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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Von der Kunst reich zu werden.
Tugend der Gütigkeit und Liebe/ nicht ohne Fehler seye. Es ist bey
dem Jtalianer ein böses Sprichwort: Tanto buon, cheualniente,
das ist/ er ist so gut/ daß er nichts guts ist. Du wirst offt Leut sehen/
die schier die Türcken imitiren, welche gegen den unvernünfftigen
Thieren barm hertzig zu seyn/ und den Hunden und Vögel Allmusen
zu geben gemeldt werden. Als das/ wie Busbequio erzehlt/ ein Vene-
tianischer Gold schmid/ so zu Constantinopel wohnte/ kaum deß
Volcks Wütigkeit entflohen ist/ weil er einem Vogel den Schlund
deß langen Schnabels/ mit hinein gethanem Stecken voneinander
gethan hätte: Damit derohalben ins künfftig du mögest ohne Aer-
gernus und Gefahr sicher bestehen/ O Bruder/ wird vonnöthen seyn/
daß du die Fehler wissest/ welche die Menschen von dem rechten Weg
dieser tapfferen Tugend pflegen umbzuwenden. Also befleisse dich hin-
füro andern guts zubeweisen/ doch daß du nicht unter diesem/ dich
derselben Neigungen und Willen zu einem Sclaven machest. Dann
es ist ein Zeichen der Leichtsinnigkeit und Weichheit/ welche ein ehrli-
ches Gemüth in die Strick gefangen nimmet. Du sollest auch deß
AEsopi Hanen kein Edelgestein fürwerffen/ welchem angenehmer und
glückreicher ein Gerstenkörnlein seyn würde/ lasse dir Gottes Exem-
pel in dieser Sach ein Lehrstück seyn: Er befeuchtiget mit seinem
Regen/ bescheinet mit seiner Sonnen zugleich Gerechte und Unge-
rechte. Doch thut er nicht alle ebner Weiß/ entweders mit dem Re-
gen der Reichthumb begiessen/ oder mit dem Glantz der Ehren illu-
striren.
Es seyn zwar die gemeine Gutthaten einem jeden nicht zu
theilen. Aber die sonderbare weniger und mit Erwegung. Den an-
dern meinen Bruder hat sie mit zu viele der Freund verderbt/ in de-
ren Erwehlung er gar offt gefehlet. Warlich die Welt ist ohne
Freund nichts als ein Wüsten. Unter den fürnehmsten Früchten der
Freundschafft/ ist nicht die letzte die Linderung und Außriechung
der Angst und Geschwulsten deß Hertzens/ welche der Seel Betrüb-
nussen/ es seyen was für es wollen/ pflegen einzutrucken. Wir wissen
daß die jenige Kranckheiten deß Leibs zum allermeisten gefährlich
seyn/ welche auß den Verstopffungen und Versteckungen erwachsen.
Es hat sich die Sach nicht anderst in den Kranckheiten der Seelen.
Sarsam kanst du zu der Leber/ Chalybem praeparatum oder prae-
parirten
Stachel zu der Miltz/ Flores Sulphuris zu der Lungen/
Castoreum zu deß Hirns Verstopffungen Aufflösung gebrauchen.
Aber in den Verstopffungen deß Hertzens wird kein aufmachende Me-
dicin
gefunden/ außgenommen ein guten Freund/ welchem du die
Schmertzen/ Freuden/ Forcht/ Hoffnung/ Argwohn/ Sorgen/ Rath-
schläg/ und was letzlich das Hertz trucken thut/ geben und vertrauen
könnest/ gleichsam unter dem Sigill der Beicht/ nicht zwar der

Priester-
B b b ij

Von der Kunſt reich zu werden.
Tugend der Guͤtigkeit und Liebe/ nicht ohne Fehler ſeye. Es iſt bey
dem Jtalianer ein boͤſes Sprichwort: Tanto buon, cheualniente,
das iſt/ er iſt ſo gut/ daß er nichts guts iſt. Du wirſt offt Leut ſehen/
die ſchier die Tuͤrcken imitiren, welche gegen den unvernuͤnfftigen
Thieren barm hertzig zu ſeyn/ und den Hunden und Voͤgel Allmuſen
zu geben gemeldt werden. Als das/ wie Busbequio erzehlt/ ein Vene-
tianiſcher Gold ſchmid/ ſo zu Conſtantinopel wohnte/ kaum deß
Volcks Wuͤtigkeit entflohen iſt/ weil er einem Vogel den Schlund
deß langen Schnabels/ mit hinein gethanem Stecken voneinander
gethan haͤtte: Damit derohalben ins kuͤnfftig du moͤgeſt ohne Aer-
gernus und Gefahr ſicher beſtehen/ O Bruder/ wird vonnoͤthen ſeyn/
daß du die Fehler wiſſeſt/ welche die Menſchen von dem rechten Weg
dieſer tapfferen Tugend pflegen umbzuwenden. Alſo befleiſſe dich hin-
fuͤro andern guts zubeweiſen/ doch daß du nicht unter dieſem/ dich
derſelben Neigungen und Willen zu einem Sclaven macheſt. Dann
es iſt ein Zeichen der Leichtſinnigkeit und Weichheit/ welche ein ehrli-
ches Gemuͤth in die Strick gefangen nimmet. Du ſolleſt auch deß
Æſopi Hanen kein Edelgeſtein fuͤrwerffen/ welchem angenehmer und
gluͤckreicher ein Gerſtenkoͤrnlein ſeyn wuͤrde/ laſſe dir Gottes Exem-
pel in dieſer Sach ein Lehrſtuͤck ſeyn: Er befeuchtiget mit ſeinem
Regen/ beſcheinet mit ſeiner Sonnen zugleich Gerechte und Unge-
rechte. Doch thut er nicht alle ebner Weiß/ entweders mit dem Re-
gen der Reichthumb begieſſen/ oder mit dem Glantz der Ehren illu-
ſtriren.
Es ſeyn zwar die gemeine Gutthaten einem jeden nicht zu
theilen. Aber die ſonderbare weniger und mit Erwegung. Den an-
dern meinen Bruder hat ſie mit zu viele der Freund verderbt/ in de-
ren Erwehlung er gar offt gefehlet. Warlich die Welt iſt ohne
Freund nichts als ein Wuͤſten. Unter den fuͤrnehmſten Fruͤchten der
Freundſchafft/ iſt nicht die letzte die Linderung und Außriechung
der Angſt und Geſchwulſten deß Hertzens/ welche der Seel Betruͤb-
nuſſen/ es ſeyen was fuͤr es wollen/ pflegen einzutrucken. Wir wiſſen
daß die jenige Kranckheiten deß Leibs zum allermeiſten gefaͤhrlich
ſeyn/ welche auß den Verſtopffungen und Verſteckungen erwachſen.
Es hat ſich die Sach nicht anderſt in den Kranckheiten der Seelen.
Sarſam kanſt du zu der Leber/ Chalybem præparatum oder præ-
parirten
Stachel zu der Miltz/ Flores Sulphuris zu der Lungen/
Caſtoreum zu deß Hirns Verſtopffungen Auffloͤſung gebrauchen.
Aber in den Verſtopffungen deß Hertzens wird kein aufmachende Me-
dicin
gefunden/ außgenommen ein guten Freund/ welchem du die
Schmertzen/ Freuden/ Foꝛcht/ Hoffnung/ Argwohn/ Sorgen/ Rath-
ſchlaͤg/ und was letzlich das Hertz trucken thut/ geben und vertrauen
koͤnneſt/ gleichſam unter dem Sigill der Beicht/ nicht zwar der

Prieſter-
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[755/0797] Von der Kunſt reich zu werden. Tugend der Guͤtigkeit und Liebe/ nicht ohne Fehler ſeye. Es iſt bey dem Jtalianer ein boͤſes Sprichwort: Tanto buon, cheualniente, das iſt/ er iſt ſo gut/ daß er nichts guts iſt. Du wirſt offt Leut ſehen/ die ſchier die Tuͤrcken imitiren, welche gegen den unvernuͤnfftigen Thieren barm hertzig zu ſeyn/ und den Hunden und Voͤgel Allmuſen zu geben gemeldt werden. Als das/ wie Busbequio erzehlt/ ein Vene- tianiſcher Gold ſchmid/ ſo zu Conſtantinopel wohnte/ kaum deß Volcks Wuͤtigkeit entflohen iſt/ weil er einem Vogel den Schlund deß langen Schnabels/ mit hinein gethanem Stecken voneinander gethan haͤtte: Damit derohalben ins kuͤnfftig du moͤgeſt ohne Aer- gernus und Gefahr ſicher beſtehen/ O Bruder/ wird vonnoͤthen ſeyn/ daß du die Fehler wiſſeſt/ welche die Menſchen von dem rechten Weg dieſer tapfferen Tugend pflegen umbzuwenden. Alſo befleiſſe dich hin- fuͤro andern guts zubeweiſen/ doch daß du nicht unter dieſem/ dich derſelben Neigungen und Willen zu einem Sclaven macheſt. Dann es iſt ein Zeichen der Leichtſinnigkeit und Weichheit/ welche ein ehrli- ches Gemuͤth in die Strick gefangen nimmet. Du ſolleſt auch deß Æſopi Hanen kein Edelgeſtein fuͤrwerffen/ welchem angenehmer und gluͤckreicher ein Gerſtenkoͤrnlein ſeyn wuͤrde/ laſſe dir Gottes Exem- pel in dieſer Sach ein Lehrſtuͤck ſeyn: Er befeuchtiget mit ſeinem Regen/ beſcheinet mit ſeiner Sonnen zugleich Gerechte und Unge- rechte. Doch thut er nicht alle ebner Weiß/ entweders mit dem Re- gen der Reichthumb begieſſen/ oder mit dem Glantz der Ehren illu- ſtriren. Es ſeyn zwar die gemeine Gutthaten einem jeden nicht zu theilen. Aber die ſonderbare weniger und mit Erwegung. Den an- dern meinen Bruder hat ſie mit zu viele der Freund verderbt/ in de- ren Erwehlung er gar offt gefehlet. Warlich die Welt iſt ohne Freund nichts als ein Wuͤſten. Unter den fuͤrnehmſten Fruͤchten der Freundſchafft/ iſt nicht die letzte die Linderung und Außriechung der Angſt und Geſchwulſten deß Hertzens/ welche der Seel Betruͤb- nuſſen/ es ſeyen was fuͤr es wollen/ pflegen einzutrucken. Wir wiſſen daß die jenige Kranckheiten deß Leibs zum allermeiſten gefaͤhrlich ſeyn/ welche auß den Verſtopffungen und Verſteckungen erwachſen. Es hat ſich die Sach nicht anderſt in den Kranckheiten der Seelen. Sarſam kanſt du zu der Leber/ Chalybem præparatum oder præ- parirten Stachel zu der Miltz/ Flores Sulphuris zu der Lungen/ Caſtoreum zu deß Hirns Verſtopffungen Auffloͤſung gebrauchen. Aber in den Verſtopffungen deß Hertzens wird kein aufmachende Me- dicin gefunden/ außgenommen ein guten Freund/ welchem du die Schmertzen/ Freuden/ Foꝛcht/ Hoffnung/ Argwohn/ Sorgen/ Rath- ſchlaͤg/ und was letzlich das Hertz trucken thut/ geben und vertrauen koͤnneſt/ gleichſam unter dem Sigill der Beicht/ nicht zwar der Prieſter- B b b ij

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 755. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/797>, abgerufen am 22.11.2024.