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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 3. Stuttgart, 1840.

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sich vielmehr jeder mit der Kost, mit der uns die gute
Circe versorgt hat!" Diesen Eid leisteten mir Alle willig;
darauf ließen wir das Fahrzeug in eine Bucht einlaufen,
aus der sich süßes Wasser in die gesalzene Fluth ergoß.
Alle stiegen aus dem Schiff, und es währte nicht lange,
so war das Nachtessen bereit. Nach dem Mahle bewein¬
ten wir die Freunde, welche von der Scylla verschlungen
worden waren, aber mitten unter den Thränen über¬
wältigte uns müde Seefahrer der Schlummer.

Es mochte noch ein Drittel der Nacht übrig seyn,
als Jupiter einen entsetzlichen Sturm sandte, so daß wir
mit der Morgenröthe eilig unser Fahrzeug in eine Meer¬
grotte in Sicherheit brachten. Noch einmal warnte ich
die Genossen vor dem Rindermorde, denn bei der unge¬
stümen Witterung sahen wir einem längeren Aufenthalte
auf der Insel entgegen. Auch verweilten wir wirklich
einen vollen Monat allda, weil beständiger Südwind
blies, der nur auf kurze Zeit mit dem Ostwind abwech¬
selte; es war uns aber einer entgegen, wie der andere.
So lange von Circe's Vorrath noch Speise und Wein
übrig war, hatte es keine Noth. Als wir aber alle Nah¬
rung aufgezehrt hatten und der Hunger bei uns sich ein¬
stellte, gingen meine Begleiter anfangs auf den Fisch-
und Vogelfang aus, und ich selbst machte auch einen
Ausflug längs dem Ufer, ob mir kein Gott oder kein
Sterblicher begegnen möchte, der mir einen Ausweg aus
dieser Noth anzeigte. Als ich weit genug von den Freun¬
den entfernt war, und mich ganz in der Einsamkeit sah,
wusch ich meine Hände, um sie rein emporstrecken zu
können, in der Fluth, warf mich demüthig auf die Kniee

ſich vielmehr jeder mit der Koſt, mit der uns die gute
Circe verſorgt hat!“ Dieſen Eid leiſteten mir Alle willig;
darauf ließen wir das Fahrzeug in eine Bucht einlaufen,
aus der ſich ſüßes Waſſer in die geſalzene Fluth ergoß.
Alle ſtiegen aus dem Schiff, und es währte nicht lange,
ſo war das Nachteſſen bereit. Nach dem Mahle bewein¬
ten wir die Freunde, welche von der Scylla verſchlungen
worden waren, aber mitten unter den Thränen über¬
wältigte uns müde Seefahrer der Schlummer.

Es mochte noch ein Drittel der Nacht übrig ſeyn,
als Jupiter einen entſetzlichen Sturm ſandte, ſo daß wir
mit der Morgenröthe eilig unſer Fahrzeug in eine Meer¬
grotte in Sicherheit brachten. Noch einmal warnte ich
die Genoſſen vor dem Rindermorde, denn bei der unge¬
ſtümen Witterung ſahen wir einem längeren Aufenthalte
auf der Inſel entgegen. Auch verweilten wir wirklich
einen vollen Monat allda, weil beſtändiger Südwind
blies, der nur auf kurze Zeit mit dem Oſtwind abwech¬
ſelte; es war uns aber einer entgegen, wie der andere.
So lange von Circe's Vorrath noch Speiſe und Wein
übrig war, hatte es keine Noth. Als wir aber alle Nah¬
rung aufgezehrt hatten und der Hunger bei uns ſich ein¬
ſtellte, gingen meine Begleiter anfangs auf den Fiſch-
und Vogelfang aus, und ich ſelbſt machte auch einen
Ausflug längs dem Ufer, ob mir kein Gott oder kein
Sterblicher begegnen möchte, der mir einen Ausweg aus
dieſer Noth anzeigte. Als ich weit genug von den Freun¬
den entfernt war, und mich ganz in der Einſamkeit ſah,
wuſch ich meine Hände, um ſie rein emporſtrecken zu
können, in der Fluth, warf mich demüthig auf die Kniee

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[166/0188] ſich vielmehr jeder mit der Koſt, mit der uns die gute Circe verſorgt hat!“ Dieſen Eid leiſteten mir Alle willig; darauf ließen wir das Fahrzeug in eine Bucht einlaufen, aus der ſich ſüßes Waſſer in die geſalzene Fluth ergoß. Alle ſtiegen aus dem Schiff, und es währte nicht lange, ſo war das Nachteſſen bereit. Nach dem Mahle bewein¬ ten wir die Freunde, welche von der Scylla verſchlungen worden waren, aber mitten unter den Thränen über¬ wältigte uns müde Seefahrer der Schlummer. Es mochte noch ein Drittel der Nacht übrig ſeyn, als Jupiter einen entſetzlichen Sturm ſandte, ſo daß wir mit der Morgenröthe eilig unſer Fahrzeug in eine Meer¬ grotte in Sicherheit brachten. Noch einmal warnte ich die Genoſſen vor dem Rindermorde, denn bei der unge¬ ſtümen Witterung ſahen wir einem längeren Aufenthalte auf der Inſel entgegen. Auch verweilten wir wirklich einen vollen Monat allda, weil beſtändiger Südwind blies, der nur auf kurze Zeit mit dem Oſtwind abwech¬ ſelte; es war uns aber einer entgegen, wie der andere. So lange von Circe's Vorrath noch Speiſe und Wein übrig war, hatte es keine Noth. Als wir aber alle Nah¬ rung aufgezehrt hatten und der Hunger bei uns ſich ein¬ ſtellte, gingen meine Begleiter anfangs auf den Fiſch- und Vogelfang aus, und ich ſelbſt machte auch einen Ausflug längs dem Ufer, ob mir kein Gott oder kein Sterblicher begegnen möchte, der mir einen Ausweg aus dieſer Noth anzeigte. Als ich weit genug von den Freun¬ den entfernt war, und mich ganz in der Einſamkeit ſah, wuſch ich meine Hände, um ſie rein emporſtrecken zu können, in der Fluth, warf mich demüthig auf die Kniee

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 3. Stuttgart, 1840, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen03_1840/188>, abgerufen am 22.11.2024.