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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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II. Abschnitt. Forstpolizei.

Für den kleinen Waldbesitzer ist ferner die Übernahme der Be-
wirtschaftung
oder der Forsteinrichtungsarbeiten durch Staatsforst-
beamte
wertvoll, weil er sich auf diese Weise gegen mässige Entschädi-
gung einen sachkundigen Berater verschaffen kann. Der nebenamtlichen
Thätigkeit der Staatsforstbeamten wird daher in dieser Richtung, soweit
es die dienstlichen Rücksichten gestatten, keinerlei Hindernis bereitet.
Eine besondere fördernde Bestimmung hierüber findet sich in Russland. 1)

In fast allen Staaten erhalten die Anwärter für den Staatsforst-
verwaltungsdienst Urlaub, um auf Wunsch der Privatforstbesitzer die
Verwaltung ihrer Forsten zu übernehmen oder die Einrichtung der-
selben zu besorgen. Die sächsische Forsteinrichtungsanstalt übernimmt
statutengemäss solche Arbeiten für Privatwaldbesitzer gegen mässige
Entschädigung.

Als Massregeln der Forstpolizei im engeren Sinne kommen hin-
sichtlich jener Privatwaldungen, welche nicht als Schutzwaldungen
weitergehenden Beschränkungen unterliegen, folgende in Betracht:

1. Rodungsverbot, d. h. das Verbot, die bisher forstwirtschaft-
lich benutzten Flächen nach Entfernung des Waldbestandes dauernd
einer anderen Benutzungsweise zuzuführen.

Das Rodungsverbot ist innerhalb und ausserhalb Deutschlands gegen-
wärtig noch sehr verbreitet, jedoch nicht in der Form eines unbe-
dingten
Verbotes, sondern in der Weise, dass entweder nur die vor-
herige Anzeige der beabsichtigten Rodung oder die Bitte um Genehmi-
gung gefordert wird, auf welche hin unter bestimmten Voraussetzungen
die Erlaubnis zur Vornahme derselben erfolgt. 2)

Die Bedingungen, unter denen diese Erlaubnis gewährt werden
soll oder muss, sind gewöhnlich in den Gesetzen angeführt; meist ist
hierfür vorausgesetzt, dass Grund und Boden bei einer anderen Be-
nutzungsweise unzweifelhaft einen überwiegenden Vorteil gewährt und

preussischen und bayerischen Gesetzen sind "Förderung der Waldkultur und Auf-
forstungen" speziell genannt, in Hessen sind allgemeine Landeskulturzwecke als die
Aufgabe bezeichnet Der Zinsfuss beträgt in Bayern allgemein 33/4 Proz., in Preussen
41/2 Proz. als Maximum, zur Amortisation wird in beiden Staaten jährlich 1/2 Proz.
gezahlt.
1) Russland, Forstordnung vom 1876, Art. 566: Den Waldbesitzern ist es
gestattet, auf Grund freier Vereinbarung und mit Einwilligung der Forstverwaltung
Kronförster zur Übernahme der Verwaltung ihrer Wälder aufzufordern. Art. 567:
Diejenigen Kronförster, welche derartige Verwaltungen übernehmen, geniessen alle
durch Art 286 der Dienstordnung festgesetzten Rechte des Krondienstes.
2) Baden, Gesetz vom 27. IV. 1854 § 89: Zur Ausstockung eines Waldes oder
eines Teiles desselben ist die Genehmigung der Staatsforstbehörde erforderlich. (Vgl.
die Vollzugsverordnung hierzu vom 30. I. 1855, Ziff. 4.)
Württemberg, Gesetz von 1879, Art. 5: Bei Prüfung solcher Gesuche sind
die klimatischen und forstpolizeilichen Rücksichten, insbesondere der den neben-
liegenden Waldungen zu gewährende Schutz in Betracht zu ziehen.
II. Abschnitt. Forstpolizei.

Für den kleinen Waldbesitzer ist ferner die Übernahme der Be-
wirtschaftung
oder der Forsteinrichtungsarbeiten durch Staatsforst-
beamte
wertvoll, weil er sich auf diese Weise gegen mäſsige Entschädi-
gung einen sachkundigen Berater verschaffen kann. Der nebenamtlichen
Thätigkeit der Staatsforstbeamten wird daher in dieser Richtung, soweit
es die dienstlichen Rücksichten gestatten, keinerlei Hindernis bereitet.
Eine besondere fördernde Bestimmung hierüber findet sich in Ruſsland. 1)

In fast allen Staaten erhalten die Anwärter für den Staatsforst-
verwaltungsdienst Urlaub, um auf Wunsch der Privatforstbesitzer die
Verwaltung ihrer Forsten zu übernehmen oder die Einrichtung der-
selben zu besorgen. Die sächsische Forsteinrichtungsanstalt übernimmt
statutengemäſs solche Arbeiten für Privatwaldbesitzer gegen mäſsige
Entschädigung.

Als Maſsregeln der Forstpolizei im engeren Sinne kommen hin-
sichtlich jener Privatwaldungen, welche nicht als Schutzwaldungen
weitergehenden Beschränkungen unterliegen, folgende in Betracht:

1. Rodungsverbot, d. h. das Verbot, die bisher forstwirtschaft-
lich benutzten Flächen nach Entfernung des Waldbestandes dauernd
einer anderen Benutzungsweise zuzuführen.

Das Rodungsverbot ist innerhalb und auſserhalb Deutschlands gegen-
wärtig noch sehr verbreitet, jedoch nicht in der Form eines unbe-
dingten
Verbotes, sondern in der Weise, daſs entweder nur die vor-
herige Anzeige der beabsichtigten Rodung oder die Bitte um Genehmi-
gung gefordert wird, auf welche hin unter bestimmten Voraussetzungen
die Erlaubnis zur Vornahme derselben erfolgt. 2)

Die Bedingungen, unter denen diese Erlaubnis gewährt werden
soll oder muſs, sind gewöhnlich in den Gesetzen angeführt; meist ist
hierfür vorausgesetzt, daſs Grund und Boden bei einer anderen Be-
nutzungsweise unzweifelhaft einen überwiegenden Vorteil gewährt und

preuſsischen und bayerischen Gesetzen sind „Förderung der Waldkultur und Auf-
forstungen“ speziell genannt, in Hessen sind allgemeine Landeskulturzwecke als die
Aufgabe bezeichnet Der Zinsfuſs beträgt in Bayern allgemein 3¾ Proz., in Preuſsen
4½ Proz. als Maximum, zur Amortisation wird in beiden Staaten jährlich ½ Proz.
gezahlt.
1) Ruſsland, Forstordnung vom 1876, Art. 566: Den Waldbesitzern ist es
gestattet, auf Grund freier Vereinbarung und mit Einwilligung der Forstverwaltung
Kronförster zur Übernahme der Verwaltung ihrer Wälder aufzufordern. Art. 567:
Diejenigen Kronförster, welche derartige Verwaltungen übernehmen, genieſsen alle
durch Art 286 der Dienstordnung festgesetzten Rechte des Krondienstes.
2) Baden, Gesetz vom 27. IV. 1854 § 89: Zur Ausstockung eines Waldes oder
eines Teiles desselben ist die Genehmigung der Staatsforstbehörde erforderlich. (Vgl.
die Vollzugsverordnung hierzu vom 30. I. 1855, Ziff. 4.)
Württemberg, Gesetz von 1879, Art. 5: Bei Prüfung solcher Gesuche sind
die klimatischen und forstpolizeilichen Rücksichten, insbesondere der den neben-
liegenden Waldungen zu gewährende Schutz in Betracht zu ziehen.
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[247/0265] II. Abschnitt. Forstpolizei. Für den kleinen Waldbesitzer ist ferner die Übernahme der Be- wirtschaftung oder der Forsteinrichtungsarbeiten durch Staatsforst- beamte wertvoll, weil er sich auf diese Weise gegen mäſsige Entschädi- gung einen sachkundigen Berater verschaffen kann. Der nebenamtlichen Thätigkeit der Staatsforstbeamten wird daher in dieser Richtung, soweit es die dienstlichen Rücksichten gestatten, keinerlei Hindernis bereitet. Eine besondere fördernde Bestimmung hierüber findet sich in Ruſsland. 1) In fast allen Staaten erhalten die Anwärter für den Staatsforst- verwaltungsdienst Urlaub, um auf Wunsch der Privatforstbesitzer die Verwaltung ihrer Forsten zu übernehmen oder die Einrichtung der- selben zu besorgen. Die sächsische Forsteinrichtungsanstalt übernimmt statutengemäſs solche Arbeiten für Privatwaldbesitzer gegen mäſsige Entschädigung. Als Maſsregeln der Forstpolizei im engeren Sinne kommen hin- sichtlich jener Privatwaldungen, welche nicht als Schutzwaldungen weitergehenden Beschränkungen unterliegen, folgende in Betracht: 1. Rodungsverbot, d. h. das Verbot, die bisher forstwirtschaft- lich benutzten Flächen nach Entfernung des Waldbestandes dauernd einer anderen Benutzungsweise zuzuführen. Das Rodungsverbot ist innerhalb und auſserhalb Deutschlands gegen- wärtig noch sehr verbreitet, jedoch nicht in der Form eines unbe- dingten Verbotes, sondern in der Weise, daſs entweder nur die vor- herige Anzeige der beabsichtigten Rodung oder die Bitte um Genehmi- gung gefordert wird, auf welche hin unter bestimmten Voraussetzungen die Erlaubnis zur Vornahme derselben erfolgt. 2) Die Bedingungen, unter denen diese Erlaubnis gewährt werden soll oder muſs, sind gewöhnlich in den Gesetzen angeführt; meist ist hierfür vorausgesetzt, daſs Grund und Boden bei einer anderen Be- nutzungsweise unzweifelhaft einen überwiegenden Vorteil gewährt und 4) 1) Ruſsland, Forstordnung vom 1876, Art. 566: Den Waldbesitzern ist es gestattet, auf Grund freier Vereinbarung und mit Einwilligung der Forstverwaltung Kronförster zur Übernahme der Verwaltung ihrer Wälder aufzufordern. Art. 567: Diejenigen Kronförster, welche derartige Verwaltungen übernehmen, genieſsen alle durch Art 286 der Dienstordnung festgesetzten Rechte des Krondienstes. 2) Baden, Gesetz vom 27. IV. 1854 § 89: Zur Ausstockung eines Waldes oder eines Teiles desselben ist die Genehmigung der Staatsforstbehörde erforderlich. (Vgl. die Vollzugsverordnung hierzu vom 30. I. 1855, Ziff. 4.) Württemberg, Gesetz von 1879, Art. 5: Bei Prüfung solcher Gesuche sind die klimatischen und forstpolizeilichen Rücksichten, insbesondere der den neben- liegenden Waldungen zu gewährende Schutz in Betracht zu ziehen. 4) preuſsischen und bayerischen Gesetzen sind „Förderung der Waldkultur und Auf- forstungen“ speziell genannt, in Hessen sind allgemeine Landeskulturzwecke als die Aufgabe bezeichnet Der Zinsfuſs beträgt in Bayern allgemein 3¾ Proz., in Preuſsen 4½ Proz. als Maximum, zur Amortisation wird in beiden Staaten jährlich ½ Proz. gezahlt.

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/265>, abgerufen am 22.11.2024.