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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Teutscher Lucianus.
begehren etwas an mich/ das nicht in meiner Macht stehet. Jch muß
darauff eine Histori erzehlen. Der Duc de Ossuna, gewesener Vice Roy
zu Neapolis/ hat seinen grossen espiris in vielen schertzhafftigen Re-
den und Thaten entdecket. Es hat mir ein grosser Herr erzehlet/ daß er
habe pflegen in die Wirthshäuser zu gehen/ und habe sich für einen ge-
meinen Mann außgegeben/ und hab hören wollen/ was man von ihm
rede? Einsmals sey er in ein Weinhaus kommen/ da haben drey Per-
sonen gesessen/ ein Teutscher und zwey Spanier Der Teutsche sey ein
Uhrmacher gewesen/ und hab gesagt: Jch hab mich in Neapolis wol
befunden. Allein ich werde geneidet/ und man wil mich in meiner Bude
nicht länger leiden. Wann ich noch zwey Jahr könte in Neapolis blei-
ben/ so wolt ich hernach mit freuden in Teutschland reisen. Der eine
Spanier hatte gesagt/ wiltu mir zwanzig Ducaten geben/ so will ich
den Vice Roy deintwegen ansprechen. Denn er ist den Teutschen sehr
wol gewogen Der ander Spanier/ hatte gesagt: Man sagt so viel von
dem Vice Roy, daß er ein weiser und verständiger Herr sey. Jch halte
dafür daß er ein Narr sey. Und das nehm ich daher ab/ weil er ein solch
böses/ und gar nicht schönes Weib genommen hat. Jedoch hatte der
Spanier gesagt/ ich möchte gern einmahl bey ihr schlaffen/ nicht umb
ihrer Schönheit willen/ sondern umb ihres hohen Standes willen.
Der Vice Roy hatte dieses alles angehört/ hatte darzu gelacht/ und die-
sen dreyen ein Glaß Wein zubracht. Des Morgens hatte der Vice Roy
den Uhrmacher zu sich fordern lassen/ und gefragt: Wer gestern bey
ihm gewesen sey? Als der Uhrmacher referit hab/ wer sie seyen/ und
wo sie wohnen/ habe Vice Roy sie gleichfals zu sich fordern lassen. Als
sie zusammen kommen/ hatte der Vice Roy zu dem Urmacher gesagt:
Du hast gestern begehrt/ daß du mögest noch zwey Jahr in Neapolis
bleiben/ du solt nicht nur zwey sondern drey Jahr darinn bleiben/ und
solst mir keine Pension aus deiner Buden geben. Zu dem ersten Spanier
hatte er gesagt: Du hast gestern zwantzig Ducaten begehrt/ daß du
mich des Uhrmachers halben wollest ansprechen/ da hastu zwantzig
Ducaten. Der dritte hatte sich erinnert/ was er von der Gemahlin ge-
redet hab/ hatte demnach einen Fußfall gethan/ und umb Verzeihung
gebeten. Der Vice Roy hatte gesagt: Du Narr was mangelt dir? Stehe
auff. Hatte darauff sein Gemahlin fordern lasse/ und gesagt: Meine
Liebste/ dieser Mann wolte gern einmahl bey euch schlaffen. Die Ge-
mahlin hatte angefangen auff den Vice Roy zu donnern und zu blitzen/
und hatte gefraget: Ob er meyne daß sie eine Hure sey? Der Vice Roy
hatte gesagt zu dem Spanier der noch in grosser Furcht auff den Knien
gesessen hatte: Du guter Mann/ du hettest etwas von mir begeh-
ren sollen/ das in meiner Macht gestanden hette. Allein du siehest wol/
daß das jenige welches du begehrest/ nicht in meiner Macht stehe.

Meine

Teutſcher Lucianus.
begehren etwas an mich/ das nicht in meiner Macht ſtehet. Jch muß
darauff eine Hiſtori erzehlen. Der Duc de Oſſuna, geweſener Vice Roy
zu Neapolis/ hat ſeinen groſſen eſpiris in vielen ſchertzhafftigen Re-
den und Thaten entdecket. Es hat mir ein groſſer Herr erzehlet/ daß er
habe pflegen in die Wirthshaͤuſer zu gehen/ und habe ſich fuͤr einen ge-
meinen Mann außgegeben/ und hab hoͤren wollen/ was man von ihm
rede? Einsmals ſey er in ein Weinhaus kommen/ da haben drey Per-
ſonen geſeſſen/ ein Teutſcher und zwey Spanier Der Teutſche ſey ein
Uhrmacher geweſen/ und hab geſagt: Jch hab mich in Neapolis wol
befunden. Allein ich werde geneidet/ und man wil mich in meiner Bude
nicht laͤnger leiden. Wann ich noch zwey Jahr koͤnte in Neapolis blei-
ben/ ſo wolt ich hernach mit freuden in Teutſchland reiſen. Der eine
Spanier hatte geſagt/ wiltu mir zwanzig Ducaten geben/ ſo will ich
den Vice Roy deintwegen anſprechen. Denn er iſt den Teutſchen ſehr
wol gewogen Der ander Spanier/ hatte geſagt: Man ſagt ſo viel von
dem Vice Roy, daß er ein weiſer und verſtaͤndiger Herr ſey. Jch halte
dafuͤr daß er ein Narr ſey. Und das nehm ich daher ab/ weil er ein ſolch
boͤſes/ und gar nicht ſchoͤnes Weib genommen hat. Jedoch hatte der
Spanier geſagt/ ich moͤchte gern einmahl bey ihr ſchlaffen/ nicht umb
ihrer Schoͤnheit willen/ ſondern umb ihres hohen Standes willen.
Der Vice Roy hatte dieſes alles angehoͤrt/ hatte darzu gelacht/ und die-
ſen dreyen ein Glaß Wein zubracht. Des Morgens hatte der Vice Roy
den Uhrmacher zu ſich fordern laſſen/ und gefragt: Wer geſtern bey
ihm geweſen ſey? Als der Uhrmacher referit hab/ wer ſie ſeyen/ und
wo ſie wohnen/ habe Vice Roy ſie gleichfals zu ſich fordern laſſen. Als
ſie zuſammen kommen/ hatte der Vice Roy zu dem Urmacher geſagt:
Du haſt geſtern begehrt/ daß du moͤgeſt noch zwey Jahr in Neapolis
bleiben/ du ſolt nicht nur zwey ſondern drey Jahr darinn bleiben/ und
ſolſt mir keine Penſion aus deiner Buden geben. Zu dem erſten Spanier
hatte er geſagt: Du haſt geſtern zwantzig Ducaten begehrt/ daß du
mich des Uhrmachers halben wolleſt anſprechen/ da haſtu zwantzig
Ducaten. Der dritte hatte ſich erinnert/ was er von der Gemahlin ge-
redet hab/ hatte demnach einen Fußfall gethan/ und umb Verzeihung
gebeten. Der Vice Roy hatte geſagt: Du Narr was mãgelt dir? Stehe
auff. Hatte darauff ſein Gemahlin fordern laſſe/ und geſagt: Meine
Liebſte/ dieſer Mann wolte gern einmahl bey euch ſchlaffen. Die Ge-
mahlin hatte angefangen auff den Vice Roy zu donnern und zu blitzen/
und hatte gefraget: Ob er meyne daß ſie eine Hure ſey? Der Vice Roy
hatte geſagt zu dem Spanier der noch in groſſer Furcht auff den Knien
geſeſſen hatte: Du guter Mann/ du hetteſt etwas von mir begeh-
ren ſollen/ das in meiner Macht geſtanden hette. Allein du ſieheſt wol/
daß das jenige welches du begehreſt/ nicht in meiner Macht ſtehe.

Meine
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[822/0864] Teutſcher Lucianus. begehren etwas an mich/ das nicht in meiner Macht ſtehet. Jch muß darauff eine Hiſtori erzehlen. Der Duc de Oſſuna, geweſener Vice Roy zu Neapolis/ hat ſeinen groſſen eſpiris in vielen ſchertzhafftigen Re- den und Thaten entdecket. Es hat mir ein groſſer Herr erzehlet/ daß er habe pflegen in die Wirthshaͤuſer zu gehen/ und habe ſich fuͤr einen ge- meinen Mann außgegeben/ und hab hoͤren wollen/ was man von ihm rede? Einsmals ſey er in ein Weinhaus kommen/ da haben drey Per- ſonen geſeſſen/ ein Teutſcher und zwey Spanier Der Teutſche ſey ein Uhrmacher geweſen/ und hab geſagt: Jch hab mich in Neapolis wol befunden. Allein ich werde geneidet/ und man wil mich in meiner Bude nicht laͤnger leiden. Wann ich noch zwey Jahr koͤnte in Neapolis blei- ben/ ſo wolt ich hernach mit freuden in Teutſchland reiſen. Der eine Spanier hatte geſagt/ wiltu mir zwanzig Ducaten geben/ ſo will ich den Vice Roy deintwegen anſprechen. Denn er iſt den Teutſchen ſehr wol gewogen Der ander Spanier/ hatte geſagt: Man ſagt ſo viel von dem Vice Roy, daß er ein weiſer und verſtaͤndiger Herr ſey. Jch halte dafuͤr daß er ein Narr ſey. Und das nehm ich daher ab/ weil er ein ſolch boͤſes/ und gar nicht ſchoͤnes Weib genommen hat. Jedoch hatte der Spanier geſagt/ ich moͤchte gern einmahl bey ihr ſchlaffen/ nicht umb ihrer Schoͤnheit willen/ ſondern umb ihres hohen Standes willen. Der Vice Roy hatte dieſes alles angehoͤrt/ hatte darzu gelacht/ und die- ſen dreyen ein Glaß Wein zubracht. Des Morgens hatte der Vice Roy den Uhrmacher zu ſich fordern laſſen/ und gefragt: Wer geſtern bey ihm geweſen ſey? Als der Uhrmacher referit hab/ wer ſie ſeyen/ und wo ſie wohnen/ habe Vice Roy ſie gleichfals zu ſich fordern laſſen. Als ſie zuſammen kommen/ hatte der Vice Roy zu dem Urmacher geſagt: Du haſt geſtern begehrt/ daß du moͤgeſt noch zwey Jahr in Neapolis bleiben/ du ſolt nicht nur zwey ſondern drey Jahr darinn bleiben/ und ſolſt mir keine Penſion aus deiner Buden geben. Zu dem erſten Spanier hatte er geſagt: Du haſt geſtern zwantzig Ducaten begehrt/ daß du mich des Uhrmachers halben wolleſt anſprechen/ da haſtu zwantzig Ducaten. Der dritte hatte ſich erinnert/ was er von der Gemahlin ge- redet hab/ hatte demnach einen Fußfall gethan/ und umb Verzeihung gebeten. Der Vice Roy hatte geſagt: Du Narr was mãgelt dir? Stehe auff. Hatte darauff ſein Gemahlin fordern laſſe/ und geſagt: Meine Liebſte/ dieſer Mann wolte gern einmahl bey euch ſchlaffen. Die Ge- mahlin hatte angefangen auff den Vice Roy zu donnern und zu blitzen/ und hatte gefraget: Ob er meyne daß ſie eine Hure ſey? Der Vice Roy hatte geſagt zu dem Spanier der noch in groſſer Furcht auff den Knien geſeſſen hatte: Du guter Mann/ du hetteſt etwas von mir begeh- ren ſollen/ das in meiner Macht geſtanden hette. Allein du ſieheſt wol/ daß das jenige welches du begehreſt/ nicht in meiner Macht ſtehe. Meine

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 822. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/864>, abgerufen am 22.11.2024.