pse_222.001 auf das dahinter stehende Menschliche durchleuchtet und das pse_222.002 Allgemeine herausgehoben: ein Vorgang der Durchgeistigung. pse_222.003 Alle diese Funktionen des sprachlichen Symbols zeigen pse_222.004 in besonderer Intensität die Verwesentlichung als Hauptzug pse_222.005 dichterischen Schaffens.
pse_222.006 So offenbart sich in den sprachlichen Symbolen ein Weltbild: pse_222.007 nicht nur ein individuelles eines einmaligen Dichters, pse_222.008 sondern eines, das zugleich in seinen sprachlichen Gegebenheiten pse_222.009 und Voraussetzungen auf dem sprachlich geprägten pse_222.010 Weltbild der Sprachgemeinschaft aufbaut. So wachsen dem pse_222.011 Dichter aus der Sprachgemeinschaft oft letzte große Sinnbilder pse_222.012 auf, sogenannte Urbilder. In ihnen enthüllen sich oft geschichtliche pse_222.013 Tiefen der Menschheitsentwicklung, Urerlebnisse pse_222.014 werden wieder lebendig, Archetypisches bricht durch.
pse_222.015 Aber gerade die Dauerprägung sprachlicher Symbole, damit pse_222.016 ihre deutliche Bildhaftigkeit und Ablösbarkeit, führt auch pse_222.017 an Grenzen des Symbols. Die eine liegt im Streben nach Entsymbolisierung: pse_222.018 es gibt Stadien der Dichtungsentwicklung, pse_222.019 wo man über die Tatsache, eben nur in einem Bild das Tiefere pse_222.020 andeuten zu können, hinauskommen möchte, indem man pse_222.021 das Wirkliche und Wahre ganz unmittelbar in der Sprache pse_222.022 ausdrückt. Man hat dieses Streben im späten Goethe (Wanderjahre), pse_222.023 in Dantes "Paradiso" und in den letzten Gedichten pse_222.024 Rilkes zu erkennen geglaubt. Damit berühren wir einen Zug pse_222.025 des Altersstils, der auf Einfachheit, Klarheit und Sachlichkeit pse_222.026 geht. Aber man darf nicht übersehen, daß man dabei zugleich pse_222.027 an die Grenze des Sprachkünstlerischen, ja sogar des pse_222.028 in der Sprache Möglichen gerät. Denn sie ist ja ihrem Wesen pse_222.029 nach Gestaltung des Erfahrenen, des Begegnenden in sprachlichen pse_222.030 Dauergebilden, also im Bild. Und in solchen Gebilden pse_222.031 allein, die zugleich aus innersten Haltungen gespeist sind, ist pse_222.032 es der Kunst möglich, Tiefen der Wahrheit und der Welt pse_222.033 ahnen zu lassen.
pse_222.034 Die andere Grenze liegt ähnlich wie beim sprachlichen Bild pse_222.035 überhaupt in der Ablösbarkeit aus dem Zusammenhang, damit pse_222.036 in der beliebigen Wiederholbarkeit, in der Brauchbarkeit. pse_222.037 Damit droht die Einheit Bild-Sinn zu zerreißen, das Bild pse_222.038 wird zu einem Zeichen für eine gewisse Bedeutung: der
pse_222.001 auf das dahinter stehende Menschliche durchleuchtet und das pse_222.002 Allgemeine herausgehoben: ein Vorgang der Durchgeistigung. pse_222.003 Alle diese Funktionen des sprachlichen Symbols zeigen pse_222.004 in besonderer Intensität die Verwesentlichung als Hauptzug pse_222.005 dichterischen Schaffens.
pse_222.006 So offenbart sich in den sprachlichen Symbolen ein Weltbild: pse_222.007 nicht nur ein individuelles eines einmaligen Dichters, pse_222.008 sondern eines, das zugleich in seinen sprachlichen Gegebenheiten pse_222.009 und Voraussetzungen auf dem sprachlich geprägten pse_222.010 Weltbild der Sprachgemeinschaft aufbaut. So wachsen dem pse_222.011 Dichter aus der Sprachgemeinschaft oft letzte große Sinnbilder pse_222.012 auf, sogenannte Urbilder. In ihnen enthüllen sich oft geschichtliche pse_222.013 Tiefen der Menschheitsentwicklung, Urerlebnisse pse_222.014 werden wieder lebendig, Archetypisches bricht durch.
pse_222.015 Aber gerade die Dauerprägung sprachlicher Symbole, damit pse_222.016 ihre deutliche Bildhaftigkeit und Ablösbarkeit, führt auch pse_222.017 an Grenzen des Symbols. Die eine liegt im Streben nach Entsymbolisierung: pse_222.018 es gibt Stadien der Dichtungsentwicklung, pse_222.019 wo man über die Tatsache, eben nur in einem Bild das Tiefere pse_222.020 andeuten zu können, hinauskommen möchte, indem man pse_222.021 das Wirkliche und Wahre ganz unmittelbar in der Sprache pse_222.022 ausdrückt. Man hat dieses Streben im späten Goethe (Wanderjahre), pse_222.023 in Dantes »Paradiso« und in den letzten Gedichten pse_222.024 Rilkes zu erkennen geglaubt. Damit berühren wir einen Zug pse_222.025 des Altersstils, der auf Einfachheit, Klarheit und Sachlichkeit pse_222.026 geht. Aber man darf nicht übersehen, daß man dabei zugleich pse_222.027 an die Grenze des Sprachkünstlerischen, ja sogar des pse_222.028 in der Sprache Möglichen gerät. Denn sie ist ja ihrem Wesen pse_222.029 nach Gestaltung des Erfahrenen, des Begegnenden in sprachlichen pse_222.030 Dauergebilden, also im Bild. Und in solchen Gebilden pse_222.031 allein, die zugleich aus innersten Haltungen gespeist sind, ist pse_222.032 es der Kunst möglich, Tiefen der Wahrheit und der Welt pse_222.033 ahnen zu lassen.
pse_222.034 Die andere Grenze liegt ähnlich wie beim sprachlichen Bild pse_222.035 überhaupt in der Ablösbarkeit aus dem Zusammenhang, damit pse_222.036 in der beliebigen Wiederholbarkeit, in der Brauchbarkeit. pse_222.037 Damit droht die Einheit Bild-Sinn zu zerreißen, das Bild pse_222.038 wird zu einem Zeichen für eine gewisse Bedeutung: der
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Alle diese Funktionen des sprachlichen Symbols zeigen pse_222.004
in besonderer Intensität die Verwesentlichung als Hauptzug pse_222.005
dichterischen Schaffens.
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So offenbart sich in den sprachlichen Symbolen ein Weltbild: pse_222.007
nicht nur ein individuelles eines einmaligen Dichters, pse_222.008
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Weltbild der Sprachgemeinschaft aufbaut. So wachsen dem pse_222.011
Dichter aus der Sprachgemeinschaft oft letzte große Sinnbilder pse_222.012
auf, sogenannte Urbilder. In ihnen enthüllen sich oft geschichtliche pse_222.013
Tiefen der Menschheitsentwicklung, Urerlebnisse pse_222.014
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Aber gerade die Dauerprägung sprachlicher Symbole, damit pse_222.016
ihre deutliche Bildhaftigkeit und Ablösbarkeit, führt auch pse_222.017
an Grenzen des Symbols. Die eine liegt im Streben nach Entsymbolisierung: pse_222.018
es gibt Stadien der Dichtungsentwicklung, pse_222.019
wo man über die Tatsache, eben nur in einem Bild das Tiefere pse_222.020
andeuten zu können, hinauskommen möchte, indem man pse_222.021
das Wirkliche und Wahre ganz unmittelbar in der Sprache pse_222.022
ausdrückt. Man hat dieses Streben im späten Goethe (Wanderjahre), pse_222.023
in Dantes »Paradiso« und in den letzten Gedichten pse_222.024
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an die Grenze des Sprachkünstlerischen, ja sogar des pse_222.028
in der Sprache Möglichen gerät. Denn sie ist ja ihrem Wesen pse_222.029
nach Gestaltung des Erfahrenen, des Begegnenden in sprachlichen pse_222.030
Dauergebilden, also im Bild. Und in solchen Gebilden pse_222.031
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Die andere Grenze liegt ähnlich wie beim sprachlichen Bild pse_222.035
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/238>, abgerufen am 24.11.2024.
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