Geschäft ab, hüpfte vor Freuden auf und rauschte in den schallenden Waffen einher. Der greise Latinus selbst mußte staunen, wie er die zwei gewaltigen Männer, aus zwei verschiedenen Welttheilen stammend, auf einander zu¬ schreiten sah, um den Hader durch das Schwert zu ent¬ scheiden.
Jene beiden aber stürzten, wo von den zurückwei¬ chenden Streitern ein offener Platz im Gefilde gelassen war, in reißendem Lauf hervor, warfen die Speere ge¬ geneinander und rannten dann mit Schild und Schwert zum Kampfe an, daß der Grund erbebte. Nun folgte Hieb auf Hieb; die Kämpfenden riefen Glück und Tapferkeit zu Hülfe. Endlich streckte sich Turnus mit ganzem Leibe hervor und langte zuversichtlich, sich bloß gebend, zu einem entscheidenden Schwertstreiche aus. Trojaner und Latiner, in banger Erwartung, schrieen laut auf. Aber die treulose Klinge brach dem Rutuler mitten im Hiebe, und gab ihn preis, wenn er nicht das Heil in der Flucht suchte! Als er nämlich beim Wieder¬ ausbruche des Krieges den Streitwagen bestieg, da hatte Turnus in der Eile an der Stelle seines vom Vater ererbten Wunderschwertes die Klinge seines Wagenlen¬ kers Metiskus ergriffen. Diese hielt ihm auch gut aus, so lange er nur in den Rücken flüchtiger Trojaner ein¬ zuhauen hatte; aber sie war eben doch nur ein menschliches Schwert, und als sie auf der von dem Gotte Vulkanus geschmiedeten Wehr des Helden Aeneas aufzusitzen kam, brach sie ihm wie mürbes Eisen mitten im Streich ent¬ zwei und die Stücke lagen schimmernd im gelben Sande.
Nun warf sich Turnus, unsicher kreisend, bald da, bald dorthin auf die Flucht, doch konnte er nicht entrin¬
Geſchäft ab, hüpfte vor Freuden auf und rauſchte in den ſchallenden Waffen einher. Der greiſe Latinus ſelbſt mußte ſtaunen, wie er die zwei gewaltigen Männer, aus zwei verſchiedenen Welttheilen ſtammend, auf einander zu¬ ſchreiten ſah, um den Hader durch das Schwert zu ent¬ ſcheiden.
Jene beiden aber ſtürzten, wo von den zurückwei¬ chenden Streitern ein offener Platz im Gefilde gelaſſen war, in reißendem Lauf hervor, warfen die Speere ge¬ geneinander und rannten dann mit Schild und Schwert zum Kampfe an, daß der Grund erbebte. Nun folgte Hieb auf Hieb; die Kämpfenden riefen Glück und Tapferkeit zu Hülfe. Endlich ſtreckte ſich Turnus mit ganzem Leibe hervor und langte zuverſichtlich, ſich bloß gebend, zu einem entſcheidenden Schwertſtreiche aus. Trojaner und Latiner, in banger Erwartung, ſchrieen laut auf. Aber die treuloſe Klinge brach dem Rutuler mitten im Hiebe, und gab ihn preis, wenn er nicht das Heil in der Flucht ſuchte! Als er nämlich beim Wieder¬ ausbruche des Krieges den Streitwagen beſtieg, da hatte Turnus in der Eile an der Stelle ſeines vom Vater ererbten Wunderſchwertes die Klinge ſeines Wagenlen¬ kers Metiſkus ergriffen. Dieſe hielt ihm auch gut aus, ſo lange er nur in den Rücken flüchtiger Trojaner ein¬ zuhauen hatte; aber ſie war eben doch nur ein menſchliches Schwert, und als ſie auf der von dem Gotte Vulkanus geſchmiedeten Wehr des Helden Aeneas aufzuſitzen kam, brach ſie ihm wie mürbes Eiſen mitten im Streich ent¬ zwei und die Stücke lagen ſchimmernd im gelben Sande.
Nun warf ſich Turnus, unſicher kreiſend, bald da, bald dorthin auf die Flucht, doch konnte er nicht entrin¬
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Geſchäft ab, hüpfte vor Freuden auf und rauſchte in
den ſchallenden Waffen einher. Der greiſe Latinus ſelbſt
mußte ſtaunen, wie er die zwei gewaltigen Männer, aus
zwei verſchiedenen Welttheilen ſtammend, auf einander zu¬
ſchreiten ſah, um den Hader durch das Schwert zu ent¬
ſcheiden.
Jene beiden aber ſtürzten, wo von den zurückwei¬
chenden Streitern ein offener Platz im Gefilde gelaſſen
war, in reißendem Lauf hervor, warfen die Speere ge¬
geneinander und rannten dann mit Schild und Schwert
zum Kampfe an, daß der Grund erbebte. Nun folgte
Hieb auf Hieb; die Kämpfenden riefen Glück und
Tapferkeit zu Hülfe. Endlich ſtreckte ſich Turnus mit
ganzem Leibe hervor und langte zuverſichtlich, ſich bloß
gebend, zu einem entſcheidenden Schwertſtreiche aus.
Trojaner und Latiner, in banger Erwartung, ſchrieen
laut auf. Aber die treuloſe Klinge brach dem Rutuler
mitten im Hiebe, und gab ihn preis, wenn er nicht das
Heil in der Flucht ſuchte! Als er nämlich beim Wieder¬
ausbruche des Krieges den Streitwagen beſtieg, da hatte
Turnus in der Eile an der Stelle ſeines vom Vater
ererbten Wunderſchwertes die Klinge ſeines Wagenlen¬
kers Metiſkus ergriffen. Dieſe hielt ihm auch gut aus,
ſo lange er nur in den Rücken flüchtiger Trojaner ein¬
zuhauen hatte; aber ſie war eben doch nur ein menſchliches
Schwert, und als ſie auf der von dem Gotte Vulkanus
geſchmiedeten Wehr des Helden Aeneas aufzuſitzen kam,
brach ſie ihm wie mürbes Eiſen mitten im Streich ent¬
zwei und die Stücke lagen ſchimmernd im gelben Sande.
Nun warf ſich Turnus, unſicher kreiſend, bald da,
bald dorthin auf die Flucht, doch konnte er nicht entrin¬
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 3. Stuttgart, 1840, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen03_1840/456>, abgerufen am 22.11.2024.
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