pse_248.001 von Jules Legras (daß der Übersetzer noch dazu einen völlig pse_248.002 verwahrlosten Text zugrundelegt, kommt dazu):
pse_248.003
Au dessus des monts regne le grand calme;pse_248.004 Sur tous les sommets des arbres a peinepse_248.005 Percoit-on un souffle;pse_248.006 Les oiseaux du bois sont silencieux.pse_248.007 Encore un instant et ce sera toipse_248.008 Qui reposeras.
pse_248.009 Eine andere Frage, die uns schon in die geschichtliche Gebundenheit pse_248.010 auch der künstlerischen Sprache hinüberführt, ist pse_248.011 die nach der altertümlichen (archaisierenden) Sprachgestaltung in pse_248.012 Dichtungen. Der Dichter will damit ganz bestimmte Wirkungen pse_248.013 erzielen, die darin gründen, daß mit dieser Sprachform pse_248.014 der Geist einer früherern Sprachgemeinschaft wieder pse_248.015 lebendig werden soll. Also auch dieser dichterische Versuch pse_248.016 hängt mit der sozialen Gebundenheit der Sprache zusammen. pse_248.017 Ich erinnere an Brentanos Versuche in der "Chronika", an pse_248.018 Storms "Aquis submersus", an bestimmte, ausgedehnte Partien pse_248.019 im "Doktor Faustus" des Thomas Mann, an die ganze pse_248.020 Sprachführung des "Jedermann" und an viele Stellen des pse_248.021 "Turms" von Hofmannsthal, endlich an die ausgedehnten Versuche pse_248.022 Kolbenheyers in seinen Geschichtsromanen. Daß alle pse_248.023 diese Gestaltungen nur aus künstlerischen Gesichtspunkten zu pse_248.024 beurteilen sind, ist selbstverständlich. Es muß freilich hervorgehoben pse_248.025 werden, daß es Thomas Mann im Gegensatz zu den pse_248.026 anderen nicht darauf ankommt, gleichsam alte Haltungen pse_248.027 freizulegen, sondern er verbindet damit zugleich Kritik an pse_248.028 dieser altertümlichen Gestaltung; in ihr solle das Brutale und pse_248.029 Barbarische alter Zeiten hochkommen, wie es ebenso im pse_248.030 Wahnsinnsausbruch Leverkühns hochkommt. Die künstlerische pse_248.031 Möglichkeit soll an einer Stelle aus Kolbenheyers pse_248.032 "Pausewang" angedeutet werden. "Vor etlichen Tägen, da ist pse_248.033 ein warmes Brausen über das Land gegangen -- als wie Sehnsuchtsodem. pse_248.034 Ist den Bäumen in die struppichten Kronen gefahren pse_248.035 und hat sie geschüttlet: Wachet auf! Hat Schnee und pse_248.036 Eis zerfressen und zerrieben, den Boden erweicht und durchquellet pse_248.037 und alle Wurzlen mit lebendigen Wassern umschmeichlet: pse_248.038 Wachet auf! Die Oder ist geschwollen, war ein mächtiges
pse_248.001 von Jules Legras (daß der Übersetzer noch dazu einen völlig pse_248.002 verwahrlosten Text zugrundelegt, kommt dazu):
pse_248.003
Au dessus des monts règne le grand calme;pse_248.004 Sur tous les sommets des arbres à peinepse_248.005 Perçoit-on un souffle;pse_248.006 Les oiseaux du bois sont silencieux.pse_248.007 Encore un instant et ce sera toipse_248.008 Qui reposeras.
pse_248.009 Eine andere Frage, die uns schon in die geschichtliche Gebundenheit pse_248.010 auch der künstlerischen Sprache hinüberführt, ist pse_248.011 die nach der altertümlichen (archaisierenden) Sprachgestaltung in pse_248.012 Dichtungen. Der Dichter will damit ganz bestimmte Wirkungen pse_248.013 erzielen, die darin gründen, daß mit dieser Sprachform pse_248.014 der Geist einer früherern Sprachgemeinschaft wieder pse_248.015 lebendig werden soll. Also auch dieser dichterische Versuch pse_248.016 hängt mit der sozialen Gebundenheit der Sprache zusammen. pse_248.017 Ich erinnere an Brentanos Versuche in der »Chronika«, an pse_248.018 Storms »Aquis submersus«, an bestimmte, ausgedehnte Partien pse_248.019 im »Doktor Faustus« des Thomas Mann, an die ganze pse_248.020 Sprachführung des »Jedermann« und an viele Stellen des pse_248.021 »Turms« von Hofmannsthal, endlich an die ausgedehnten Versuche pse_248.022 Kolbenheyers in seinen Geschichtsromanen. Daß alle pse_248.023 diese Gestaltungen nur aus künstlerischen Gesichtspunkten zu pse_248.024 beurteilen sind, ist selbstverständlich. Es muß freilich hervorgehoben pse_248.025 werden, daß es Thomas Mann im Gegensatz zu den pse_248.026 anderen nicht darauf ankommt, gleichsam alte Haltungen pse_248.027 freizulegen, sondern er verbindet damit zugleich Kritik an pse_248.028 dieser altertümlichen Gestaltung; in ihr solle das Brutale und pse_248.029 Barbarische alter Zeiten hochkommen, wie es ebenso im pse_248.030 Wahnsinnsausbruch Leverkühns hochkommt. Die künstlerische pse_248.031 Möglichkeit soll an einer Stelle aus Kolbenheyers pse_248.032 »Pausewang« angedeutet werden. »Vor etlichen Tägen, da ist pse_248.033 ein warmes Brausen über das Land gegangen — als wie Sehnsuchtsodem. pse_248.034 Ist den Bäumen in die struppichten Kronen gefahren pse_248.035 und hat sie geschüttlet: Wachet auf! Hat Schnee und pse_248.036 Eis zerfressen und zerrieben, den Boden erweicht und durchquellet pse_248.037 und alle Wurzlen mit lebendigen Wassern umschmeichlet: pse_248.038 Wachet auf! Die Oder ist geschwollen, war ein mächtiges
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verwahrlosten Text zugrundelegt, kommt dazu):
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Au dessus des monts règne le grand calme; pse_248.004
Sur tous les sommets des arbres à peine pse_248.005
Perçoit-on un souffle; pse_248.006
Les oiseaux du bois sont silencieux. pse_248.007
Encore un instant et ce sera toi pse_248.008
Qui reposeras.
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Eine andere Frage, die uns schon in die geschichtliche Gebundenheit pse_248.010
auch der künstlerischen Sprache hinüberführt, ist pse_248.011
die nach der altertümlichen (archaisierenden) Sprachgestaltung in pse_248.012
Dichtungen. Der Dichter will damit ganz bestimmte Wirkungen pse_248.013
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der Geist einer früherern Sprachgemeinschaft wieder pse_248.015
lebendig werden soll. Also auch dieser dichterische Versuch pse_248.016
hängt mit der sozialen Gebundenheit der Sprache zusammen. pse_248.017
Ich erinnere an Brentanos Versuche in der »Chronika«, an pse_248.018
Storms »Aquis submersus«, an bestimmte, ausgedehnte Partien pse_248.019
im »Doktor Faustus« des Thomas Mann, an die ganze pse_248.020
Sprachführung des »Jedermann« und an viele Stellen des pse_248.021
»Turms« von Hofmannsthal, endlich an die ausgedehnten Versuche pse_248.022
Kolbenheyers in seinen Geschichtsromanen. Daß alle pse_248.023
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beurteilen sind, ist selbstverständlich. Es muß freilich hervorgehoben pse_248.025
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Barbarische alter Zeiten hochkommen, wie es ebenso im pse_248.030
Wahnsinnsausbruch Leverkühns hochkommt. Die künstlerische pse_248.031
Möglichkeit soll an einer Stelle aus Kolbenheyers pse_248.032
»Pausewang« angedeutet werden. »Vor etlichen Tägen, da ist pse_248.033
ein warmes Brausen über das Land gegangen — als wie Sehnsuchtsodem. pse_248.034
Ist den Bäumen in die struppichten Kronen gefahren pse_248.035
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Wachet auf! Die Oder ist geschwollen, war ein mächtiges
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/264>, abgerufen am 21.11.2024.
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