der einfachen Bronze und beziehungsweise der Krupp'schen stählernen Geschütze (vom gleichen Caliber) getreten waren. Die österreichische Uchatius-Feldkanone hat 9 Centimeter Caliber.
Wir haben weiter oben erfahren, daß die Vergrößerung der lebendigen Kraft des Geschosses beim Auftreffen ein Factor sei, der sich aus der Endgeschwindigkeit und dem Geschoßgewicht ergiebt. Die hohe Fluggeschwindigkeit wird bedingt durch die Länge des Rohres und durch starke Ladungen langsam verbrennenden Pulvers. Welchen Einfluß die Verlängerung des Geschützrohres hat, mögen folgende Zahlen- angaben illustriren, welche sich auf die Krupp'sche 28 Centimeter-Kanone be- ziehen:
[Tabelle]
Die Vermehrung der Anfangsgeschwindigkeit um 155 Meter = 33 Procent hat also eine Zunahme der lebendigen Kraft von 3012 Metertonnen = 76 Procent zur Folge. Von der Vergrößerung des Calibers kommt man in neuerer Zeit eben wegen der Steigerung der Rohrlänge mehr und mehr zurück, da sich sowohl zu kolossale Rohrgewichte ergeben, als auch die Lebensdauer und die Sicherheit gegen Zerspringen durch die Anwendung geringerer Seelendurchmesser erhöht werden. Dagegen wird die Verwendung des rauchlosen Pulvers angestrebt, dem bisher nur die beim Verbrennen großer Ladungen entstehende hohe Temperatur entgegensteht, welche durch Abschmelzen des Rohrmaterials eine zu schnelle Abnützung herbeiführt. Wie groß die Wirkung dieses brisanten Pulvers ist, geht aus zwei Vergleichs- schüssen hervor, die mit der Krupp'schen 30.5 Centimeter-Kanone (L. 35) abge- geben wurden. Mit einer Ladung von 195 Kilogramm prismatischem Pulver wurde bei 455 Kilogramm Geschoßgewicht eine Anfangsgeschwindigkeit von 616 Meter erreicht, während mit nur 103 Kilogramm rauchlosem Pulver und derselben Granate eine Anfangsgeschwindigkeit von 681 Meter erzielt wurde. Die lebendige Kraft be- trug hierbei 8800, beziehungsweise 10.755 Metertonnen, während die Dicke einer vor der Mündung angebrachten schmiedeeisernen Platte 99.3, beziehungsweise 116 Centimeter betragen konnte, um noch durchschlagen zu werden.
Daß auch bei den kleineren Calibern mit den Verbesserungen Schritt ge- halten wurde, zeigen die neuen Schnellladekanonen, bei welchen nur rauchloses Pulver zur Anwendung kommt. Hat doch die Krupp'sche 16 Centimeter-Kanone (L. 50) bei einem Geschoßgewicht von 40 Kilogramm und 8.4 Kilogramm Geschütz-
Erſter Abſchnitt.
der einfachen Bronze und beziehungsweiſe der Krupp'ſchen ſtählernen Geſchütze (vom gleichen Caliber) getreten waren. Die öſterreichiſche Uchatius-Feldkanone hat 9 Centimeter Caliber.
Wir haben weiter oben erfahren, daß die Vergrößerung der lebendigen Kraft des Geſchoſſes beim Auftreffen ein Factor ſei, der ſich aus der Endgeſchwindigkeit und dem Geſchoßgewicht ergiebt. Die hohe Fluggeſchwindigkeit wird bedingt durch die Länge des Rohres und durch ſtarke Ladungen langſam verbrennenden Pulvers. Welchen Einfluß die Verlängerung des Geſchützrohres hat, mögen folgende Zahlen- angaben illuſtriren, welche ſich auf die Krupp'ſche 28 Centimeter-Kanone be- ziehen:
[Tabelle]
Die Vermehrung der Anfangsgeſchwindigkeit um 155 Meter = 33 Procent hat alſo eine Zunahme der lebendigen Kraft von 3012 Metertonnen = 76 Procent zur Folge. Von der Vergrößerung des Calibers kommt man in neuerer Zeit eben wegen der Steigerung der Rohrlänge mehr und mehr zurück, da ſich ſowohl zu koloſſale Rohrgewichte ergeben, als auch die Lebensdauer und die Sicherheit gegen Zerſpringen durch die Anwendung geringerer Seelendurchmeſſer erhöht werden. Dagegen wird die Verwendung des rauchloſen Pulvers angeſtrebt, dem bisher nur die beim Verbrennen großer Ladungen entſtehende hohe Temperatur entgegenſteht, welche durch Abſchmelzen des Rohrmaterials eine zu ſchnelle Abnützung herbeiführt. Wie groß die Wirkung dieſes briſanten Pulvers iſt, geht aus zwei Vergleichs- ſchüſſen hervor, die mit der Krupp'ſchen 30‧5 Centimeter-Kanone (L. 35) abge- geben wurden. Mit einer Ladung von 195 Kilogramm prismatiſchem Pulver wurde bei 455 Kilogramm Geſchoßgewicht eine Anfangsgeſchwindigkeit von 616 Meter erreicht, während mit nur 103 Kilogramm rauchloſem Pulver und derſelben Granate eine Anfangsgeſchwindigkeit von 681 Meter erzielt wurde. Die lebendige Kraft be- trug hierbei 8800, beziehungsweiſe 10.755 Metertonnen, während die Dicke einer vor der Mündung angebrachten ſchmiedeeiſernen Platte 99‧3, beziehungsweiſe 116 Centimeter betragen konnte, um noch durchſchlagen zu werden.
Daß auch bei den kleineren Calibern mit den Verbeſſerungen Schritt ge- halten wurde, zeigen die neuen Schnellladekanonen, bei welchen nur rauchloſes Pulver zur Anwendung kommt. Hat doch die Krupp'ſche 16 Centimeter-Kanone (L. 50) bei einem Geſchoßgewicht von 40 Kilogramm und 8‧4 Kilogramm Geſchütz-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0762"n="688"/><fwplace="top"type="header">Erſter Abſchnitt.</fw><lb/>
der einfachen Bronze und beziehungsweiſe der Krupp'ſchen ſtählernen Geſchütze (vom<lb/>
gleichen Caliber) getreten waren. Die öſterreichiſche Uchatius-Feldkanone hat<lb/>
9 Centimeter Caliber.</p><lb/><p>Wir haben weiter oben erfahren, daß die Vergrößerung der lebendigen Kraft<lb/>
des Geſchoſſes beim Auftreffen ein Factor ſei, der ſich aus der Endgeſchwindigkeit<lb/>
und dem Geſchoßgewicht ergiebt. Die hohe Fluggeſchwindigkeit wird bedingt durch<lb/>
die Länge des Rohres und durch ſtarke Ladungen langſam verbrennenden Pulvers.<lb/>
Welchen Einfluß die Verlängerung des Geſchützrohres hat, mögen folgende Zahlen-<lb/>
angaben illuſtriren, welche ſich auf die <hirendition="#g">Krupp</hi>'ſche 28 Centimeter-Kanone be-<lb/>
ziehen:</p><lb/><table><row><cell/></row></table><p>Die Vermehrung der Anfangsgeſchwindigkeit um 155 Meter = 33 Procent<lb/>
hat alſo eine Zunahme der lebendigen Kraft von 3012 Metertonnen = 76 Procent<lb/>
zur Folge. Von der Vergrößerung des Calibers kommt man in neuerer Zeit eben<lb/>
wegen der Steigerung der Rohrlänge mehr und mehr zurück, da ſich ſowohl zu<lb/>
koloſſale Rohrgewichte ergeben, als auch die Lebensdauer und die Sicherheit gegen<lb/>
Zerſpringen durch die Anwendung geringerer Seelendurchmeſſer erhöht werden.<lb/>
Dagegen wird die Verwendung des rauchloſen Pulvers angeſtrebt, dem bisher nur<lb/>
die beim Verbrennen großer Ladungen entſtehende hohe Temperatur entgegenſteht,<lb/>
welche durch Abſchmelzen des Rohrmaterials eine zu ſchnelle Abnützung herbeiführt.<lb/>
Wie groß die Wirkung dieſes briſanten Pulvers iſt, geht aus zwei Vergleichs-<lb/>ſchüſſen hervor, die mit der <hirendition="#g">Krupp</hi>'ſchen 30‧5 Centimeter-Kanone (L. 35) abge-<lb/>
geben wurden. Mit einer Ladung von 195 Kilogramm prismatiſchem Pulver wurde<lb/>
bei 455 Kilogramm Geſchoßgewicht eine Anfangsgeſchwindigkeit von 616 Meter<lb/>
erreicht, während mit nur 103 Kilogramm rauchloſem Pulver und derſelben Granate<lb/>
eine Anfangsgeſchwindigkeit von 681 Meter erzielt wurde. Die lebendige Kraft be-<lb/>
trug hierbei 8800, beziehungsweiſe 10.755 Metertonnen, während die Dicke einer<lb/>
vor der Mündung angebrachten ſchmiedeeiſernen Platte 99‧3, beziehungsweiſe<lb/>
116 Centimeter betragen konnte, um noch durchſchlagen zu werden.</p><lb/><p>Daß auch bei den kleineren Calibern mit den Verbeſſerungen Schritt ge-<lb/>
halten wurde, zeigen die neuen <hirendition="#g">Schnellladekanonen</hi>, bei welchen nur rauchloſes<lb/>
Pulver zur Anwendung kommt. Hat doch die <hirendition="#g">Krupp</hi>'ſche 16 Centimeter-Kanone<lb/>
(L. 50) bei einem Geſchoßgewicht von 40 Kilogramm und 8‧4 Kilogramm Geſchütz-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[688/0762]
Erſter Abſchnitt.
der einfachen Bronze und beziehungsweiſe der Krupp'ſchen ſtählernen Geſchütze (vom
gleichen Caliber) getreten waren. Die öſterreichiſche Uchatius-Feldkanone hat
9 Centimeter Caliber.
Wir haben weiter oben erfahren, daß die Vergrößerung der lebendigen Kraft
des Geſchoſſes beim Auftreffen ein Factor ſei, der ſich aus der Endgeſchwindigkeit
und dem Geſchoßgewicht ergiebt. Die hohe Fluggeſchwindigkeit wird bedingt durch
die Länge des Rohres und durch ſtarke Ladungen langſam verbrennenden Pulvers.
Welchen Einfluß die Verlängerung des Geſchützrohres hat, mögen folgende Zahlen-
angaben illuſtriren, welche ſich auf die Krupp'ſche 28 Centimeter-Kanone be-
ziehen:
Die Vermehrung der Anfangsgeſchwindigkeit um 155 Meter = 33 Procent
hat alſo eine Zunahme der lebendigen Kraft von 3012 Metertonnen = 76 Procent
zur Folge. Von der Vergrößerung des Calibers kommt man in neuerer Zeit eben
wegen der Steigerung der Rohrlänge mehr und mehr zurück, da ſich ſowohl zu
koloſſale Rohrgewichte ergeben, als auch die Lebensdauer und die Sicherheit gegen
Zerſpringen durch die Anwendung geringerer Seelendurchmeſſer erhöht werden.
Dagegen wird die Verwendung des rauchloſen Pulvers angeſtrebt, dem bisher nur
die beim Verbrennen großer Ladungen entſtehende hohe Temperatur entgegenſteht,
welche durch Abſchmelzen des Rohrmaterials eine zu ſchnelle Abnützung herbeiführt.
Wie groß die Wirkung dieſes briſanten Pulvers iſt, geht aus zwei Vergleichs-
ſchüſſen hervor, die mit der Krupp'ſchen 30‧5 Centimeter-Kanone (L. 35) abge-
geben wurden. Mit einer Ladung von 195 Kilogramm prismatiſchem Pulver wurde
bei 455 Kilogramm Geſchoßgewicht eine Anfangsgeſchwindigkeit von 616 Meter
erreicht, während mit nur 103 Kilogramm rauchloſem Pulver und derſelben Granate
eine Anfangsgeſchwindigkeit von 681 Meter erzielt wurde. Die lebendige Kraft be-
trug hierbei 8800, beziehungsweiſe 10.755 Metertonnen, während die Dicke einer
vor der Mündung angebrachten ſchmiedeeiſernen Platte 99‧3, beziehungsweiſe
116 Centimeter betragen konnte, um noch durchſchlagen zu werden.
Daß auch bei den kleineren Calibern mit den Verbeſſerungen Schritt ge-
halten wurde, zeigen die neuen Schnellladekanonen, bei welchen nur rauchloſes
Pulver zur Anwendung kommt. Hat doch die Krupp'ſche 16 Centimeter-Kanone
(L. 50) bei einem Geſchoßgewicht von 40 Kilogramm und 8‧4 Kilogramm Geſchütz-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 688. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/762>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.