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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881.

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Gleichgewichtsströme, bei einseitiger dagegen im Sinne des Linien-
stromes magnetisirt wurden; bei jedem der zahlreichen Wechsel
zwischen Einzel- und Doppelschrift musste daher der Magnetismus
der Elektromagnete umgekehrt werden, was zur nothwendigen
Folge haben musste, dass häufig kurze Schriftzeichen fortblieben
und längere unterbrochen wurden.

Die ungünstigen Resultate, welche Hr. Gintl mit dem Gegen-
sprechen auf elektromagnetischem Wege erhielt, veranlassten den-
selben diesen Weg ganz zu verlassen, und die Lösung der Auf-
gabe mittels des Bain'schen elektrochemischen Telegraphen zu
versuchen. In einer am 30. Nov. 1854 der K. K. Academie der
Wissenschaften zu Wien mitgetheilten1) Abhandlung sucht Herr
Dr. Gintl den Beweis zu führen, dass zwei Ströme, ohne sich
gegenseitig zu stören, in entgegengesetzter Richtung denselben
Draht durchlaufen, dass mithin "jeder der beiden sich gleich-
zeitig durch den Draht fortpflanzenden Ströme an der entgegen-
gesetzten Station gerade so anlangte, als wenn er für sich allein
in dem Drahte dahingeleitet worden wäre", und begründete auf
diesen, vermeintlich geführten Beweis die Construction seines
elektrochemischen Gegensprechers. Obgleich sich dieser Beweis,
wie leicht vorherzusehen, als gänzlich irrthümlich ergiebt und
nur zeigt, dass Hr. Dr. Gintl das Ohm'sche Gesetz und die
Lehre der Stromverzweigungen ausser Acht gelassen hat, so ist
der von demselben zuerst betretene Weg des Gegensprechens auf
elektrochemischem Wege doch sehr beachtenswerth. Es wird
daher am zweckmässigsten sein, durch eine einfache Rechnung
gleich die Bedingungen des elektrochemischen Gegensprechens
festzustellen und auf die Gintl'sche Beweisführung gar nicht
weiter einzugehen.

Es stelle in Fig. 9 a b die Drahtleitung, c d die als wider-
standslos betrachtete Verbindung durch die Erde vor, durch
welche die beiden Stationen A und B mit einander communi-
ciren. Die leitende Verbindung zwischen a und c, so wie zwischen
b und d ist durch die zur Aufnahme der telegraphischen Zeichen
bestimmten, mit einer der bekannten Salzlösungen getränkten

1) Sitzungsberichte der math.-naturw. Klasse der Kais. Acad. d.
Wissenschaften Bd. XIV, S. 400.

Gleichgewichtsströme, bei einseitiger dagegen im Sinne des Linien-
stromes magnetisirt wurden; bei jedem der zahlreichen Wechsel
zwischen Einzel- und Doppelschrift musste daher der Magnetismus
der Elektromagnete umgekehrt werden, was zur nothwendigen
Folge haben musste, dass häufig kurze Schriftzeichen fortblieben
und längere unterbrochen wurden.

Die ungünstigen Resultate, welche Hr. Gintl mit dem Gegen-
sprechen auf elektromagnetischem Wege erhielt, veranlassten den-
selben diesen Weg ganz zu verlassen, und die Lösung der Auf-
gabe mittels des Bain’schen elektrochemischen Telegraphen zu
versuchen. In einer am 30. Nov. 1854 der K. K. Academie der
Wissenschaften zu Wien mitgetheilten1) Abhandlung sucht Herr
Dr. Gintl den Beweis zu führen, dass zwei Ströme, ohne sich
gegenseitig zu stören, in entgegengesetzter Richtung denselben
Draht durchlaufen, dass mithin „jeder der beiden sich gleich-
zeitig durch den Draht fortpflanzenden Ströme an der entgegen-
gesetzten Station gerade so anlangte, als wenn er für sich allein
in dem Drahte dahingeleitet worden wäre“, und begründete auf
diesen, vermeintlich geführten Beweis die Construction seines
elektrochemischen Gegensprechers. Obgleich sich dieser Beweis,
wie leicht vorherzusehen, als gänzlich irrthümlich ergiebt und
nur zeigt, dass Hr. Dr. Gintl das Ohm’sche Gesetz und die
Lehre der Stromverzweigungen ausser Acht gelassen hat, so ist
der von demselben zuerst betretene Weg des Gegensprechens auf
elektrochemischem Wege doch sehr beachtenswerth. Es wird
daher am zweckmässigsten sein, durch eine einfache Rechnung
gleich die Bedingungen des elektrochemischen Gegensprechens
festzustellen und auf die Gintl’sche Beweisführung gar nicht
weiter einzugehen.

Es stelle in Fig. 9 a b die Drahtleitung, c d die als wider-
standslos betrachtete Verbindung durch die Erde vor, durch
welche die beiden Stationen A und B mit einander communi-
ciren. Die leitende Verbindung zwischen a und c, so wie zwischen
b und d ist durch die zur Aufnahme der telegraphischen Zeichen
bestimmten, mit einer der bekannten Salzlösungen getränkten

1) Sitzungsberichte der math.-naturw. Klasse der Kais. Acad. d.
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[118/0136] Gleichgewichtsströme, bei einseitiger dagegen im Sinne des Linien- stromes magnetisirt wurden; bei jedem der zahlreichen Wechsel zwischen Einzel- und Doppelschrift musste daher der Magnetismus der Elektromagnete umgekehrt werden, was zur nothwendigen Folge haben musste, dass häufig kurze Schriftzeichen fortblieben und längere unterbrochen wurden. Die ungünstigen Resultate, welche Hr. Gintl mit dem Gegen- sprechen auf elektromagnetischem Wege erhielt, veranlassten den- selben diesen Weg ganz zu verlassen, und die Lösung der Auf- gabe mittels des Bain’schen elektrochemischen Telegraphen zu versuchen. In einer am 30. Nov. 1854 der K. K. Academie der Wissenschaften zu Wien mitgetheilten 1) Abhandlung sucht Herr Dr. Gintl den Beweis zu führen, dass zwei Ströme, ohne sich gegenseitig zu stören, in entgegengesetzter Richtung denselben Draht durchlaufen, dass mithin „jeder der beiden sich gleich- zeitig durch den Draht fortpflanzenden Ströme an der entgegen- gesetzten Station gerade so anlangte, als wenn er für sich allein in dem Drahte dahingeleitet worden wäre“, und begründete auf diesen, vermeintlich geführten Beweis die Construction seines elektrochemischen Gegensprechers. Obgleich sich dieser Beweis, wie leicht vorherzusehen, als gänzlich irrthümlich ergiebt und nur zeigt, dass Hr. Dr. Gintl das Ohm’sche Gesetz und die Lehre der Stromverzweigungen ausser Acht gelassen hat, so ist der von demselben zuerst betretene Weg des Gegensprechens auf elektrochemischem Wege doch sehr beachtenswerth. Es wird daher am zweckmässigsten sein, durch eine einfache Rechnung gleich die Bedingungen des elektrochemischen Gegensprechens festzustellen und auf die Gintl’sche Beweisführung gar nicht weiter einzugehen. Es stelle in Fig. 9 a b die Drahtleitung, c d die als wider- standslos betrachtete Verbindung durch die Erde vor, durch welche die beiden Stationen A und B mit einander communi- ciren. Die leitende Verbindung zwischen a und c, so wie zwischen b und d ist durch die zur Aufnahme der telegraphischen Zeichen bestimmten, mit einer der bekannten Salzlösungen getränkten 1) Sitzungsberichte der math.-naturw. Klasse der Kais. Acad. d. Wissenschaften Bd. XIV, S. 400.

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Zitationshilfe: Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/136>, abgerufen am 21.11.2024.