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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839.

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sich ihm Machaon, der Bruder des Podalirius, entgegen,
der schon den Tod des Nireus voll Zorn mit angesehen
hatte. Er stieß dem Räuber seinen Speer in die mäch¬
tige Schulter, daß das Blut herausströmte. Eurypylus
aber drang, wie ein verwundeter Eber, auf Machaon ein;
dieser suchte ihn mit einem Steinwurfe abzuwehren, aber
der Helm schützte jenen, und nun stieß der Sohn des
Telephus dem Griechen schnell wie der Blitz den Speer
mitten in die Brust, daß die blutige Spitze bis zum Rück¬
grat durchdrang, und Machaon klirrend auf den Boden
fiel. Eurypylus zog die Lanze aus dem Leibe des Er¬
schlagenen, und wandte sich höhnend wieder in die Schlacht.

Teucer, der die beiden hatte fallen sehen, rief die
Griechen auf, um ihre Leichname zu kämpfen. Zuletzt
aber erlagen sie den Trojanern. Nachdem der Lokrer
Ajax von Aeneas mit einem Steine hart verwundet und
zu Boden gestreckt war, mußten die Achiver den schwach¬
athmenden Helden aus der Schlacht tragen, und zogen
sich alle nach dem Schiffe zurück; die Trojaner richteten
unter den Fliehenden eine große Niederlage an. Ja, sie
hätten die Schiffe selbst durchs Feuer vernichtet, wenn
die Nacht nicht dazwischen gekommen wäre. So aber zog
sich der siegreiche Mysier mit den Seinigen vor dem ein¬
brechenden Dunkel zurück zu den Mündungen des Simois,
wo er freudig sein Nachtlager aufschlug. Die Danaer
dagegen, auf dem sandigen Ufer bei ihren Schiffen gela¬
gert, seufzten die ganze Nacht durch vor Schmerz, und
beklagten das Loos der unzähligen Brüder, die sie im
Kampfe verloren hatten.

Aber kaum glühte die Morgenröthe am Himmel, als
auch die Griechen schon wieder aufbrachen, voll Begierde,

ſich ihm Machaon, der Bruder des Podalirius, entgegen,
der ſchon den Tod des Nireus voll Zorn mit angeſehen
hatte. Er ſtieß dem Räuber ſeinen Speer in die mäch¬
tige Schulter, daß das Blut herausſtrömte. Eurypylus
aber drang, wie ein verwundeter Eber, auf Machaon ein;
dieſer ſuchte ihn mit einem Steinwurfe abzuwehren, aber
der Helm ſchützte jenen, und nun ſtieß der Sohn des
Telephus dem Griechen ſchnell wie der Blitz den Speer
mitten in die Bruſt, daß die blutige Spitze bis zum Rück¬
grat durchdrang, und Machaon klirrend auf den Boden
fiel. Eurypylus zog die Lanze aus dem Leibe des Er¬
ſchlagenen, und wandte ſich höhnend wieder in die Schlacht.

Teucer, der die beiden hatte fallen ſehen, rief die
Griechen auf, um ihre Leichname zu kämpfen. Zuletzt
aber erlagen ſie den Trojanern. Nachdem der Lokrer
Ajax von Aeneas mit einem Steine hart verwundet und
zu Boden geſtreckt war, mußten die Achiver den ſchwach¬
athmenden Helden aus der Schlacht tragen, und zogen
ſich alle nach dem Schiffe zurück; die Trojaner richteten
unter den Fliehenden eine große Niederlage an. Ja, ſie
hätten die Schiffe ſelbſt durchs Feuer vernichtet, wenn
die Nacht nicht dazwiſchen gekommen wäre. So aber zog
ſich der ſiegreiche Myſier mit den Seinigen vor dem ein¬
brechenden Dunkel zurück zu den Mündungen des Simois,
wo er freudig ſein Nachtlager aufſchlug. Die Danaer
dagegen, auf dem ſandigen Ufer bei ihren Schiffen gela¬
gert, ſeufzten die ganze Nacht durch vor Schmerz, und
beklagten das Loos der unzähligen Brüder, die ſie im
Kampfe verloren hatten.

Aber kaum glühte die Morgenröthe am Himmel, als
auch die Griechen ſchon wieder aufbrachen, voll Begierde,

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[372/0394] ſich ihm Machaon, der Bruder des Podalirius, entgegen, der ſchon den Tod des Nireus voll Zorn mit angeſehen hatte. Er ſtieß dem Räuber ſeinen Speer in die mäch¬ tige Schulter, daß das Blut herausſtrömte. Eurypylus aber drang, wie ein verwundeter Eber, auf Machaon ein; dieſer ſuchte ihn mit einem Steinwurfe abzuwehren, aber der Helm ſchützte jenen, und nun ſtieß der Sohn des Telephus dem Griechen ſchnell wie der Blitz den Speer mitten in die Bruſt, daß die blutige Spitze bis zum Rück¬ grat durchdrang, und Machaon klirrend auf den Boden fiel. Eurypylus zog die Lanze aus dem Leibe des Er¬ ſchlagenen, und wandte ſich höhnend wieder in die Schlacht. Teucer, der die beiden hatte fallen ſehen, rief die Griechen auf, um ihre Leichname zu kämpfen. Zuletzt aber erlagen ſie den Trojanern. Nachdem der Lokrer Ajax von Aeneas mit einem Steine hart verwundet und zu Boden geſtreckt war, mußten die Achiver den ſchwach¬ athmenden Helden aus der Schlacht tragen, und zogen ſich alle nach dem Schiffe zurück; die Trojaner richteten unter den Fliehenden eine große Niederlage an. Ja, ſie hätten die Schiffe ſelbſt durchs Feuer vernichtet, wenn die Nacht nicht dazwiſchen gekommen wäre. So aber zog ſich der ſiegreiche Myſier mit den Seinigen vor dem ein¬ brechenden Dunkel zurück zu den Mündungen des Simois, wo er freudig ſein Nachtlager aufſchlug. Die Danaer dagegen, auf dem ſandigen Ufer bei ihren Schiffen gela¬ gert, ſeufzten die ganze Nacht durch vor Schmerz, und beklagten das Loos der unzähligen Brüder, die ſie im Kampfe verloren hatten. Aber kaum glühte die Morgenröthe am Himmel, als auch die Griechen ſchon wieder aufbrachen, voll Begierde,

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/394>, abgerufen am 22.11.2024.