Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].Freund in der Noht. wie werden sie den ledernen Gürtel durch das ABC. gezogen haben!Ein ander Hof-Juncker wird etwan gesagt haben: Der gute Mann sey kein Politicus. Er hab da in der Wüsten gelegen/ und hab Heu- schrecken und wild Honig gefressen. Er hab nicht viel mit Leuten conversirt, Er wisse und verstehe nicht/ wie man mit hohen Häuptern umbgehen solle. Wann er noch ein Jahr oder drey bey Hof sey/ so werde er es endlich wol lernen. Der dritte Hof-Juncker wird etwan gesagt haben: Er wisse einen artigen Hofprediger für Jhre Fürstl. Gnaden/ der sey ein artiger Mann/ der sich wisse in die Welt zu schi- cken. Er sey wie ein Würffel. Man werffe ihn/ wie man wolle/ so gebe es Augen. Er lasse unterweilens fünff gerade seyn/ und drehe nicht eben alles also zu Poltzen/ sondern wisse eine Theologische prudenz und moderation zugebrauchen/ und thue treffliche gute Predigten. Mich dünckt/ ich sehe/ wie Herodes selbst in seinem Gemach auff und abspatzieret/ ein hauffen Grillen gemacht/ und gedacht hab/ wie doch der tolle Pfaff auff den tollen Sinn komme/ daß er ihm da öffentlich den Possen thue/ und ihn bey seiner gantzen Hofstatt beschimpffe/ da er ihm doch alle Gnad/ alle Ehr erwiesen habe. Das müsse man die Pfaffen nicht weiß machen/ daß sie grosse Herrn also tractiren dörf- fen. Er wolle ein Exempel an ihm statuiren/ daß sich ein ander daran stossen/ und lernen sol/ wie er sein Maul im Zaum halten solle. Er wol- le ihn in den Kercker werffen/ und mit Wasser und Brodt der Trüb- sal speisen lassen/ biß daß er lerne/ wie er von seiner Obrigkeit/ welche Gottes Stadthalterin ist/ reden solle. Glaub mir sicherlich/ Sohn/ daß es offt also hergehe/ an grosser Herren Höfen/ da die Herrschafft im Geschrey ist/ daß sie der Frömmigkeit und Gottesfurcht für an- dern ergeben sey. Grosser Herren Gnad/ Aprill-Wetter/ der Frauen und Jungfrauen Lieb/ sind unbeständige Dinge/ und ändert sich offt/ wie der Wind/ wie Würffel- und Kartenspiel. Du weist/ daß ich mit einem grossen Cavallier bekant/ und gar samiliar gewesen sey/ wel- chen ich itzo Sylvium nennen wil. Dieser Sylvius stack in höchsten Nöthen. Das Messer war ihm gleichsam an die Gurgel gelegt. Es waren viel Leut/ welche gleichsam darauff studirten und meditirten/ wie sie ihn ruiniren könten. Jch hatte diesen Sylvium längst gekandt/ und fürwar/ es war ein königlich Gemüth/ und königliche qualität bey ihm. Er war ein Estats-Mann/ und darneben ein Soldat. Ein sol- cher Soldat/ welcher es nit machte wie jener General Majeur, wel- cher/ als er zum andernmal heurathen wolte/ seiner Braut in der Heuraths-Notul versprechen muste/ daß/ wann er in ein Treffen komme/ so wolle er nicht mehr außreissen. Sondern seine Freunde und seine Feinde müssen bekennen/ daß er ein Soldat gewesen sey/ welcher sich gefreuet/ wann er seinem Feind das Weisse in den Augen hab be- sehen
Freund in der Noht. wie werden ſie den ledernen Guͤrtel durch das ABC. gezogen haben!Ein ander Hof-Juncker wird etwan geſagt haben: Der gute Mann ſey kein Politicus. Er hab da in der Wuͤſten gelegen/ und hab Heu- ſchrecken und wild Honig gefreſſen. Er hab nicht viel mit Leuten converſirt, Er wiſſe und verſtehe nicht/ wie man mit hohẽ Haͤuptern umbgehen ſolle. Wann er noch ein Jahr oder drey bey Hof ſey/ ſo werde er es endlich wol lernen. Der dritte Hof-Juncker wird etwan geſagt haben: Er wiſſe einen artigen Hofprediger fuͤr Jhre Fuͤrſtl. Gnaden/ der ſey ein artiger Mann/ der ſich wiſſe in die Welt zu ſchi- cken. Er ſey wie ein Wuͤrffel. Man werffe ihn/ wie man wolle/ ſo gebe es Augen. Er laſſe unterweilens fuͤnff gerade ſeyn/ und drehe nicht eben alles alſo zu Poltzen/ ſondern wiſſe eine Theologiſche prudenz und moderation zugebrauchen/ und thue treffliche gute Predigten. Mich duͤnckt/ ich ſehe/ wie Herodes ſelbſt in ſeinem Gemach auff und abſpatzieret/ ein hauffen Grillẽ gemacht/ uñ gedacht hab/ wie doch der tolle Pfaff auff den tollen Sinn komme/ daß er ihm da oͤffentlich den Poſſen thue/ und ihn bey ſeiner gantzen Hofſtatt beſchimpffe/ da er ihm doch alle Gnad/ alle Ehr erwieſen habe. Das muͤſſe man die Pfaffen nicht weiß machen/ daß ſie groſſe Herrn alſo tractiren doͤrf- fen. Er wolle ein Exempel an ihm ſtatuiren/ daß ſich ein ander daran ſtoſſen/ und lernen ſol/ wie er ſein Maul im Zaum halten ſolle. Er wol- le ihn in den Kercker werffen/ und mit Waſſer und Brodt der Truͤb- ſal ſpeiſen laſſen/ biß daß er lerne/ wie er von ſeiner Obrigkeit/ welche Gottes Stadthalterin iſt/ reden ſolle. Glaub mir ſicherlich/ Sohn/ daß es offt alſo hergehe/ an groſſer Herren Hoͤfen/ da die Herrſchafft im Geſchrey iſt/ daß ſie der Froͤmmigkeit und Gottesfurcht fuͤr an- dern ergeben ſey. Groſſer Herren Gnad/ Aprill-Wetter/ der Frauen und Jungfrauen Lieb/ ſind unbeſtaͤndige Dinge/ und aͤndert ſich offt/ wie der Wind/ wie Wuͤrffel- und Kartenſpiel. Du weiſt/ daß ich mit einem groſſen Cavallier bekant/ und gar ſamiliar geweſen ſey/ wel- chen ich itzo Sylvium nennen wil. Dieſer Sylvius ſtack in hoͤchſten Noͤthen. Das Meſſer war ihm gleichſam an die Gurgel gelegt. Es waren viel Leut/ welche gleichſam darauff ſtudirten und meditirten/ wie ſie ihn ruiniren koͤnten. Jch hatte dieſen Sylvium laͤngſt gekandt/ und fuͤrwar/ es war ein koͤniglich Gemuͤth/ und koͤnigliche qualitaͤt bey ihm. Er war ein Eſtats-Mañ/ und darneben ein Soldat. Ein ſol- cher Soldat/ welcher es nit machte wie jener General Majeur, wel- cher/ als er zum andernmal heurathen wolte/ ſeiner Braut in der Heuraths-Notul verſprechen muſte/ daß/ wann er in ein Treffen komme/ ſo wolle er nicht mehr außreiſſen. Sondern ſeine Freunde und ſeine Feinde muͤſſen bekennen/ daß er ein Soldat geweſen ſey/ welcher ſich gefreuet/ wann er ſeinem Feind das Weiſſe in den Augen hab be- ſehen
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Freund in der Noht.
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Ein ander Hof-Juncker wird etwan geſagt haben: Der gute Mann
ſey kein Politicus. Er hab da in der Wuͤſten gelegen/ und hab Heu-
ſchrecken und wild Honig gefreſſen. Er hab nicht viel mit Leuten
converſirt, Er wiſſe und verſtehe nicht/ wie man mit hohẽ Haͤuptern
umbgehen ſolle. Wann er noch ein Jahr oder drey bey Hof ſey/ ſo
werde er es endlich wol lernen. Der dritte Hof-Juncker wird etwan
geſagt haben: Er wiſſe einen artigen Hofprediger fuͤr Jhre Fuͤrſtl.
Gnaden/ der ſey ein artiger Mann/ der ſich wiſſe in die Welt zu ſchi-
cken. Er ſey wie ein Wuͤrffel. Man werffe ihn/ wie man wolle/ ſo gebe
es Augen. Er laſſe unterweilens fuͤnff gerade ſeyn/ und drehe nicht
eben alles alſo zu Poltzen/ ſondern wiſſe eine Theologiſche prudenz
und moderation zugebrauchen/ und thue treffliche gute Predigten.
Mich duͤnckt/ ich ſehe/ wie Herodes ſelbſt in ſeinem Gemach auff und
abſpatzieret/ ein hauffen Grillẽ gemacht/ uñ gedacht hab/ wie doch der
tolle Pfaff auff den tollen Sinn komme/ daß er ihm da oͤffentlich den
Poſſen thue/ und ihn bey ſeiner gantzen Hofſtatt beſchimpffe/ da er
ihm doch alle Gnad/ alle Ehr erwieſen habe. Das muͤſſe man die
Pfaffen nicht weiß machen/ daß ſie groſſe Herrn alſo tractiren doͤrf-
fen. Er wolle ein Exempel an ihm ſtatuiren/ daß ſich ein ander daran
ſtoſſen/ und lernen ſol/ wie er ſein Maul im Zaum halten ſolle. Er wol-
le ihn in den Kercker werffen/ und mit Waſſer und Brodt der Truͤb-
ſal ſpeiſen laſſen/ biß daß er lerne/ wie er von ſeiner Obrigkeit/ welche
Gottes Stadthalterin iſt/ reden ſolle. Glaub mir ſicherlich/ Sohn/
daß es offt alſo hergehe/ an groſſer Herren Hoͤfen/ da die Herrſchafft
im Geſchrey iſt/ daß ſie der Froͤmmigkeit und Gottesfurcht fuͤr an-
dern ergeben ſey. Groſſer Herren Gnad/ Aprill-Wetter/ der Frauen
und Jungfrauen Lieb/ ſind unbeſtaͤndige Dinge/ und aͤndert ſich offt/
wie der Wind/ wie Wuͤrffel- und Kartenſpiel. Du weiſt/ daß ich mit
einem groſſen Cavallier bekant/ und gar ſamiliar geweſen ſey/ wel-
chen ich itzo Sylvium nennen wil. Dieſer Sylvius ſtack in hoͤchſten
Noͤthen. Das Meſſer war ihm gleichſam an die Gurgel gelegt. Es
waren viel Leut/ welche gleichſam darauff ſtudirten und meditirten/
wie ſie ihn ruiniren koͤnten. Jch hatte dieſen Sylvium laͤngſt gekandt/
und fuͤrwar/ es war ein koͤniglich Gemuͤth/ und koͤnigliche qualitaͤt
bey ihm. Er war ein Eſtats-Mañ/ und darneben ein Soldat. Ein ſol-
cher Soldat/ welcher es nit machte wie jener General Majeur, wel-
cher/ als er zum andernmal heurathen wolte/ ſeiner Braut in der
Heuraths-Notul verſprechen muſte/ daß/ wann er in ein Treffen
komme/ ſo wolle er nicht mehr außreiſſen. Sondern ſeine Freunde und
ſeine Feinde muͤſſen bekennen/ daß er ein Soldat geweſen ſey/ welcher
ſich gefreuet/ wann er ſeinem Feind das Weiſſe in den Augen hab be-
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Zitationshilfe: | Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/286>, abgerufen am 16.06.2024. |