Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].Der gedultige zu Gaste/ bald bey den Phariseern/ bald bey Simon dem Aussätzi-gen/ bald bey Lazaro und seinen Schwestern. Paulus zehlt es unter die guten qualitäten eines Bischoffs oder eines guten Priesters/ daß er solle Gastfrey seyn. Allein gleichwie alle Dinge mißbraucht werden/ also gehen auch grosse Mißbräuche bey Gastereien für. Hiob besorgte sich/ es möchten solche Mißbräuche bey seiner Kin- der Gasterehen auch fürgehen. Darum wann ein Tag des Wollebens bey ihnen war/ sandte er hin/ und heiligte sie. Diß ist allen Eltern zum Exempel geschrieben. Hiob hatte zwar sei- ne Freude dran/ daß seine Kinder einig untereinander lebten. Gleichwol hatte er die Beysorg/ sie möchten im Essen und Trin- cken zu viel thun/ und wo nicht in Worten oder Wercken/ jedoch mit sündlichen bösen Gedancken an Gott sich vergreiffen/ er dacht/ sie möchten etwa in ihrem Hertzen Gott segnen. Segnen heist hier so viel als fluchen oder Gott lästern/ wie dann dieses Wort also gebraucht wird 1. Reg. 21. da Nabath unschuldiger Weise an- geklaget wird/ daß er Gott und den König gesegnet/ das ist/ daß er ihm geflucht hätte. Die Alten trugen ein solch Abscheu an der Gotteslästerung/ daß sie diese abscheuliche That auch nicht wolten bey ihrem Namen nennen/ sondern brauchten ein ander Wort dar- zu. Offentliche Gotteslästerung oder andere dergleichen Sünd hätte Hiob durchauß von seinen Kindern nicht gelitten/ allein er als ein Mann voll heiliges Geistes sahe/ wie es unterweilen herge- he/ an denen Orten/ da alles vollauff ist/ daß man sich allda offt zum wenigsten mit bösen Lüsten/ mit bösen Begierden/ mit bösen Gedan- cker versündige. Das war deiner Schwester Sodom Mis- sethat/ Hoffart und alles vollauff/ Ezech. 17. und da braucht dann der Teuffel sein Meisterstück/ daß er einen Menschen in einem Augenblick zu Fall bringe. Und er hat einen grossen Vortheil an unserm Fleisch und Blut. Er ist auch einem Christen vielmehr feind als andern Leuten. Er gehet herum/ und suchet/ welchen er verschlinge. Darum macht sich Hiob früh auff/ und opfert Brand- darum
Der gedultige zu Gaſte/ bald bey den Phariſeern/ bald bey Simon dem Auſſaͤtzi-gen/ bald bey Lazaro und ſeinen Schweſtern. Paulus zehlt es unter die guten qualitaͤten eines Biſchoffs oder eines guten Prieſters/ daß er ſolle Gaſtfrey ſeyn. Allein gleichwie alle Dinge mißbraucht werden/ alſo gehen auch groſſe Mißbraͤuche bey Gaſtereien fuͤr. Hiob beſorgte ſich/ es moͤchten ſolche Mißbraͤuche bey ſeiner Kin- der Gaſterehen auch fuͤrgehen. Darum wann ein Tag des Wollebens bey ihnen war/ ſandte er hin/ und heiligte ſie. Diß iſt allen Eltern zum Exempel geſchrieben. Hiob hatte zwar ſei- ne Freude dran/ daß ſeine Kinder einig untereinander lebten. Gleichwol hatte er die Beyſorg/ ſie moͤchten im Eſſen und Trin- cken zu viel thun/ und wo nicht in Worten oder Wercken/ jedoch mit ſuͤndlichen boͤſen Gedancken an Gott ſich vergreiffen/ er dacht/ ſie moͤchten etwa in ihrem Hertzen Gott ſegnen. Segnen heiſt hier ſo viel als fluchen oder Gott laͤſtern/ wie dann dieſes Wort alſo gebraucht wird 1. Reg. 21. da Nabath unſchuldiger Weiſe an- geklaget wird/ daß er Gott und den Koͤnig geſegnet/ das iſt/ daß er ihm geflucht haͤtte. Die Alten trugen ein ſolch Abſcheu an der Gotteslaͤſterung/ daß ſie dieſe abſcheuliche That auch nicht wolten bey ihrem Namen nennen/ ſondern brauchten ein ander Wort dar- zu. Offentliche Gotteslaͤſterung oder andere dergleichen Suͤnd haͤtte Hiob durchauß von ſeinen Kindern nicht gelitten/ allein er als ein Mann voll heiliges Geiſtes ſahe/ wie es unterweilen herge- he/ an denen Orten/ da alles vollauff iſt/ daß man ſich allda offt zum wenigſten mit boͤſen Luͤſten/ mit boͤſen Begierden/ mit boͤſen Gedan- cker verſuͤndige. Das war deiner Schweſter Sodom Miſ- ſethat/ Hoffart und alles vollauff/ Ezech. 17. und da braucht dann der Teuffel ſein Meiſterſtuͤck/ daß er einen Menſchen in einem Augenblick zu Fall bringe. Und er hat einen groſſen Vortheil an unſerm Fleiſch und Blut. Er iſt auch einem Chriſten vielmehr feind als andern Leuten. Er gehet herum/ und ſuchet/ welchen er verſchlinge. Darum macht ſich Hiob fruͤh auff/ und opfert Brand- darum
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Der gedultige
zu Gaſte/ bald bey den Phariſeern/ bald bey Simon dem Auſſaͤtzi-
gen/ bald bey Lazaro und ſeinen Schweſtern. Paulus zehlt es unter
die guten qualitaͤten eines Biſchoffs oder eines guten Prieſters/
daß er ſolle Gaſtfrey ſeyn. Allein gleichwie alle Dinge mißbraucht
werden/ alſo gehen auch groſſe Mißbraͤuche bey Gaſtereien fuͤr.
Hiob beſorgte ſich/ es moͤchten ſolche Mißbraͤuche bey ſeiner Kin-
der Gaſterehen auch fuͤrgehen. Darum wann ein Tag des
Wollebens bey ihnen war/ ſandte er hin/ und heiligte ſie.
Diß iſt allen Eltern zum Exempel geſchrieben. Hiob hatte zwar ſei-
ne Freude dran/ daß ſeine Kinder einig untereinander lebten.
Gleichwol hatte er die Beyſorg/ ſie moͤchten im Eſſen und Trin-
cken zu viel thun/ und wo nicht in Worten oder Wercken/ jedoch mit
ſuͤndlichen boͤſen Gedancken an Gott ſich vergreiffen/ er dacht/ ſie
moͤchten etwa in ihrem Hertzen Gott ſegnen. Segnen
heiſt hier ſo viel als fluchen oder Gott laͤſtern/ wie dann dieſes Wort
alſo gebraucht wird 1. Reg. 21. da Nabath unſchuldiger Weiſe an-
geklaget wird/ daß er Gott und den Koͤnig geſegnet/ das iſt/ daß er
ihm geflucht haͤtte. Die Alten trugen ein ſolch Abſcheu an der
Gotteslaͤſterung/ daß ſie dieſe abſcheuliche That auch nicht wolten
bey ihrem Namen nennen/ ſondern brauchten ein ander Wort dar-
zu. Offentliche Gotteslaͤſterung oder andere dergleichen Suͤnd
haͤtte Hiob durchauß von ſeinen Kindern nicht gelitten/ allein er
als ein Mann voll heiliges Geiſtes ſahe/ wie es unterweilen herge-
he/ an denen Orten/ da alles vollauff iſt/ daß man ſich allda offt zum
wenigſten mit boͤſen Luͤſten/ mit boͤſen Begierden/ mit boͤſen Gedan-
cker verſuͤndige. Das war deiner Schweſter Sodom Miſ-
ſethat/ Hoffart und alles vollauff/ Ezech. 17. und da braucht
dann der Teuffel ſein Meiſterſtuͤck/ daß er einen Menſchen in einem
Augenblick zu Fall bringe. Und er hat einen groſſen Vortheil an
unſerm Fleiſch und Blut. Er iſt auch einem Chriſten vielmehr
feind als andern Leuten. Er gehet herum/ und ſuchet/ welchen
er verſchlinge.
Darum macht ſich Hiob fruͤh auff/ und opfert Brand-
opfer nach der Zahl ſeiner Kinder. Alſo ſollen die Eltern taͤg-
lich Gott ihre Kinder treulich in ſeinen Schutz befehlen wider den
Teuffel/ und ſollen mehr fuͤr ihre Seel als fuͤr ihren Leib ſorgen.
Denn iſt die Seel wol verſorget/ ſo iſt der Leib auch verſorget. Wie
David bezeugt im 37. Pſalm/ da er ſagt/ Jch bin jung geweſen
und alt worden/ und habe noch nie geſehen den Gerechtẽ
verlaſſen/ oder ſeinen Samen nach Brod gehen. Es ſind
viel grobe unbeſcheidene Eltern/ ſonderlich an dieſen Orten/ welche
ihre Kinder tractiren wie das Viehe/ und meinen/ es ſey genug/ wañ
ſie ihn den Bauch fuͤllen. Fluchen ihn unterdeſſen hundert tauſend
Teuffel an Hals/ und ob die Seel in Him̃el oder in die Hoͤlle fahre/
darum
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