mich bezwungen. Wie man den Stier an der Krippe erschlägt, hat mich mein Weib Klytämnestra mit ihrem Buhlen Aegisthus im Bade erschlagen, mich, der ich nach Hause voll Sehnsucht nach Frau und Kindern gekommen war. Darum rathe ich dir, Odysseus, zeige dich nicht allzugefällig gegen die Gattin, vertrau' ihr aus Zärtlichkeit nicht ein jegliches Geheimniß an. Doch du hast ein verständiges und tugendhaftes Weib, du Glücklicher! Und das Knäblein, das an ihrer Brust lag, als wir Griechenland verließen, dein Telemachus, wird, als Jüngling, voll herzlicher, voll kindlicher Liebe seinen Vater empfangen. Mein ruchloses Weib hat mir nicht einmal gegönnt, die Augen an dem Anblicke meines Sohnes zu laben, bevor sie mich ermordete! Dennoch rathe ich dir, heimlich und nicht öffentlich, am Gestade Ithaka's zu landen: denn es ist doch keinem Weibe zu trauen!"
Mit diesem finstern Worte wandte sich der Schatten um, und verschwand. Nun kamen die Seelen des Achilles und seines Freundes Patroklus, des Antilochus und des großen Ajax. Zuerst trank Achilles, erkannte mich und staunte. Ich erzählte ihm warum ich gekommen. Als ich aber den berühmtesten Griechen auch im Hades, als Gebieter der Geister, selig pries, erwiederte er mißmuthig: "Sprich mir nichts Tröstliches vom Tode, Odysseus! Lieber wollte ich als Taglöhner auf Erden das Feld be¬ stellen, ohne Eigenthum und Erbe, als über die sämmt¬ liche Schaar der Todten herrschen!" Dann mußte ich ihm vom Heldenleben seines Sohnes Neoptolemus erzäh¬ len, und als er viel Gutes und Rühmliches über ihn vernommen, wandelte der erhabene Schatten zufriedenen
mich bezwungen. Wie man den Stier an der Krippe erſchlägt, hat mich mein Weib Klytämneſtra mit ihrem Buhlen Aegiſthus im Bade erſchlagen, mich, der ich nach Hauſe voll Sehnſucht nach Frau und Kindern gekommen war. Darum rathe ich dir, Odyſſeus, zeige dich nicht allzugefällig gegen die Gattin, vertrau' ihr aus Zärtlichkeit nicht ein jegliches Geheimniß an. Doch du haſt ein verſtändiges und tugendhaftes Weib, du Glücklicher! Und das Knäblein, das an ihrer Bruſt lag, als wir Griechenland verließen, dein Telemachus, wird, als Jüngling, voll herzlicher, voll kindlicher Liebe ſeinen Vater empfangen. Mein ruchloſes Weib hat mir nicht einmal gegönnt, die Augen an dem Anblicke meines Sohnes zu laben, bevor ſie mich ermordete! Dennoch rathe ich dir, heimlich und nicht öffentlich, am Geſtade Ithaka's zu landen: denn es iſt doch keinem Weibe zu trauen!“
Mit dieſem finſtern Worte wandte ſich der Schatten um, und verſchwand. Nun kamen die Seelen des Achilles und ſeines Freundes Patroklus, des Antilochus und des großen Ajax. Zuerſt trank Achilles, erkannte mich und ſtaunte. Ich erzählte ihm warum ich gekommen. Als ich aber den berühmteſten Griechen auch im Hades, als Gebieter der Geiſter, ſelig pries, erwiederte er mißmuthig: „Sprich mir nichts Tröſtliches vom Tode, Odyſſeus! Lieber wollte ich als Taglöhner auf Erden das Feld be¬ ſtellen, ohne Eigenthum und Erbe, als über die ſämmt¬ liche Schaar der Todten herrſchen!“ Dann mußte ich ihm vom Heldenleben ſeines Sohnes Neoptolemus erzäh¬ len, und als er viel Gutes und Rühmliches über ihn vernommen, wandelte der erhabene Schatten zufriedenen
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mich bezwungen. Wie man den Stier an der Krippe
erſchlägt, hat mich mein Weib Klytämneſtra mit ihrem
Buhlen Aegiſthus im Bade erſchlagen, mich, der ich
nach Hauſe voll Sehnſucht nach Frau und Kindern
gekommen war. Darum rathe ich dir, Odyſſeus, zeige
dich nicht allzugefällig gegen die Gattin, vertrau' ihr
aus Zärtlichkeit nicht ein jegliches Geheimniß an. Doch
du haſt ein verſtändiges und tugendhaftes Weib, du
Glücklicher! Und das Knäblein, das an ihrer Bruſt
lag, als wir Griechenland verließen, dein Telemachus,
wird, als Jüngling, voll herzlicher, voll kindlicher Liebe
ſeinen Vater empfangen. Mein ruchloſes Weib hat mir
nicht einmal gegönnt, die Augen an dem Anblicke meines
Sohnes zu laben, bevor ſie mich ermordete! Dennoch
rathe ich dir, heimlich und nicht öffentlich, am Geſtade
Ithaka's zu landen: denn es iſt doch keinem Weibe zu
trauen!“
Mit dieſem finſtern Worte wandte ſich der Schatten
um, und verſchwand. Nun kamen die Seelen des Achilles
und ſeines Freundes Patroklus, des Antilochus und des
großen Ajax. Zuerſt trank Achilles, erkannte mich und
ſtaunte. Ich erzählte ihm warum ich gekommen. Als
ich aber den berühmteſten Griechen auch im Hades, als
Gebieter der Geiſter, ſelig pries, erwiederte er mißmuthig:
„Sprich mir nichts Tröſtliches vom Tode, Odyſſeus!
Lieber wollte ich als Taglöhner auf Erden das Feld be¬
ſtellen, ohne Eigenthum und Erbe, als über die ſämmt¬
liche Schaar der Todten herrſchen!“ Dann mußte ich
ihm vom Heldenleben ſeines Sohnes Neoptolemus erzäh¬
len, und als er viel Gutes und Rühmliches über ihn
vernommen, wandelte der erhabene Schatten zufriedenen
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 3. Stuttgart, 1840, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen03_1840/179>, abgerufen am 22.11.2024.
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