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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861.

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Uebungen an Leichen hatte, so kamen doch die Schüler von
den Ferien mit frischem Eifer, besuchten die Sectionen, gingen
direct, wie Lumpe selbst sagt, aus der Leichenkammer von den
Sectionen zur Visite ins Gebärhaus, das dauert so lange, bis
in Folge der wärmeren Jahreszeit der Aufenthalt sowohl in
der Todtenkammer als im Gebärhause unangenehm wird, da
lässt der Fleiss bedeutend nach, und nur Folge des Fleisses
der Schüler in der kälteren Jahreszeit ist die grosse Sterblich-
keit in der kälteren Jahreszeit, und Folge des verminderten
Fleisses ist die geringere Sterblichkeit während der wärmeren
Jahreszeit. Die geburtshilflichen Curse mit Uebungen an
Leichen in der wärmeren Jahreszeit -- in welche die Curse
bei gleichzeitiger geringer Sterblichkeit fallen -- werden nach
der Nachmittagsvisite gehalten, und sind deshalb minder ge-
fährlich, weil die Schüler nach vollendeter Tagesarbeit sich
zerstreuen, und erst kommenden Tags wieder das Gebärhaus
besuchen.

Lumpe sagt, der grössten Gefahr einer Infection sind be-
sonders die künstlichen Geburten ausgesetzt, wegen der häu-
figen Untersuchungen, denen selbe unterworfen sind, und doch
war in den 8 Monaten die Zahl der Todesfälle viel kleiner, als
die Zahl der künstlichen Geburten. Natürlich, weil diese
8 Monate in die warme Jahreszeit fallen, wo mit reineren
Händen untersucht wird. Hätte Lumpe die künstlichen Ge-
burten der Wintermonate excerpirt, so hätte es sich gezeigt,
dass die Sterblichkeit nach künstllichen Geburten eine sehr
grosse sei.

Dr. Lumpe sagt: "Wenn die Folgen eines Giftes bei der
nachgewiesenen Wirklichkeit der Uebertragung durch volle
8 Monate nicht zur Aeusserung kommen, so existirt kein ver-
nünftiger Grund gegen die Annahme, dass dies auch mehrere
Jahre hindurch der Fall sein kann. Die Chlorwaschungen
werden seit 3 Jahren gemacht."

Wir haben nachgewiesen, dass nur im Mai 1841 das
Leichengift nach den Gebärhausrapporten sich nicht geäussert

Semmelweis, Kindbettfieber. 29

Uebungen an Leichen hatte, so kamen doch die Schüler von
den Ferien mit frischem Eifer, besuchten die Sectionen, gingen
direct, wie Lumpe selbst sagt, aus der Leichenkammer von den
Sectionen zur Visite ins Gebärhaus, das dauert so lange, bis
in Folge der wärmeren Jahreszeit der Aufenthalt sowohl in
der Todtenkammer als im Gebärhause unangenehm wird, da
lässt der Fleiss bedeutend nach, und nur Folge des Fleisses
der Schüler in der kälteren Jahreszeit ist die grosse Sterblich-
keit in der kälteren Jahreszeit, und Folge des verminderten
Fleisses ist die geringere Sterblichkeit während der wärmeren
Jahreszeit. Die geburtshilflichen Curse mit Uebungen an
Leichen in der wärmeren Jahreszeit — in welche die Curse
bei gleichzeitiger geringer Sterblichkeit fallen — werden nach
der Nachmittagsvisite gehalten, und sind deshalb minder ge-
fährlich, weil die Schüler nach vollendeter Tagesarbeit sich
zerstreuen, und erst kommenden Tags wieder das Gebärhaus
besuchen.

Lumpe sagt, der grössten Gefahr einer Infection sind be-
sonders die künstlichen Geburten ausgesetzt, wegen der häu-
figen Untersuchungen, denen selbe unterworfen sind, und doch
war in den 8 Monaten die Zahl der Todesfälle viel kleiner, als
die Zahl der künstlichen Geburten. Natürlich, weil diese
8 Monate in die warme Jahreszeit fallen, wo mit reineren
Händen untersucht wird. Hätte Lumpe die künstlichen Ge-
burten der Wintermonate excerpirt, so hätte es sich gezeigt,
dass die Sterblichkeit nach künstllichen Geburten eine sehr
grosse sei.

Dr. Lumpe sagt: »Wenn die Folgen eines Giftes bei der
nachgewiesenen Wirklichkeit der Uebertragung durch volle
8 Monate nicht zur Aeusserung kommen, so existirt kein ver-
nünftiger Grund gegen die Annahme, dass dies auch mehrere
Jahre hindurch der Fall sein kann. Die Chlorwaschungen
werden seit 3 Jahren gemacht.«

Wir haben nachgewiesen, dass nur im Mai 1841 das
Leichengift nach den Gebärhausrapporten sich nicht geäussert

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[449/0461] Uebungen an Leichen hatte, so kamen doch die Schüler von den Ferien mit frischem Eifer, besuchten die Sectionen, gingen direct, wie Lumpe selbst sagt, aus der Leichenkammer von den Sectionen zur Visite ins Gebärhaus, das dauert so lange, bis in Folge der wärmeren Jahreszeit der Aufenthalt sowohl in der Todtenkammer als im Gebärhause unangenehm wird, da lässt der Fleiss bedeutend nach, und nur Folge des Fleisses der Schüler in der kälteren Jahreszeit ist die grosse Sterblich- keit in der kälteren Jahreszeit, und Folge des verminderten Fleisses ist die geringere Sterblichkeit während der wärmeren Jahreszeit. Die geburtshilflichen Curse mit Uebungen an Leichen in der wärmeren Jahreszeit — in welche die Curse bei gleichzeitiger geringer Sterblichkeit fallen — werden nach der Nachmittagsvisite gehalten, und sind deshalb minder ge- fährlich, weil die Schüler nach vollendeter Tagesarbeit sich zerstreuen, und erst kommenden Tags wieder das Gebärhaus besuchen. Lumpe sagt, der grössten Gefahr einer Infection sind be- sonders die künstlichen Geburten ausgesetzt, wegen der häu- figen Untersuchungen, denen selbe unterworfen sind, und doch war in den 8 Monaten die Zahl der Todesfälle viel kleiner, als die Zahl der künstlichen Geburten. Natürlich, weil diese 8 Monate in die warme Jahreszeit fallen, wo mit reineren Händen untersucht wird. Hätte Lumpe die künstlichen Ge- burten der Wintermonate excerpirt, so hätte es sich gezeigt, dass die Sterblichkeit nach künstllichen Geburten eine sehr grosse sei. Dr. Lumpe sagt: »Wenn die Folgen eines Giftes bei der nachgewiesenen Wirklichkeit der Uebertragung durch volle 8 Monate nicht zur Aeusserung kommen, so existirt kein ver- nünftiger Grund gegen die Annahme, dass dies auch mehrere Jahre hindurch der Fall sein kann. Die Chlorwaschungen werden seit 3 Jahren gemacht.« Wir haben nachgewiesen, dass nur im Mai 1841 das Leichengift nach den Gebärhausrapporten sich nicht geäussert Semmelweis, Kindbettfieber. 29

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Zitationshilfe: Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 449. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/461>, abgerufen am 22.11.2024.