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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Von der Kunst reich zu werden.
Ut medium si quis, &c.
Als wie wann von eim Gwölb wird gnommen/
Der mittel Stein/ die anderen kommen/
Jn einem Fall zugleich hernach.

Deß Kriegs und Hungers Nachtheil endet Gott oftermal mit Uber-
fluß einer eintzigen Ernd/ oder mit friedsamen Rath eines guten
Landsmanns. Aber die allgemeine ruin der Schulen kan kaum ein
hundertjährige Glückseligkeit gnugsam verbesseren.

Gestern übersiele mich unter diesen und dergleichen Betrachtun-
gen ein tieffer Schlaff. Dann es gefället mir nicht allzeit zu wachen.
Jm Traum erschiene mir Franciscus Baconus, Freyherr von Ve-
rulamio, Vice
Graf Sant Albani, ein Mann grossen Verstands/
und sonderbarer Geschickligkeit. Er war mit einem gar langen Rock
bekleidet/ mit grossen Erbel von Schamelot/ der schönsten blauen
Farb. Der innere Rock war grün/ der Hut war in Gestalt eines Tur-
bants/ zierlich umbgewickelt/ doch nicht zu groß/ wie die Türckische
pflegen zu seyn? Die Locken deß Haars hiengen bey dem Turbant un-
ten herfür. Jn der Hand trug er ein Stecken auß erdinem Rohr/ der
zu beeden Enden mit blauer Farb bestrichen ward. Am Gestad deß
Rheins fähret er in einem Schifflein/ in welchem mit Purpurfarben
Teppichen die Sitz bedeckt waren. Das Schifflein war mittelmässig/
und giengen nicht mehr hinein als 9. Rudersknecht/ und so viel die es
führten/ aber mit güldenen und silbernen Gemählen war es trefflich/
und mit Glantz der Bilder überwund es das gantze Wasser herumb.
Er war kaum auß diesem Schifflein gestiegen/ da verstunde ich von
seinen Dienern/ daß er neulich von Peru kommen/ wolle eine Gegend
in der neuen Welt bewohnt machen. Alsbald hat das Geschrey unter
dem Volck solches kund gemacht/ und lieffe ein grosse Menge zusam-
men/ sonderlich der jenigen Menschen/ welche durch Kriegs furi von
Hauß und Hof vertrieben/ wurden von der jenigen Göttin geängsti-
get/ die Petronius ein Schwester guten Gemüths nennet. Diese re-
dete Baconus mit gravitätischer Sprach fast auff diese Weiß an:
Liebste Männer/ ich siehe euren Schmertzen nicht ohne Betrübnus.
Als ich den Stand und condition eures Teutschlands examinire,
argwohne ich das End eines Ubels/ werde ein Staffel deß zukünffti-
gen seyn. Wann ihr gescheid seyd/ verlast diese Erden/ welche euch kein
rechte: sondern ein Stieffmutter ist. Gehet/ O ihr Männer/ wir wol-
len ein Land suchen wo die Sonn anderst scheinet/ allwo wir der rech-
ten Philosophiae obligen wollen/ und das erlangen werden/ was das
Leben seliger machet. Wir werden erstlich ein Collegium anstellen/
das wir das Hauß Salomonis nennen wollen/ dessen Ziel und End
seyn wird die Erkantnus der Ursachen und Bewegungen innerlichen

Kräfften
Y y v
Von der Kunſt reich zu werden.
Ut medium ſi quis, &c.
Als wie wann von eim Gwoͤlb wird gnommen/
Der mittel Stein/ die anderen kommen/
Jn einem Fall zugleich hernach.

Deß Kriegs und Hungers Nachtheil endet Gott oftermal mit Uber-
fluß einer eintzigen Ernd/ oder mit friedſamen Rath eines guten
Landsmanns. Aber die allgemeine ruin der Schulen kan kaum ein
hundertjaͤhrige Gluͤckſeligkeit gnugſam verbeſſeren.

Geſtern uͤberſiele mich unter dieſen und dergleichen Betrachtun-
gen ein tieffer Schlaff. Dann es gefaͤllet mir nicht allzeit zu wachen.
Jm Traum erſchiene mir Franciſcus Baconus, Freyherꝛ von Ve-
rulamio, Vice
Graf Sant Albani, ein Mann groſſen Verſtands/
und ſonderbarer Geſchickligkeit. Er war mit einem gar langen Rock
bekleidet/ mit groſſen Erbel von Schamelot/ der ſchoͤnſten blauen
Farb. Der innere Rock war gruͤn/ der Hut war in Geſtalt eines Tur-
bants/ zierlich umbgewickelt/ doch nicht zu groß/ wie die Tuͤrckiſche
pflegen zu ſeyn? Die Locken deß Haars hiengen bey dem Turbant un-
ten herfuͤr. Jn der Hand trug er ein Stecken auß erdinem Rohr/ der
zu beeden Enden mit blauer Farb beſtrichen ward. Am Geſtad deß
Rheins faͤhret er in einem Schifflein/ in welchem mit Purpurfarben
Teppichen die Sitz bedeckt waren. Das Schifflein war mittelmaͤſſig/
und giengen nicht mehr hinein als 9. Rudersknecht/ und ſo viel die es
fuͤhrten/ aber mit guͤldenen und ſilbernen Gemaͤhlen war es trefflich/
und mit Glantz der Bilder uͤberwund es das gantze Waſſer herumb.
Er war kaum auß dieſem Schifflein geſtiegen/ da verſtunde ich von
ſeinen Dienern/ daß er neulich von Peru kommen/ wolle eine Gegend
in der neuen Welt bewohnt machen. Alsbald hat das Geſchrey unter
dem Volck ſolches kund gemacht/ und lieffe ein groſſe Menge zuſam-
men/ ſonderlich der jenigen Menſchen/ welche durch Kriegs furi von
Hauß und Hof vertrieben/ wurden von der jenigen Goͤttin geaͤngſti-
get/ die Petronius ein Schweſter guten Gemuͤths nennet. Dieſe re-
dete Baconus mit gravitaͤtiſcher Sprach faſt auff dieſe Weiß an:
Liebſte Maͤnner/ ich ſiehe euren Schmertzen nicht ohne Betruͤbnus.
Als ich den Stand und condition eures Teutſchlands examinire,
argwohne ich das End eines Ubels/ werde ein Staffel deß zukuͤnffti-
gen ſeyn. Wann ihr geſcheid ſeyd/ verlaſt dieſe Erden/ welche euch kein
rechte: ſondern ein Stieffmutter iſt. Gehet/ O ihr Maͤnner/ wir wol-
len ein Land ſuchen wo die Sonn anderſt ſcheinet/ allwo wir der rech-
ten Philoſophiæ obligen wollen/ und das erlangen werden/ was das
Leben ſeliger machet. Wir werden erſtlich ein Collegium anſtellen/
das wir das Hauß Salomonis nennen wollen/ deſſen Ziel und End
ſeyn wird die Erkantnus der Urſachen und Bewegungen innerlichen

Kraͤfften
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[713/0755] Von der Kunſt reich zu werden. Ut medium ſi quis, &c. Als wie wann von eim Gwoͤlb wird gnommen/ Der mittel Stein/ die anderen kommen/ Jn einem Fall zugleich hernach. Deß Kriegs und Hungers Nachtheil endet Gott oftermal mit Uber- fluß einer eintzigen Ernd/ oder mit friedſamen Rath eines guten Landsmanns. Aber die allgemeine ruin der Schulen kan kaum ein hundertjaͤhrige Gluͤckſeligkeit gnugſam verbeſſeren. Geſtern uͤberſiele mich unter dieſen und dergleichen Betrachtun- gen ein tieffer Schlaff. Dann es gefaͤllet mir nicht allzeit zu wachen. Jm Traum erſchiene mir Franciſcus Baconus, Freyherꝛ von Ve- rulamio, Vice Graf Sant Albani, ein Mann groſſen Verſtands/ und ſonderbarer Geſchickligkeit. Er war mit einem gar langen Rock bekleidet/ mit groſſen Erbel von Schamelot/ der ſchoͤnſten blauen Farb. Der innere Rock war gruͤn/ der Hut war in Geſtalt eines Tur- bants/ zierlich umbgewickelt/ doch nicht zu groß/ wie die Tuͤrckiſche pflegen zu ſeyn? Die Locken deß Haars hiengen bey dem Turbant un- ten herfuͤr. Jn der Hand trug er ein Stecken auß erdinem Rohr/ der zu beeden Enden mit blauer Farb beſtrichen ward. Am Geſtad deß Rheins faͤhret er in einem Schifflein/ in welchem mit Purpurfarben Teppichen die Sitz bedeckt waren. Das Schifflein war mittelmaͤſſig/ und giengen nicht mehr hinein als 9. Rudersknecht/ und ſo viel die es fuͤhrten/ aber mit guͤldenen und ſilbernen Gemaͤhlen war es trefflich/ und mit Glantz der Bilder uͤberwund es das gantze Waſſer herumb. Er war kaum auß dieſem Schifflein geſtiegen/ da verſtunde ich von ſeinen Dienern/ daß er neulich von Peru kommen/ wolle eine Gegend in der neuen Welt bewohnt machen. Alsbald hat das Geſchrey unter dem Volck ſolches kund gemacht/ und lieffe ein groſſe Menge zuſam- men/ ſonderlich der jenigen Menſchen/ welche durch Kriegs furi von Hauß und Hof vertrieben/ wurden von der jenigen Goͤttin geaͤngſti- get/ die Petronius ein Schweſter guten Gemuͤths nennet. Dieſe re- dete Baconus mit gravitaͤtiſcher Sprach faſt auff dieſe Weiß an: Liebſte Maͤnner/ ich ſiehe euren Schmertzen nicht ohne Betruͤbnus. Als ich den Stand und condition eures Teutſchlands examinire, argwohne ich das End eines Ubels/ werde ein Staffel deß zukuͤnffti- gen ſeyn. Wann ihr geſcheid ſeyd/ verlaſt dieſe Erden/ welche euch kein rechte: ſondern ein Stieffmutter iſt. Gehet/ O ihr Maͤnner/ wir wol- len ein Land ſuchen wo die Sonn anderſt ſcheinet/ allwo wir der rech- ten Philoſophiæ obligen wollen/ und das erlangen werden/ was das Leben ſeliger machet. Wir werden erſtlich ein Collegium anſtellen/ das wir das Hauß Salomonis nennen wollen/ deſſen Ziel und End ſeyn wird die Erkantnus der Urſachen und Bewegungen innerlichen Kraͤfften Y y v

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 713. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/755>, abgerufen am 28.09.2024.