: Jhr lieben Frauen
und Jungfrauen/ zörnet doch nicht so sehr. Jhr wisset nicht/ wie sehr
ich das Frauenzimmer liebe/ respectire und ehre. Jch habe gesagt/ die
Weiber seyen keine Menschen. Jch halt dafür/ daß sie etwas mehr
als Menschen seyen/ daß sie gleichsam Engel seyen. Dann wann
Männer und Jungegesellen mit ihren liebsten Frauen und Jung-
frauen wollen am allerfreundlichsten reden/ so sagen sie nicht/ höre
Mensch/ sondern sie sagen/ höre mein Engelchen/ was wil ich
dir sagen. Jch halte euch allesambt/ so viel euer auff dieser Hochzeit
sind/ für Engel/ seyd ihr damit nicht zu frieden? Ja sagte das
Frauenzimmer/ das ist ein anders. Wann ihr es also meynet/ so sind
wir wol mit euch zu frieden. Ja sagte der Student/ also meyne ichs.
Allein ihr müsset auch darneben wissen/ daß gute und böse Engel
seyen. Die gute liebe ich/ die böse verachte ich. Hiobs Weib war auch
ein Engelchen/ aber ein böses Engelchen.

Jndem Antenor dieses redete/ fiel ihm Parmenio in die Rede und
sagte/ ist der Hiob ein solcher frommer Mann gewesen/ warum hat
er dann nicht fleissiger gebetet/ da er in Ehestand hat treten wollen?
Man sagt ja/ daß Ehen werden im Himmel gemacht/ und ein ver-
nünfftiges Weib komme von dem HErrn/ und werde dem geben/ der
in Gottesfurcht lebt. Jst nun Hiob ein solcher frommer Mann ge-
wesen/ wie ihr sagt/ warumb hat ihm dann Gott ein solches böse[s]
Weib geben? Drauff antwortet Antenor/ daß Gott der HErr un-
terweilens seine heilige Ursachen habe/ warumb er einem frommen
Weib einen bösen Mann/ und einem bösen Mann ein frommes
Weib gebe. Gott henge gemeiniglich den Knüppel bey dem Hund/
gleichwie er dem Apostel Paulo/ dem hocherleuchteten Mann/ ei-
nen Pfal ins Fleisch geben/ deß Satans Engel/ der ihn
mit Fäusten schlug/ damit er sich seiner Gaben nicht
überhebe
/ also habe er auch ohne Zweiffel dem Hiob/ welcher
das ehrliche Geschlecht deß Patriarchen Jacobs betrachtet/
dieses böse Kräutlein zum Weibe geben/ daß es ihm eine Ubung
und Lehrmeisterin der Gedult sey. Hiob hat gemeynt/ der
Apffel falle nicht weit vom Stamm/ wie die Eltern seyen/

so sey
K ij

Hiob.
boͤſen Eltern fromme Kinder/ alſo kommen offt von frommen El-
tern boͤſe Kinder. Jſt nun diß Hiobs Weib deß Jacobs Tochter
geweſen/ ſo iſt ſie eines frommen Vaters boͤſes Kind geweſen. Von
dem Frauenzim̃er uͤbel redẽ/ iſt heutiges Tages gefaͤhrlich. Man ſagt/
daß einsmals ein Student auff einer Univerſitaͤt hab eine Diſpu-
tation gehalten/ und habe/ wiewol unweißlich und unerbaulich/ wie
bißweilen zu geſchehen pflegt/ ein Corollarium angehaͤngt/ daß er be-
weiſen wolle/ daß die Weiber keine Menſchen ſeyen. Habe ſich auch
in der Diſputation alſo verhalten/ daß man ſich uͤber ſein Jngenium
verwundert habe. Als er aber kurtz hernach auff eine Hochzeit kom-
men/ hab das Frauenzimmer einen tumult angefangen/ und hab
ihn wollen todt haben. Haben ihre Maͤnner/ Bruͤder und Freund
an ihn gehetzt. Der Student hab angefangen: Jhr lieben Frauen
und Jungfrauen/ zoͤrnet doch nicht ſo ſehr. Jhr wiſſet nicht/ wie ſehr
ich das Frauenzimmer liebe/ reſpectire und ehre. Jch habe geſagt/ die
Weiber ſeyen keine Menſchen. Jch halt dafuͤr/ daß ſie etwas mehr
als Menſchen ſeyen/ daß ſie gleichſam Engel ſeyen. Dann wann
Maͤnner und Jungegeſellen mit ihren liebſten Frauen und Jung-
frauen wollen am allerfreundlichſten reden/ ſo ſagen ſie nicht/ hoͤre
Menſch/ ſondern ſie ſagen/ hoͤre mein Engelchen/ was wil ich
dir ſagen. Jch halte euch alleſambt/ ſo viel euer auff dieſer Hochzeit
ſind/ fuͤr Engel/ ſeyd ihr damit nicht zu frieden? Ja ſagte das
Frauenzimmer/ das iſt ein anders. Wann ihr es alſo meynet/ ſo ſind
wir wol mit euch zu frieden. Ja ſagte der Student/ alſo meyne ichs.
Allein ihr muͤſſet auch darneben wiſſen/ daß gute und boͤſe Engel
ſeyen. Die gute liebe ich/ die boͤſe verachte ich. Hiobs Weib war auch
ein Engelchen/ aber ein boͤſes Engelchen.

Jndem Antenor dieſes redete/ fiel ihm Parmenio in die Rede und
ſagte/ iſt der Hiob ein ſolcher frommer Mann geweſen/ warum hat
er dann nicht fleiſſiger gebetet/ da er in Eheſtand hat treten wollen?
Man ſagt ja/ daß Ehen werden im Himmel gemacht/ und ein ver-
nuͤnfftiges Weib komme von dem HErrn/ und werde dem geben/ der
in Gottesfurcht lebt. Jſt nun Hiob ein ſolcher frommer Mann ge-
weſen/ wie ihr ſagt/ warumb hat ihm dann Gott ein ſolches boͤſe[s]
Weib geben? Drauff antwortet Antenor/ daß Gott der HErr un-
terweilens ſeine heilige Urſachen habe/ warumb er einem frommen
Weib einen boͤſen Mann/ und einem boͤſen Mann ein frommes
Weib gebe. Gott henge gemeiniglich den Knuͤppel bey dem Hund/
gleichwie er dem Apoſtel Paulo/ dem hocherleuchteten Mann/ ei-
nen Pfal ins Fleiſch geben/ deß Satans Engel/ der ihn
mit Faͤuſten ſchlug/ damit er ſich ſeiner Gaben nicht
uͤberhebe
/ alſo habe er auch ohne Zweiffel dem Hiob/ welcher
das ehrliche Geſchlecht deß Patriarchen Jacobs betrachtet/
dieſes boͤſe Kraͤutlein zum Weibe geben/ daß es ihm eine Ubung
und Lehrmeiſterin der Gedult ſey. Hiob hat gemeynt/ der
Apffel falle nicht weit vom Stamm/ wie die Eltern ſeyen/

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[147/0189] Hiob. boͤſen Eltern fromme Kinder/ alſo kommen offt von frommen El- tern boͤſe Kinder. Jſt nun diß Hiobs Weib deß Jacobs Tochter geweſen/ ſo iſt ſie eines frommen Vaters boͤſes Kind geweſen. Von dem Frauenzim̃er uͤbel redẽ/ iſt heutiges Tages gefaͤhrlich. Man ſagt/ daß einsmals ein Student auff einer Univerſitaͤt hab eine Diſpu- tation gehalten/ und habe/ wiewol unweißlich und unerbaulich/ wie bißweilen zu geſchehen pflegt/ ein Corollarium angehaͤngt/ daß er be- weiſen wolle/ daß die Weiber keine Menſchen ſeyen. Habe ſich auch in der Diſputation alſo verhalten/ daß man ſich uͤber ſein Jngenium verwundert habe. Als er aber kurtz hernach auff eine Hochzeit kom- men/ hab das Frauenzimmer einen tumult angefangen/ und hab ihn wollen todt haben. Haben ihre Maͤnner/ Bruͤder und Freund an ihn gehetzt. Der Student hab angefangen: Jhr lieben Frauen und Jungfrauen/ zoͤrnet doch nicht ſo ſehr. Jhr wiſſet nicht/ wie ſehr ich das Frauenzimmer liebe/ reſpectire und ehre. Jch habe geſagt/ die Weiber ſeyen keine Menſchen. Jch halt dafuͤr/ daß ſie etwas mehr als Menſchen ſeyen/ daß ſie gleichſam Engel ſeyen. Dann wann Maͤnner und Jungegeſellen mit ihren liebſten Frauen und Jung- frauen wollen am allerfreundlichſten reden/ ſo ſagen ſie nicht/ hoͤre Menſch/ ſondern ſie ſagen/ hoͤre mein Engelchen/ was wil ich dir ſagen. Jch halte euch alleſambt/ ſo viel euer auff dieſer Hochzeit ſind/ fuͤr Engel/ ſeyd ihr damit nicht zu frieden? Ja ſagte das Frauenzimmer/ das iſt ein anders. Wann ihr es alſo meynet/ ſo ſind wir wol mit euch zu frieden. Ja ſagte der Student/ alſo meyne ichs. Allein ihr muͤſſet auch darneben wiſſen/ daß gute und boͤſe Engel ſeyen. Die gute liebe ich/ die boͤſe verachte ich. Hiobs Weib war auch ein Engelchen/ aber ein boͤſes Engelchen. Jndem Antenor dieſes redete/ fiel ihm Parmenio in die Rede und ſagte/ iſt der Hiob ein ſolcher frommer Mann geweſen/ warum hat er dann nicht fleiſſiger gebetet/ da er in Eheſtand hat treten wollen? Man ſagt ja/ daß Ehen werden im Himmel gemacht/ und ein ver- nuͤnfftiges Weib komme von dem HErrn/ und werde dem geben/ der in Gottesfurcht lebt. Jſt nun Hiob ein ſolcher frommer Mann ge- weſen/ wie ihr ſagt/ warumb hat ihm dann Gott ein ſolches boͤſes Weib geben? Drauff antwortet Antenor/ daß Gott der HErr un- terweilens ſeine heilige Urſachen habe/ warumb er einem frommen Weib einen boͤſen Mann/ und einem boͤſen Mann ein frommes Weib gebe. Gott henge gemeiniglich den Knuͤppel bey dem Hund/ gleichwie er dem Apoſtel Paulo/ dem hocherleuchteten Mann/ ei- nen Pfal ins Fleiſch geben/ deß Satans Engel/ der ihn mit Faͤuſten ſchlug/ damit er ſich ſeiner Gaben nicht uͤberhebe/ alſo habe er auch ohne Zweiffel dem Hiob/ welcher das ehrliche Geſchlecht deß Patriarchen Jacobs betrachtet/ dieſes boͤſe Kraͤutlein zum Weibe geben/ daß es ihm eine Ubung und Lehrmeiſterin der Gedult ſey. Hiob hat gemeynt/ der Apffel falle nicht weit vom Stamm/ wie die Eltern ſeyen/ ſo ſey K ij

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/189>, abgerufen am 21.11.2024.