den Ströme ganz gleichgültig in welchem Sinne die Batterien beider Stationen eingeschaltet werden. Werden sie in gleichem Sinne, d. i. so eingeschaltet, dass sie als eine Batterie von doppelter Zahl von Elementen wirken, so ist die Stromstärke im Leitungsdraht und den mit ihnen verbundenen Spiralen doppelt so gross wie die, welche eine einzelne Batterie in demselben Kreise hervorbringt. Sind die Batterien dagegen gleich und ent- gegengerichtet, so neutralisiren sie sich in einem völlig isolirten Leitungskreise vollständig und es wird weder der Leitungsdraht noch die zugehörigen Spiralen von einem Strome durchlaufen. In beiden Fällen werden die Magnete durch die Differenz der Wirkung des Linien- und des Gleichgewichtsstromes -- mithin ebenso stark wie bei einseitigem Strome -- magnetisirt. Der einzige Unterschied besteht darin, dass im ersteren Falle der Linien-, im zweiten der Local-Gleichgewichtsstrom überwiegend ist und die Magnetisirung bewirkt.
Die praktischen Resultate, welche Hr. Dr. Gintl bei den Ver- suchen mit den wie eben beschrieben hergerichteten Apparaten erzielte, konnten nur sehr ungünstig ausfallen. Zwei Batterien bleiben nicht lange im Gleichgewicht ohne häufige Correcturen des Widerstandes. Noch weit schwieriger, ja sogar unmöglich, ist es, zwei Contacte wirklich gleichzeitig herzustellen und auf- zuheben, wie es das Gintl'sche1) Gegensprechverfahren erfordert. Ferner wird die leitende Verbindung des Leitungsdrahtes mit der Erde während jedes Uebergangs aus einer Ruhelage in die andere unterbrochen, der von der anderen Station kommende Strom mithin während dieser Zeit aufgehoben, wodurch nothwendig Störungen der ankommenden Schrift hervorgerufen werden. Endlich hat Herr Dr. Gintl. dadurch, dass er die Batterien in entgegengesetzter Richtung einschaltete, noch den Uebelstand herbeigeführt, dass die Uebertragermagnete bei gleichzeitiger Schrift im Sinne der
1) Hr. Dr. Gintl hat selbst das oben beschriebene Verfahren des gleich- zeitigen Sprechens durch denselben Draht mit Morse'schen Telegraphen nirgends mit Bestimmtheit als seine Erfindung in Anspruch genommen. Da häufig der verstorbene Professor Petrina in Prag als derjenige bezeichnet wird, welcher der österreichischen Regierung die leitende Idee zu dem be- schriebenen Versuche mitgetheilt habe, so wäre eine bestimmte Erklärung hierüber sehr wünschenswerth.
den Ströme ganz gleichgültig in welchem Sinne die Batterien beider Stationen eingeschaltet werden. Werden sie in gleichem Sinne, d. i. so eingeschaltet, dass sie als eine Batterie von doppelter Zahl von Elementen wirken, so ist die Stromstärke im Leitungsdraht und den mit ihnen verbundenen Spiralen doppelt so gross wie die, welche eine einzelne Batterie in demselben Kreise hervorbringt. Sind die Batterien dagegen gleich und ent- gegengerichtet, so neutralisiren sie sich in einem völlig isolirten Leitungskreise vollständig und es wird weder der Leitungsdraht noch die zugehörigen Spiralen von einem Strome durchlaufen. In beiden Fällen werden die Magnete durch die Differenz der Wirkung des Linien- und des Gleichgewichtsstromes — mithin ebenso stark wie bei einseitigem Strome — magnetisirt. Der einzige Unterschied besteht darin, dass im ersteren Falle der Linien-, im zweiten der Local-Gleichgewichtsstrom überwiegend ist und die Magnetisirung bewirkt.
Die praktischen Resultate, welche Hr. Dr. Gintl bei den Ver- suchen mit den wie eben beschrieben hergerichteten Apparaten erzielte, konnten nur sehr ungünstig ausfallen. Zwei Batterien bleiben nicht lange im Gleichgewicht ohne häufige Correcturen des Widerstandes. Noch weit schwieriger, ja sogar unmöglich, ist es, zwei Contacte wirklich gleichzeitig herzustellen und auf- zuheben, wie es das Gintl’sche1) Gegensprechverfahren erfordert. Ferner wird die leitende Verbindung des Leitungsdrahtes mit der Erde während jedes Uebergangs aus einer Ruhelage in die andere unterbrochen, der von der anderen Station kommende Strom mithin während dieser Zeit aufgehoben, wodurch nothwendig Störungen der ankommenden Schrift hervorgerufen werden. Endlich hat Herr Dr. Gintl. dadurch, dass er die Batterien in entgegengesetzter Richtung einschaltete, noch den Uebelstand herbeigeführt, dass die Uebertragermagnete bei gleichzeitiger Schrift im Sinne der
1) Hr. Dr. Gintl hat selbst das oben beschriebene Verfahren des gleich- zeitigen Sprechens durch denselben Draht mit Morse’schen Telegraphen nirgends mit Bestimmtheit als seine Erfindung in Anspruch genommen. Da häufig der verstorbene Professor Petrina in Prag als derjenige bezeichnet wird, welcher der österreichischen Regierung die leitende Idee zu dem be- schriebenen Versuche mitgetheilt habe, so wäre eine bestimmte Erklärung hierüber sehr wünschenswerth.
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den Ströme ganz gleichgültig in welchem Sinne die Batterien
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Sinne, d. i. so eingeschaltet, dass sie als eine Batterie von
doppelter Zahl von Elementen wirken, so ist die Stromstärke im
Leitungsdraht und den mit ihnen verbundenen Spiralen doppelt
so gross wie die, welche eine einzelne Batterie in demselben
Kreise hervorbringt. Sind die Batterien dagegen gleich und ent-
gegengerichtet, so neutralisiren sie sich in einem völlig isolirten
Leitungskreise vollständig und es wird weder der Leitungsdraht
noch die zugehörigen Spiralen von einem Strome durchlaufen.
In beiden Fällen werden die Magnete durch die Differenz der
Wirkung des Linien- und des Gleichgewichtsstromes — mithin
ebenso stark wie bei einseitigem Strome — magnetisirt. Der
einzige Unterschied besteht darin, dass im ersteren Falle der
Linien-, im zweiten der Local-Gleichgewichtsstrom überwiegend
ist und die Magnetisirung bewirkt.
Die praktischen Resultate, welche Hr. Dr. Gintl bei den Ver-
suchen mit den wie eben beschrieben hergerichteten Apparaten
erzielte, konnten nur sehr ungünstig ausfallen. Zwei Batterien
bleiben nicht lange im Gleichgewicht ohne häufige Correcturen
des Widerstandes. Noch weit schwieriger, ja sogar unmöglich,
ist es, zwei Contacte wirklich gleichzeitig herzustellen und auf-
zuheben, wie es das Gintl’sche 1) Gegensprechverfahren erfordert.
Ferner wird die leitende Verbindung des Leitungsdrahtes mit der
Erde während jedes Uebergangs aus einer Ruhelage in die andere
unterbrochen, der von der anderen Station kommende Strom mithin
während dieser Zeit aufgehoben, wodurch nothwendig Störungen
der ankommenden Schrift hervorgerufen werden. Endlich hat Herr
Dr. Gintl. dadurch, dass er die Batterien in entgegengesetzter
Richtung einschaltete, noch den Uebelstand herbeigeführt, dass
die Uebertragermagnete bei gleichzeitiger Schrift im Sinne der
1) Hr. Dr. Gintl hat selbst das oben beschriebene Verfahren des gleich-
zeitigen Sprechens durch denselben Draht mit Morse’schen Telegraphen
nirgends mit Bestimmtheit als seine Erfindung in Anspruch genommen.
Da häufig der verstorbene Professor Petrina in Prag als derjenige bezeichnet
wird, welcher der österreichischen Regierung die leitende Idee zu dem be-
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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/135>, abgerufen am 24.11.2024.
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