schreibung von den Läusen im Felde und in der Ge¬ fangenschaft, dass wir andern fast die Phthiriase davon hätten bekommen mögen. Mir war es nunmehr nur eine drollige Reminiscenz meiner ersten Seefahrt nach Amerika, wo die Engländer uns gar erbärmlich säuber¬ lich hielten, und wo wir, vom Kapitän bis zum Trommelschläger, der Thierchen auch eine solche Menge bekamen, dass sie das Tauwerk zu zerfressen drohten. Ein Fuhrknecht erzählte dann unter andern toll genug, wie er und seine Cameraden in Iglau neu¬ lich einige Soldaten, in einem Streit wegen der Mäd¬ chen, gar furchtbar zusammen geprügelt hätten. Where there is a quarrel, there is always a lady in the case, dachte ich; gilt auch bey der Oestreichischen Bagage. Ein Soldat meinte, dass die Fuhrknechte denn doch etwas sehr missliches und ungebührliches unternommen hätten, sich an den Vertheidigern des Vaterlandes zu vergreifen; die Geschichte würde ihnen am Ende bitter bekommen seyn. Ey was, versetzte der Fuhrknecht, es waren ja nur Legioner. Das ist etwas anders, erwiederte der Soldat beruhigt; das wa¬ ren nur Studenten und Kaufmannsjungen, die den dritten Marsch um das Butterbrot weinten wie die Hellerhuren; die kann man schon mit einer tüchtigen Tracht Schläge einweihen, um ihnen den Kitzel zu vertreiben.
In Prag registrierte uns eine Art von Thorschrei¬ ber gehörig ein, gab uns Quartierzettel und schickte unsere Pässe zur Vidierung auf das Polizeydirektorium. Die Herren der Polizey waren gegen alle Gewohnheit der Klasse in andern Ländern die Höflichkeit selbst,
schreibung von den Läusen im Felde und in der Ge¬ fangenschaft, daſs wir andern fast die Phthiriase davon hätten bekommen mögen. Mir war es nunmehr nur eine drollige Reminiscenz meiner ersten Seefahrt nach Amerika, wo die Engländer uns gar erbärmlich säuber¬ lich hielten, und wo wir, vom Kapitän bis zum Trommelschläger, der Thierchen auch eine solche Menge bekamen, daſs sie das Tauwerk zu zerfressen drohten. Ein Fuhrknecht erzählte dann unter andern toll genug, wie er und seine Cameraden in Iglau neu¬ lich einige Soldaten, in einem Streit wegen der Mäd¬ chen, gar furchtbar zusammen geprügelt hätten. Where there is a quarrel, there is always a lady in the case, dachte ich; gilt auch bey der Oestreichischen Bagage. Ein Soldat meinte, daſs die Fuhrknechte denn doch etwas sehr miſsliches und ungebührliches unternommen hätten, sich an den Vertheidigern des Vaterlandes zu vergreifen; die Geschichte würde ihnen am Ende bitter bekommen seyn. Ey was, versetzte der Fuhrknecht, es waren ja nur Legioner. Das ist etwas anders, erwiederte der Soldat beruhigt; das wa¬ ren nur Studenten und Kaufmannsjungen, die den dritten Marsch um das Butterbrot weinten wie die Hellerhuren; die kann man schon mit einer tüchtigen Tracht Schläge einweihen, um ihnen den Kitzel zu vertreiben.
In Prag registrierte uns eine Art von Thorschrei¬ ber gehörig ein, gab uns Quartierzettel und schickte unsere Pässe zur Vidierung auf das Polizeydirektorium. Die Herren der Polizey waren gegen alle Gewohnheit der Klasse in andern Ländern die Höflichkeit selbst,
<TEI><text><body><div><p><pbfacs="#f0040"n="14"/>
schreibung von den Läusen im Felde und in der Ge¬<lb/>
fangenschaft, daſs wir andern fast die Phthiriase davon<lb/>
hätten bekommen mögen. Mir war es nunmehr nur<lb/>
eine drollige Reminiscenz meiner ersten Seefahrt nach<lb/>
Amerika, wo die Engländer uns gar erbärmlich säuber¬<lb/>
lich hielten, und wo wir, vom Kapitän bis zum<lb/>
Trommelschläger, der Thierchen auch eine solche<lb/>
Menge bekamen, daſs sie das Tauwerk zu zerfressen<lb/>
drohten. Ein Fuhrknecht erzählte dann unter andern<lb/>
toll genug, wie er und seine Cameraden in Iglau neu¬<lb/>
lich einige Soldaten, in einem Streit wegen der Mäd¬<lb/>
chen, gar furchtbar zusammen geprügelt hätten.<lb/><hirendition="#i">Where there is a quarrel, there is always a lady in<lb/>
the case</hi>, dachte ich; gilt auch bey der Oestreichischen<lb/>
Bagage. Ein Soldat meinte, daſs die Fuhrknechte<lb/>
denn doch etwas sehr miſsliches und ungebührliches<lb/>
unternommen hätten, sich an den Vertheidigern des<lb/>
Vaterlandes zu vergreifen; die Geschichte würde ihnen<lb/>
am Ende bitter bekommen seyn. Ey was, versetzte<lb/>
der Fuhrknecht, es waren ja nur Legioner. Das ist<lb/>
etwas anders, erwiederte der Soldat beruhigt; das wa¬<lb/>
ren nur Studenten und Kaufmannsjungen, die den<lb/>
dritten Marsch um das Butterbrot weinten wie die<lb/>
Hellerhuren; die kann man schon mit einer tüchtigen<lb/>
Tracht Schläge einweihen, um ihnen den Kitzel zu<lb/>
vertreiben.</p><lb/><p>In Prag registrierte uns eine Art von Thorschrei¬<lb/>
ber gehörig ein, gab uns Quartierzettel und schickte<lb/>
unsere Pässe zur Vidierung auf das Polizeydirektorium.<lb/>
Die Herren der Polizey waren gegen alle Gewohnheit<lb/>
der Klasse in andern Ländern die Höflichkeit selbst,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[14/0040]
schreibung von den Läusen im Felde und in der Ge¬
fangenschaft, daſs wir andern fast die Phthiriase davon
hätten bekommen mögen. Mir war es nunmehr nur
eine drollige Reminiscenz meiner ersten Seefahrt nach
Amerika, wo die Engländer uns gar erbärmlich säuber¬
lich hielten, und wo wir, vom Kapitän bis zum
Trommelschläger, der Thierchen auch eine solche
Menge bekamen, daſs sie das Tauwerk zu zerfressen
drohten. Ein Fuhrknecht erzählte dann unter andern
toll genug, wie er und seine Cameraden in Iglau neu¬
lich einige Soldaten, in einem Streit wegen der Mäd¬
chen, gar furchtbar zusammen geprügelt hätten.
Where there is a quarrel, there is always a lady in
the case, dachte ich; gilt auch bey der Oestreichischen
Bagage. Ein Soldat meinte, daſs die Fuhrknechte
denn doch etwas sehr miſsliches und ungebührliches
unternommen hätten, sich an den Vertheidigern des
Vaterlandes zu vergreifen; die Geschichte würde ihnen
am Ende bitter bekommen seyn. Ey was, versetzte
der Fuhrknecht, es waren ja nur Legioner. Das ist
etwas anders, erwiederte der Soldat beruhigt; das wa¬
ren nur Studenten und Kaufmannsjungen, die den
dritten Marsch um das Butterbrot weinten wie die
Hellerhuren; die kann man schon mit einer tüchtigen
Tracht Schläge einweihen, um ihnen den Kitzel zu
vertreiben.
In Prag registrierte uns eine Art von Thorschrei¬
ber gehörig ein, gab uns Quartierzettel und schickte
unsere Pässe zur Vidierung auf das Polizeydirektorium.
Die Herren der Polizey waren gegen alle Gewohnheit
der Klasse in andern Ländern die Höflichkeit selbst,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/40>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.