pse_633.001 Art von Dichtungen zu gewinnen und genauer pse_633.002 festzuhalten. Das bedeutet keine Abwertung von Dichtungen, pse_633.003 die jetzt aus solcher Schau den Namen Tragödie verlieren, pse_633.004 auch keine Abwertung anderer Anschauungen, sondern ist pse_633.005 eine Entscheidung aus einer durchzuführenden Gesamtsicht pse_633.006 auf die Dichtung. Solche Blickart ist nicht rein individuell pse_633.007 oder gar subjektivistisch, sondern sie ergibt sich immer deutlicher pse_633.008 aus unserer modernen theoretischen Bemühung um die pse_633.009 Dichtung.
pse_633.010 Die Tragödie ist nicht nur in ihrem Gehalt durch die durchgehende pse_633.011 Tragik bis zur letzten Folgerung bestimmt, sondern pse_633.012 auch in ihrer künstlerischen Anlage. Man kann das bis in die pse_633.013 sprachlichen Bilder und den dynamischen Ablauf der Rede pse_633.014 verfolgen. Tragische Bilder sind anders als komische. Man pse_633.015 spürt einer Dichtung nach den ersten Versen an, ob sie in den pse_633.016 tragischen oder komischen Bereich gehört. Die antike Tragödie pse_633.017 baut in ihrem Geschehen auf dem Mythos auf. Da der pse_633.018 Mythos die menschliche Fassungskraft übersteigt, da das Sein pse_633.019 der Welt in all seinen Geheimnissen ahnbar wird, ergeben sich pse_633.020 Umschwünge und Erkennungen im Ablauf des Geschehens. pse_633.021 So entsteht ein enges Sinngefüge als tragisches Kunstwerk. pse_633.022 Es ist der Ablauf der Tragödie von der sogenannten hamartia, pse_633.023 also vom Mangel an Einsicht einer dramatischen Person her pse_633.024 und vom Ende, das die erschütternden Folgen darstellt, her pse_633.025 in seiner Anlage bestimmt: ein strenges teleologisches Gefüge. pse_633.026 Alles, was diese Durchführung verhindern könnte, pse_633.027 bleibt weg, die Tragödie hat aus ihrem Wesen heraus einen pse_633.028 dichten, konzentrierten Aufbau. Deshalb konnte schon Aristoteles pse_633.029 bestimmte Teile und Kräfte festhalten, die jede Tragödie pse_633.030 aufweisen müsse, und auch neuere Poetiker betonen pse_633.031 diesen strengen Bau. Wenn man aber übersieht, daß es verschiedene pse_633.032 dramatische Möglichkeiten wie etwa Einort- und pse_633.033 Bewegungsdrama gibt, für die jeweils das Gesetz der Verdichtung pse_633.034 und Konzentration anders sich auswirkt, kommt pse_633.035 man zur pedantischen Aufstellung von notwendigen Handlungsschritten pse_633.036 (Freytag).
pse_633.037 Die Erschütterung, die aus dem tragischen Vorgang entsteht, pse_633.038 geht, äußerlich gesehen, immer auf ein großes Unglück
pse_633.001 Art von Dichtungen zu gewinnen und genauer pse_633.002 festzuhalten. Das bedeutet keine Abwertung von Dichtungen, pse_633.003 die jetzt aus solcher Schau den Namen Tragödie verlieren, pse_633.004 auch keine Abwertung anderer Anschauungen, sondern ist pse_633.005 eine Entscheidung aus einer durchzuführenden Gesamtsicht pse_633.006 auf die Dichtung. Solche Blickart ist nicht rein individuell pse_633.007 oder gar subjektivistisch, sondern sie ergibt sich immer deutlicher pse_633.008 aus unserer modernen theoretischen Bemühung um die pse_633.009 Dichtung.
pse_633.010 Die Tragödie ist nicht nur in ihrem Gehalt durch die durchgehende pse_633.011 Tragik bis zur letzten Folgerung bestimmt, sondern pse_633.012 auch in ihrer künstlerischen Anlage. Man kann das bis in die pse_633.013 sprachlichen Bilder und den dynamischen Ablauf der Rede pse_633.014 verfolgen. Tragische Bilder sind anders als komische. Man pse_633.015 spürt einer Dichtung nach den ersten Versen an, ob sie in den pse_633.016 tragischen oder komischen Bereich gehört. Die antike Tragödie pse_633.017 baut in ihrem Geschehen auf dem Mythos auf. Da der pse_633.018 Mythos die menschliche Fassungskraft übersteigt, da das Sein pse_633.019 der Welt in all seinen Geheimnissen ahnbar wird, ergeben sich pse_633.020 Umschwünge und Erkennungen im Ablauf des Geschehens. pse_633.021 So entsteht ein enges Sinngefüge als tragisches Kunstwerk. pse_633.022 Es ist der Ablauf der Tragödie von der sogenannten hamartia, pse_633.023 also vom Mangel an Einsicht einer dramatischen Person her pse_633.024 und vom Ende, das die erschütternden Folgen darstellt, her pse_633.025 in seiner Anlage bestimmt: ein strenges teleologisches Gefüge. pse_633.026 Alles, was diese Durchführung verhindern könnte, pse_633.027 bleibt weg, die Tragödie hat aus ihrem Wesen heraus einen pse_633.028 dichten, konzentrierten Aufbau. Deshalb konnte schon Aristoteles pse_633.029 bestimmte Teile und Kräfte festhalten, die jede Tragödie pse_633.030 aufweisen müsse, und auch neuere Poetiker betonen pse_633.031 diesen strengen Bau. Wenn man aber übersieht, daß es verschiedene pse_633.032 dramatische Möglichkeiten wie etwa Einort- und pse_633.033 Bewegungsdrama gibt, für die jeweils das Gesetz der Verdichtung pse_633.034 und Konzentration anders sich auswirkt, kommt pse_633.035 man zur pedantischen Aufstellung von notwendigen Handlungsschritten pse_633.036 (Freytag).
pse_633.037 Die Erschütterung, die aus dem tragischen Vorgang entsteht, pse_633.038 geht, äußerlich gesehen, immer auf ein großes Unglück
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auch keine Abwertung anderer Anschauungen, sondern ist pse_633.005
eine Entscheidung aus einer durchzuführenden Gesamtsicht pse_633.006
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oder gar subjektivistisch, sondern sie ergibt sich immer deutlicher pse_633.008
aus unserer modernen theoretischen Bemühung um die pse_633.009
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pse_633.010
Die Tragödie ist nicht nur in ihrem Gehalt durch die durchgehende pse_633.011
Tragik bis zur letzten Folgerung bestimmt, sondern pse_633.012
auch in ihrer künstlerischen Anlage. Man kann das bis in die pse_633.013
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verfolgen. Tragische Bilder sind anders als komische. Man pse_633.015
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tragischen oder komischen Bereich gehört. Die antike Tragödie pse_633.017
baut in ihrem Geschehen auf dem Mythos auf. Da der pse_633.018
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also vom Mangel an Einsicht einer dramatischen Person her pse_633.024
und vom Ende, das die erschütternden Folgen darstellt, her pse_633.025
in seiner Anlage bestimmt: ein strenges teleologisches Gefüge. pse_633.026
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bleibt weg, die Tragödie hat aus ihrem Wesen heraus einen pse_633.028
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bestimmte Teile und Kräfte festhalten, die jede Tragödie pse_633.030
aufweisen müsse, und auch neuere Poetiker betonen pse_633.031
diesen strengen Bau. Wenn man aber übersieht, daß es verschiedene pse_633.032
dramatische Möglichkeiten wie etwa Einort- und pse_633.033
Bewegungsdrama gibt, für die jeweils das Gesetz der Verdichtung pse_633.034
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 633. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/649>, abgerufen am 24.11.2024.
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