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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861.

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gleich die Erklärung durch Mittheilung eines Contagiums
weder in Theorie noch in Analogie etwas gegen sich hat.
Am auffallendsten ist doch die Analogie mit dem Eiterungs-
fieber und der Eiteratmosphäre, welche in mit chirurgischen
Kranken belegten Sälen die frisch Verwundeten bedroht.
Und eine Neuentbundene ist doch gewiss, selbst in physiolo-
gischem Zustande, eine frisch Verwundete.

Was Ihre Meinung vom Leichencontagium als Ursache
der Krankheit anbelangt, so stimme ich dieser aus meiner
innersten Ueberzeugung bei. In früheren Jahren habe ich in
einzelnen Fällen diesen Ursprung so nachgewiesen, dass ich
seitdem die rigorosesten Massregeln getroffen habe, um diesem
Unglücke vorzubeugen.

Der Assistent und die Studierenden, welche Touchir-
übungen machen und Geburten beiwohnen, müssen sich
gänzlich von anatomischen Geschäften enthalten. Die Sectio-
nen von am Puerperalfieber Gestorbenen werden von Individuen
der medicinischen oder chirurgischen Abtheilung, oder von
anderen Studierenden gemacht, höchstens ist es solchen, die
in den ersten Tagen nicht an der Reihe sind, erlaubt diesen
beizuwohnen und die Resultate zu sehen, aber streng verboten,
die Hände hiebei zu verunreinigen. Es ist meine Ueberzeu-
gung, dass wir die uns anvertraute Menschheit nicht an die
Wissbegierde, welche auch seiner Zeit früher oder später kann
befriedigt werden, opfern dürfen.

Dass die Nachtheile durch sorgfältige Reinigung mit
Chlorkalklösung gemindert werden können, will ich zuge-
ben (wir wenden immer diese an, sowohl in der Anstalt für
die Wärterinnen der Kranken, als am Secirtisch), aber gänz-
lich zu heben durch diese Vorsorge sind sie nicht.

Wir kennen die Natur des Leichengiftes nicht, und können
nicht wissen, ob es destruirt wird durch unsere Desinfections-
mittel. Für diess spricht jedenfalls die Erfahrung nicht, wenn
wir beachten, dass weder Puerperalfieber noch Eiterungs-
fieber oder Spitalbrand-Effluvien durch Reinigung von Zim-

gleich die Erklärung durch Mittheilung eines Contagiums
weder in Theorie noch in Analogie etwas gegen sich hat.
Am auffallendsten ist doch die Analogie mit dem Eiterungs-
fieber und der Eiteratmosphäre, welche in mit chirurgischen
Kranken belegten Sälen die frisch Verwundeten bedroht.
Und eine Neuentbundene ist doch gewiss, selbst in physiolo-
gischem Zustande, eine frisch Verwundete.

Was Ihre Meinung vom Leichencontagium als Ursache
der Krankheit anbelangt, so stimme ich dieser aus meiner
innersten Ueberzeugung bei. In früheren Jahren habe ich in
einzelnen Fällen diesen Ursprung so nachgewiesen, dass ich
seitdem die rigorosesten Massregeln getroffen habe, um diesem
Unglücke vorzubeugen.

Der Assistent und die Studierenden, welche Touchir-
übungen machen und Geburten beiwohnen, müssen sich
gänzlich von anatomischen Geschäften enthalten. Die Sectio-
nen von am Puerperalfieber Gestorbenen werden von Individuen
der medicinischen oder chirurgischen Abtheilung, oder von
anderen Studierenden gemacht, höchstens ist es solchen, die
in den ersten Tagen nicht an der Reihe sind, erlaubt diesen
beizuwohnen und die Resultate zu sehen, aber streng verboten,
die Hände hiebei zu verunreinigen. Es ist meine Ueberzeu-
gung, dass wir die uns anvertraute Menschheit nicht an die
Wissbegierde, welche auch seiner Zeit früher oder später kann
befriedigt werden, opfern dürfen.

Dass die Nachtheile durch sorgfältige Reinigung mit
Chlorkalklösung gemindert werden können, will ich zuge-
ben (wir wenden immer diese an, sowohl in der Anstalt für
die Wärterinnen der Kranken, als am Secirtisch), aber gänz-
lich zu heben durch diese Vorsorge sind sie nicht.

Wir kennen die Natur des Leichengiftes nicht, und können
nicht wissen, ob es destruirt wird durch unsere Desinfections-
mittel. Für diess spricht jedenfalls die Erfahrung nicht, wenn
wir beachten, dass weder Puerperalfieber noch Eiterungs-
fieber oder Spitalbrand-Effluvien durch Reinigung von Zim-

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[311/0323] gleich die Erklärung durch Mittheilung eines Contagiums weder in Theorie noch in Analogie etwas gegen sich hat. Am auffallendsten ist doch die Analogie mit dem Eiterungs- fieber und der Eiteratmosphäre, welche in mit chirurgischen Kranken belegten Sälen die frisch Verwundeten bedroht. Und eine Neuentbundene ist doch gewiss, selbst in physiolo- gischem Zustande, eine frisch Verwundete. Was Ihre Meinung vom Leichencontagium als Ursache der Krankheit anbelangt, so stimme ich dieser aus meiner innersten Ueberzeugung bei. In früheren Jahren habe ich in einzelnen Fällen diesen Ursprung so nachgewiesen, dass ich seitdem die rigorosesten Massregeln getroffen habe, um diesem Unglücke vorzubeugen. Der Assistent und die Studierenden, welche Touchir- übungen machen und Geburten beiwohnen, müssen sich gänzlich von anatomischen Geschäften enthalten. Die Sectio- nen von am Puerperalfieber Gestorbenen werden von Individuen der medicinischen oder chirurgischen Abtheilung, oder von anderen Studierenden gemacht, höchstens ist es solchen, die in den ersten Tagen nicht an der Reihe sind, erlaubt diesen beizuwohnen und die Resultate zu sehen, aber streng verboten, die Hände hiebei zu verunreinigen. Es ist meine Ueberzeu- gung, dass wir die uns anvertraute Menschheit nicht an die Wissbegierde, welche auch seiner Zeit früher oder später kann befriedigt werden, opfern dürfen. Dass die Nachtheile durch sorgfältige Reinigung mit Chlorkalklösung gemindert werden können, will ich zuge- ben (wir wenden immer diese an, sowohl in der Anstalt für die Wärterinnen der Kranken, als am Secirtisch), aber gänz- lich zu heben durch diese Vorsorge sind sie nicht. Wir kennen die Natur des Leichengiftes nicht, und können nicht wissen, ob es destruirt wird durch unsere Desinfections- mittel. Für diess spricht jedenfalls die Erfahrung nicht, wenn wir beachten, dass weder Puerperalfieber noch Eiterungs- fieber oder Spitalbrand-Effluvien durch Reinigung von Zim-

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Zitationshilfe: Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/323>, abgerufen am 22.11.2024.