Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].Abgenöhtigte Allein er saget auch in nachfolgenden Capittel: was sollen wir dannhierauff sagen? Sollen wir dann in Sünden verharren/ auff daß die Gnade desto mächtiger werde? das sey ferne. Wie solten wir in Sün- den wollen wandeln/ deren wir abgestorben sind? darauß wir sehen/ daß wir zwar nicht sollen verzweiffeln und verzagen/ wir sollen aber auch nicht keck und sicher werden/ und auff Gottes Barmhertzigkeit sündigen. Denn wer auff Barmhertzigkeit sündiget/ dem wird mit Unbarmhertzigkeit gelohnet werden. Wir sollen nicht seyn wie die Bäume/ welche nur Blätter haben/ und keine Frucht bringen/ son- dern wir sollen seyn wie die Bäume so geflantzet sind an den Wasser- bächen/ welche Frucht bringen zu rechter Zeit. Früchte/ Früchte wil Gott von uns haben/ dann ein solcher Baum/ der nit Frucht brin- get wird abgehauen/ und ins Feuer geworffen werden. Jhr höret/ daß der Sohn Gottes im heutigen Evangelio saget: die
Abgenoͤhtigte Allein er ſaget auch in nachfolgenden Capittel: was ſollen wir dannhierauff ſagen? Sollen wir dann in Suͤnden verharꝛen/ auff daß die Gnade deſto maͤchtiger werde? das ſey ferne. Wie ſolten wir in Suͤn- den wollen wandeln/ deren wir abgeſtorben ſind? darauß wir ſehen/ daß wir zwar nicht ſollen verzweiffeln und verzagen/ wir ſollen aber auch nicht keck und ſicher werden/ und auff Gottes Barmhertzigkeit ſuͤndigen. Denn wer auff Barmhertzigkeit ſuͤndiget/ dem wird mit Unbarmhertzigkeit gelohnet werden. Wir ſollen nicht ſeyn wie die Baͤume/ welche nur Blaͤtter haben/ und keine Frucht bringen/ ſon- dern wir ſollen ſeyn wie die Baͤume ſo geflantzet ſind an den Waſſer- baͤchen/ welche Frucht bringen zu rechter Zeit. Früchte/ Fruͤchte wil Gott von uns haben/ dann ein ſolcher Baum/ der nit Frucht brin- get wird abgehauen/ und ins Feuer geworffen werden. Jhr hoͤret/ daß der Sohn Gottes im heutigen Evangelio ſaget: die
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0682" n="640"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Abgenoͤhtigte</hi></fw><lb/> Allein er ſaget auch in nachfolgenden Capittel: was ſollen wir dann<lb/> hierauff ſagen? Sollen wir dann in Suͤnden verharꝛen/ auff daß die<lb/> Gnade deſto maͤchtiger werde? das ſey ferne. Wie ſolten wir in Suͤn-<lb/> den wollen wandeln/ deren wir abgeſtorben ſind? darauß wir ſehen/<lb/> daß wir zwar nicht ſollen verzweiffeln und verzagen/ wir ſollen aber<lb/> auch nicht keck und ſicher werden/ und auff Gottes Barmhertzigkeit<lb/> ſuͤndigen. Denn wer auff Barmhertzigkeit ſuͤndiget/ dem wird mit<lb/> Unbarmhertzigkeit gelohnet werden. Wir ſollen nicht ſeyn wie die<lb/> Baͤume/ welche nur Blaͤtter haben/ und keine Frucht bringen/ ſon-<lb/> dern wir ſollen ſeyn wie die Baͤume ſo geflantzet ſind an den Waſſer-<lb/> baͤchen/ welche Frucht bringen zu rechter Zeit. <hi rendition="#fr">Früchte/ Fruͤchte</hi><lb/> wil Gott von uns haben/ dann ein ſolcher Baum/ der nit Frucht brin-<lb/> get wird abgehauen/ und ins Feuer geworffen werden.</p><lb/> <p>Jhr hoͤret/ daß der Sohn Gottes im heutigen Evangelio ſaget:<lb/><hi rendition="#fr">Es weꝛden nicht alle/ die zu mir ſagen: HErr/ HErr/ ins<lb/> Himmelreich kommẽ/ ſondern die den Willen thun mei-<lb/> nes Vaters im Himmel.</hi> Das gantze Pabſtum iſt voll <hi rendition="#aq">Domine,<lb/> Domine,</hi> HErꝛ/ HErꝛ/ da iſt ein hauffen Wachen/ Opffern/ Seel-<lb/> meſſen/ Wallfahrt und dergleichen. Aber ſie thun hierinnen nicht den<lb/> Willen des Vaters im Himmel. Wir Lutheraner ruͤhmen uns der<lb/> Reformation/ allein wir leben offt nicht wie die Menſchen/ ſondern<lb/> wie die Teuffel/ wir ſtincken fuͤr lauter Heucheley; Heucheley aber iſt/<lb/> wann man viel gutes Dinges ſaget/ und doch nicht darnach thut.<lb/> Mancher weiß von Religions-Sachen artig zu diſputiren/ allein er<lb/> fuͤhrt ein Leben wie ein Heid/ der nichts von Gott weiß. Viel ſind/<lb/> von denen man ſagen koͤnte: <hi rendition="#fr">Du biſt ein guter Chriſt/ biß auff<lb/> das Thun.</hi> Allein bey einem rechtſchaffenen Chriſten ſoll und muß<lb/><hi rendition="#fr">Glauben und Leben</hi> bey einander ſeyn. Damit ſich nun jedeꝛman<lb/> lerne erkennen/ ſo gehet Chriſtus der HErꝛ im heutigen Evangelio<lb/> durch alle Staͤnde/ und giebet einem jeden ſeinen Text/ und ſaget: <hi rendition="#fr">Es<lb/> werden viel zu mir ſagen an jenem Tage/ HErꝛ/ HErꝛ/<lb/> haben wir nicht in deinem Namen geweiſſaget?</hi> Das iſt<lb/> ein Text fuͤr die Geiſtliche/ die ihr heiliges Ampt/ durch ein aͤrgerlich<lb/> Leben unehren. Die werden ſich am Juͤngſten Tage verwundern/<lb/> warumb ſie in die Hoͤlle ſollen? Dann werden ſie ſagen: <hi rendition="#fr">HERR/<lb/> HErꝛ/ haben wir nicht in deinem Namen geweiſſaget?</hi><lb/> Haben wir nicht viel ſchoͤner Buͤcher von der Religion geſchrieben?<lb/> Haben wir nicht wider die Papiſten/ die Calviniſten/ die Juden und<lb/> andere Ketzer gar ſcharffſinnig diſputiret? Haben wir nicht manche<lb/> troͤſtliche Predigt gehalten? Zum andern ſaget Chriſtus/ es werden<lb/> ihr viel ſagen am Juͤngſten Tag; <hi rendition="#fr">HErꝛ/ HErꝛ/ haben wir nit<lb/> in deinem Namen Teuffel außgetrieben?</hi> Das iſt ein Text fuͤr<lb/> <fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [640/0682]
Abgenoͤhtigte
Allein er ſaget auch in nachfolgenden Capittel: was ſollen wir dann
hierauff ſagen? Sollen wir dann in Suͤnden verharꝛen/ auff daß die
Gnade deſto maͤchtiger werde? das ſey ferne. Wie ſolten wir in Suͤn-
den wollen wandeln/ deren wir abgeſtorben ſind? darauß wir ſehen/
daß wir zwar nicht ſollen verzweiffeln und verzagen/ wir ſollen aber
auch nicht keck und ſicher werden/ und auff Gottes Barmhertzigkeit
ſuͤndigen. Denn wer auff Barmhertzigkeit ſuͤndiget/ dem wird mit
Unbarmhertzigkeit gelohnet werden. Wir ſollen nicht ſeyn wie die
Baͤume/ welche nur Blaͤtter haben/ und keine Frucht bringen/ ſon-
dern wir ſollen ſeyn wie die Baͤume ſo geflantzet ſind an den Waſſer-
baͤchen/ welche Frucht bringen zu rechter Zeit. Früchte/ Fruͤchte
wil Gott von uns haben/ dann ein ſolcher Baum/ der nit Frucht brin-
get wird abgehauen/ und ins Feuer geworffen werden.
Jhr hoͤret/ daß der Sohn Gottes im heutigen Evangelio ſaget:
Es weꝛden nicht alle/ die zu mir ſagen: HErr/ HErr/ ins
Himmelreich kommẽ/ ſondern die den Willen thun mei-
nes Vaters im Himmel. Das gantze Pabſtum iſt voll Domine,
Domine, HErꝛ/ HErꝛ/ da iſt ein hauffen Wachen/ Opffern/ Seel-
meſſen/ Wallfahrt und dergleichen. Aber ſie thun hierinnen nicht den
Willen des Vaters im Himmel. Wir Lutheraner ruͤhmen uns der
Reformation/ allein wir leben offt nicht wie die Menſchen/ ſondern
wie die Teuffel/ wir ſtincken fuͤr lauter Heucheley; Heucheley aber iſt/
wann man viel gutes Dinges ſaget/ und doch nicht darnach thut.
Mancher weiß von Religions-Sachen artig zu diſputiren/ allein er
fuͤhrt ein Leben wie ein Heid/ der nichts von Gott weiß. Viel ſind/
von denen man ſagen koͤnte: Du biſt ein guter Chriſt/ biß auff
das Thun. Allein bey einem rechtſchaffenen Chriſten ſoll und muß
Glauben und Leben bey einander ſeyn. Damit ſich nun jedeꝛman
lerne erkennen/ ſo gehet Chriſtus der HErꝛ im heutigen Evangelio
durch alle Staͤnde/ und giebet einem jeden ſeinen Text/ und ſaget: Es
werden viel zu mir ſagen an jenem Tage/ HErꝛ/ HErꝛ/
haben wir nicht in deinem Namen geweiſſaget? Das iſt
ein Text fuͤr die Geiſtliche/ die ihr heiliges Ampt/ durch ein aͤrgerlich
Leben unehren. Die werden ſich am Juͤngſten Tage verwundern/
warumb ſie in die Hoͤlle ſollen? Dann werden ſie ſagen: HERR/
HErꝛ/ haben wir nicht in deinem Namen geweiſſaget?
Haben wir nicht viel ſchoͤner Buͤcher von der Religion geſchrieben?
Haben wir nicht wider die Papiſten/ die Calviniſten/ die Juden und
andere Ketzer gar ſcharffſinnig diſputiret? Haben wir nicht manche
troͤſtliche Predigt gehalten? Zum andern ſaget Chriſtus/ es werden
ihr viel ſagen am Juͤngſten Tag; HErꝛ/ HErꝛ/ haben wir nit
in deinem Namen Teuffel außgetrieben? Das iſt ein Text fuͤr
die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |