der oft erwähnten Linie von Eisenach bis Frankfurt a. M. fand längere Zeit fast täglich eine Unterbrechung der Leitung durch Muthwillen, Diebstahl, Zufall oder durch Naturereignisse statt, und nur durch ein starkes, auf der ganzen Linie vertheiltes Wärtercorps ist es möglich geworden, eine ziemliche Regelmässig- keit des Dienstes durch schnelle Reparatur der vorhandenen Be- schädigungen zu erhalten.
Diese Unsicherheit des Dienstes der Telegraphen mit über- irdischen Leitungen rief daher schon seit längerer Zeit das all- gemeine Bestreben hervor, die Drähte, mit einer isolirenden Masse bekleidet, unter dem Boden fortzuführen. Die ausgedehntesten Versuche in diesem Sinne sind bekanntlich von Jacobi (Annal. Bd. 58, S. 409.) angestellt. Derselbe versuchte zuerst den Draht durch Glasröhren, die mit Kautschuck verbunden wurden, zu iso- liren; doch die Röhren zerbrachen und die Verbindung zeigte sich als undicht. Ebenso schlug ein zweiter Versuch, welcher in Bekleidung des Drahtes in seiner ganzen Länge mit Kaut- schuck bestand, gänzlich fehl, weil die Leitung mit der Zeit die anfänglich vorhandene Isolation grösstentheils verlor. Kautschuck ist auch schon deswegen als Isolationsmittel bei Kupferdraht nicht anwendbar, weil dasselbe bei längerer Berührung mit dem Kupfer sich zersetzt und eine leitende Verbindung mit demselben bildet. Die in Preussen zur Anstellung von Versuchen und zu Ermittelungen über elektrische Telegraphen früher bestehende Commission wiederholte unter einigen Modificationen die Jacobi'- schen Versuche, ohne ein besseres Resultat zu erzielen. In Eng- land und Amerika hat man sich häufig eiserner oder bleierner Röhren bedient, um die eingeschlossenen übersponnenen Drähte vor dem Zutritt der Feuchtigkeit zu schützen. Die grossen Kosten dieses Verfahrens, so wie die mit der vollkommenen Dichtung dieser Röhren verbundenen Schwierigkeiten, machten es natürlich nur für ganz kurze Leitungen durch Flüsse etc. anwendbar. Es zeigte sich ferner, dass die den Draht eng umschliessenden Blei- röhren häufig nach Verlauf einiger Zeit mit demselben in Be- rührung kamen. Wahrscheinlich war die ungleiche Ausdehnung von Blei und Kupfer, bei Temperaturveränderung, die Veran- lassung dieser Erscheinung.
Es schien in der That, als seien die Schwierigkeiten, welche
der oft erwähnten Linie von Eisenach bis Frankfurt a. M. fand längere Zeit fast täglich eine Unterbrechung der Leitung durch Muthwillen, Diebstahl, Zufall oder durch Naturereignisse statt, und nur durch ein starkes, auf der ganzen Linie vertheiltes Wärtercorps ist es möglich geworden, eine ziemliche Regelmässig- keit des Dienstes durch schnelle Reparatur der vorhandenen Be- schädigungen zu erhalten.
Diese Unsicherheit des Dienstes der Telegraphen mit über- irdischen Leitungen rief daher schon seit längerer Zeit das all- gemeine Bestreben hervor, die Drähte, mit einer isolirenden Masse bekleidet, unter dem Boden fortzuführen. Die ausgedehntesten Versuche in diesem Sinne sind bekanntlich von Jacobi (Annal. Bd. 58, S. 409.) angestellt. Derselbe versuchte zuerst den Draht durch Glasröhren, die mit Kautschuck verbunden wurden, zu iso- liren; doch die Röhren zerbrachen und die Verbindung zeigte sich als undicht. Ebenso schlug ein zweiter Versuch, welcher in Bekleidung des Drahtes in seiner ganzen Länge mit Kaut- schuck bestand, gänzlich fehl, weil die Leitung mit der Zeit die anfänglich vorhandene Isolation grösstentheils verlor. Kautschuck ist auch schon deswegen als Isolationsmittel bei Kupferdraht nicht anwendbar, weil dasselbe bei längerer Berührung mit dem Kupfer sich zersetzt und eine leitende Verbindung mit demselben bildet. Die in Preussen zur Anstellung von Versuchen und zu Ermittelungen über elektrische Telegraphen früher bestehende Commission wiederholte unter einigen Modificationen die Jacobi’- schen Versuche, ohne ein besseres Resultat zu erzielen. In Eng- land und Amerika hat man sich häufig eiserner oder bleierner Röhren bedient, um die eingeschlossenen übersponnenen Drähte vor dem Zutritt der Feuchtigkeit zu schützen. Die grossen Kosten dieses Verfahrens, so wie die mit der vollkommenen Dichtung dieser Röhren verbundenen Schwierigkeiten, machten es natürlich nur für ganz kurze Leitungen durch Flüsse etc. anwendbar. Es zeigte sich ferner, dass die den Draht eng umschliessenden Blei- röhren häufig nach Verlauf einiger Zeit mit demselben in Be- rührung kamen. Wahrscheinlich war die ungleiche Ausdehnung von Blei und Kupfer, bei Temperaturveränderung, die Veran- lassung dieser Erscheinung.
Es schien in der That, als seien die Schwierigkeiten, welche
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der oft erwähnten Linie von Eisenach bis Frankfurt a. M. fand
längere Zeit fast täglich eine Unterbrechung der Leitung durch
Muthwillen, Diebstahl, Zufall oder durch Naturereignisse statt,
und nur durch ein starkes, auf der ganzen Linie vertheiltes
Wärtercorps ist es möglich geworden, eine ziemliche Regelmässig-
keit des Dienstes durch schnelle Reparatur der vorhandenen Be-
schädigungen zu erhalten.
Diese Unsicherheit des Dienstes der Telegraphen mit über-
irdischen Leitungen rief daher schon seit längerer Zeit das all-
gemeine Bestreben hervor, die Drähte, mit einer isolirenden Masse
bekleidet, unter dem Boden fortzuführen. Die ausgedehntesten
Versuche in diesem Sinne sind bekanntlich von Jacobi (Annal.
Bd. 58, S. 409.) angestellt. Derselbe versuchte zuerst den Draht
durch Glasröhren, die mit Kautschuck verbunden wurden, zu iso-
liren; doch die Röhren zerbrachen und die Verbindung zeigte
sich als undicht. Ebenso schlug ein zweiter Versuch, welcher
in Bekleidung des Drahtes in seiner ganzen Länge mit Kaut-
schuck bestand, gänzlich fehl, weil die Leitung mit der Zeit die
anfänglich vorhandene Isolation grösstentheils verlor. Kautschuck
ist auch schon deswegen als Isolationsmittel bei Kupferdraht
nicht anwendbar, weil dasselbe bei längerer Berührung mit dem
Kupfer sich zersetzt und eine leitende Verbindung mit demselben
bildet. Die in Preussen zur Anstellung von Versuchen und zu
Ermittelungen über elektrische Telegraphen früher bestehende
Commission wiederholte unter einigen Modificationen die Jacobi’-
schen Versuche, ohne ein besseres Resultat zu erzielen. In Eng-
land und Amerika hat man sich häufig eiserner oder bleierner
Röhren bedient, um die eingeschlossenen übersponnenen Drähte
vor dem Zutritt der Feuchtigkeit zu schützen. Die grossen Kosten
dieses Verfahrens, so wie die mit der vollkommenen Dichtung
dieser Röhren verbundenen Schwierigkeiten, machten es natürlich
nur für ganz kurze Leitungen durch Flüsse etc. anwendbar. Es
zeigte sich ferner, dass die den Draht eng umschliessenden Blei-
röhren häufig nach Verlauf einiger Zeit mit demselben in Be-
rührung kamen. Wahrscheinlich war die ungleiche Ausdehnung
von Blei und Kupfer, bei Temperaturveränderung, die Veran-
lassung dieser Erscheinung.
Es schien in der That, als seien die Schwierigkeiten, welche
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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/56>, abgerufen am 16.02.2025.
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