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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861.

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Und wer erinnert sich nicht bei dieser Veranlassung an
Dietl's Ausspruch.

Im Ganzen hört man jetzt wohl weniger von diesen ver-
heerenden Puerperalepidemien, vielleicht liegt die Ursache in
Beobachtung jener Einrichtungen, die sich auf ihre Erfahrun-
gen basiren -- -- ohne dass man es sich selbst und der Oef-
fentlichkeit gegenüber eingestehen will.

Scanzoni sagt: "Was nun den in der Prager Gebäranstalt
beobachteten Erfolg der Chlorwaschungen anbelangt, so ist zu
erwähnen, dass dieselben im Monate März 1848, wo das Puer-
peralfieber häufiger und bösartiger auftrat, zum ersten Male
angeordnet und beharrlich während der zweiten Hälfte des
Monates März, sowie auch in dem ganzen nachfolgenden Mo-
nate April durchgeführt wurden.

Da sich aber, ohngeachtet wir auch in dieser Periode die
Sectionslocalitäten nur äusserst selten besuchten, die Zahl der
Erkrankungen durchaus nicht minderte, so wurden die Chlor-
waschungen des Experimentes wegen auf einige Zeit ausgesetzt,
und was diese mit der grössten Sorgfalt vorgenommenen und
überwachten Waschungen nicht vermochten, das vollbrachte
ein günstiger Genius epidemicus: die Erkrankungen minder-
ten sich plötzlich, so dass wir im Monate Mai auf 205 Wöch-
nerinnen nur einen Todesfall zählten, während in den Monaten
März und April, wo mit Chlorkalk gewaschen wurde, auf 406
Entbundene zufällig 31 Todte kamen.

Nachdem wir uns nun die Ueberzeugung verschafft hat-
ten, dass diese Massregel nicht im Stande sei, den einmal
ausgebrochenen häufigen Erkrankungen der Wöchnerinnen
Einhalt zu thun, lag es uns ob, zu erforschen, ob sie vielleicht
zureiche, das Auftreten solcher Puerperalepidemien im Gebär-
hause hintanzuhalten. Die Waschungen wurden daher Anfangs
Juni neuerdings eingeleitet, und ohne dass irgend eine Ursache
nachweisbar gewesen wäre, erkrankten im Juni 21, im Juli 9,
im August 26; von den ersten starben 9, von den zweiten 2,
von den dritten 8. Wie sich diese auffallende Schwankung in

Und wer erinnert sich nicht bei dieser Veranlassung an
Dietl’s Ausspruch.

Im Ganzen hört man jetzt wohl weniger von diesen ver-
heerenden Puerperalepidemien, vielleicht liegt die Ursache in
Beobachtung jener Einrichtungen, die sich auf ihre Erfahrun-
gen basiren — — ohne dass man es sich selbst und der Oef-
fentlichkeit gegenüber eingestehen will.

Scanzoni sagt: »Was nun den in der Prager Gebäranstalt
beobachteten Erfolg der Chlorwaschungen anbelangt, so ist zu
erwähnen, dass dieselben im Monate März 1848, wo das Puer-
peralfieber häufiger und bösartiger auftrat, zum ersten Male
angeordnet und beharrlich während der zweiten Hälfte des
Monates März, sowie auch in dem ganzen nachfolgenden Mo-
nate April durchgeführt wurden.

Da sich aber, ohngeachtet wir auch in dieser Periode die
Sectionslocalitäten nur äusserst selten besuchten, die Zahl der
Erkrankungen durchaus nicht minderte, so wurden die Chlor-
waschungen des Experimentes wegen auf einige Zeit ausgesetzt,
und was diese mit der grössten Sorgfalt vorgenommenen und
überwachten Waschungen nicht vermochten, das vollbrachte
ein günstiger Genius epidemicus: die Erkrankungen minder-
ten sich plötzlich, so dass wir im Monate Mai auf 205 Wöch-
nerinnen nur einen Todesfall zählten, während in den Monaten
März und April, wo mit Chlorkalk gewaschen wurde, auf 406
Entbundene zufällig 31 Todte kamen.

Nachdem wir uns nun die Ueberzeugung verschafft hat-
ten, dass diese Massregel nicht im Stande sei, den einmal
ausgebrochenen häufigen Erkrankungen der Wöchnerinnen
Einhalt zu thun, lag es uns ob, zu erforschen, ob sie vielleicht
zureiche, das Auftreten solcher Puerperalepidemien im Gebär-
hause hintanzuhalten. Die Waschungen wurden daher Anfangs
Juni neuerdings eingeleitet, und ohne dass irgend eine Ursache
nachweisbar gewesen wäre, erkrankten im Juni 21, im Juli 9,
im August 26; von den ersten starben 9, von den zweiten 2,
von den dritten 8. Wie sich diese auffallende Schwankung in

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[328/0340] Und wer erinnert sich nicht bei dieser Veranlassung an Dietl’s Ausspruch. Im Ganzen hört man jetzt wohl weniger von diesen ver- heerenden Puerperalepidemien, vielleicht liegt die Ursache in Beobachtung jener Einrichtungen, die sich auf ihre Erfahrun- gen basiren — — ohne dass man es sich selbst und der Oef- fentlichkeit gegenüber eingestehen will. Scanzoni sagt: »Was nun den in der Prager Gebäranstalt beobachteten Erfolg der Chlorwaschungen anbelangt, so ist zu erwähnen, dass dieselben im Monate März 1848, wo das Puer- peralfieber häufiger und bösartiger auftrat, zum ersten Male angeordnet und beharrlich während der zweiten Hälfte des Monates März, sowie auch in dem ganzen nachfolgenden Mo- nate April durchgeführt wurden. Da sich aber, ohngeachtet wir auch in dieser Periode die Sectionslocalitäten nur äusserst selten besuchten, die Zahl der Erkrankungen durchaus nicht minderte, so wurden die Chlor- waschungen des Experimentes wegen auf einige Zeit ausgesetzt, und was diese mit der grössten Sorgfalt vorgenommenen und überwachten Waschungen nicht vermochten, das vollbrachte ein günstiger Genius epidemicus: die Erkrankungen minder- ten sich plötzlich, so dass wir im Monate Mai auf 205 Wöch- nerinnen nur einen Todesfall zählten, während in den Monaten März und April, wo mit Chlorkalk gewaschen wurde, auf 406 Entbundene zufällig 31 Todte kamen. Nachdem wir uns nun die Ueberzeugung verschafft hat- ten, dass diese Massregel nicht im Stande sei, den einmal ausgebrochenen häufigen Erkrankungen der Wöchnerinnen Einhalt zu thun, lag es uns ob, zu erforschen, ob sie vielleicht zureiche, das Auftreten solcher Puerperalepidemien im Gebär- hause hintanzuhalten. Die Waschungen wurden daher Anfangs Juni neuerdings eingeleitet, und ohne dass irgend eine Ursache nachweisbar gewesen wäre, erkrankten im Juni 21, im Juli 9, im August 26; von den ersten starben 9, von den zweiten 2, von den dritten 8. Wie sich diese auffallende Schwankung in

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Zitationshilfe: Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/340>, abgerufen am 22.11.2024.