Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657.

Bild:
<< vorherige Seite

an den Leser.
lich eingegossen werde: dann wie wolte sonst
GOtt alles in allen seyn/ wenn in dem Men-
schen noch etwas vom Menschen übrig wäre?
Und in dem 25. Cap. deß Buchs von der Liebe/
nach dem er eben dise Gleichnüsse angeführet
hatte/ spricht er darauff: Also ist deß Menschen
Geist/ wann er mit Göttlicher Liebe angethan
ist/ gantz Liebe. Derowegen wer GOtt liebt/ ist
jhm selbst Todt/ und in dem er GOtt alleine
lebt/ machet er sich etlicher massen (daß ich so
rede) mit Wesentlich oder mitständig dem ge-
liebten (consubstantiat sedilecto.) Denn so die
Seele Davids der Seelen Jonathe vereinigt
ist; oder so der welcher GOtt anhängt ein Geist
mit jhm wird: so gehet nit ohne ungleiches Ur-
theil der Vereinigung auff eine gewisse Art der
mit Wesenheit die gantze Begierde in GOtt/ etc.
Und derogleichen findet man auch beym Rus-
broch Harphio, Thauler.
und anderen. Jn-
sonderheit beym Ludovico Blosio da er im
zwölfften Cap. seiner Geistlichen Unterrichtun-
gen sehr schön also Redet. Jn der geheimen ver-
einigung verfleust die liebhabende Seele/ und
vergehet von jhr selbst/ und verföllet/ als wäre
sie zunichte worden/ in den Abgrund der ewigen
Liebe: Allda sie jhr Todt ist/ und GOtt lebet/
nichts wissende/ nichts fühlende/ als die Liebe
welche sie schmäkket; denn sie verliehret sich in
der übergrossen Wüste unnd Finsternüß der

Gott-

an den Leſer.
lich eingegoſſen werde: dann wie wolte ſonſt
GOtt alles in allen ſeyn/ wenn in dem Men-
ſchen noch etwas vom Menſchen uͤbrig waͤre?
Und in dem 25. Cap. deß Buchs von der Liebe/
nach dem er eben diſe Gleichnuͤſſe angefuͤhret
hatte/ ſpricht er darauff: Alſo iſt deß Menſchen
Geiſt/ wann er mit Goͤttlicher Liebe angethan
iſt/ gantz Liebe. Derowegen wer GOtt liebt/ iſt
jhm ſelbſt Todt/ und in dem er GOtt alleine
lebt/ machet er ſich etlicher maſſen (daß ich ſo
rede) mit Weſentlich oder mitſtaͤndig dem ge-
liebten (conſubſtantiat ſedilecto.) Denn ſo die
Seele Davids der Seelen Jonathe vereinigt
iſt; oder ſo der welcher GOtt anhaͤngt ein Geiſt
mit jhm wird: ſo gehet nit ohne ungleiches Ur-
theil der Vereinigung auff eine gewiſſe Art der
mit Weſenheit die gantze Begierde in GOtt/ ꝛc.
Und derogleichen findet man auch beym Rus-
broch Harphio, Thauler.
und anderen. Jn-
ſonderheit beym Ludovico Bloſio da er im
zwoͤlfften Cap. ſeiner Geiſtlichen Unterrichtun-
gen ſehr ſchoͤn alſo Redet. Jn der geheimen ver-
einigung verfleuſt die liebhabende Seele/ und
vergehet von jhr ſelbſt/ und verfoͤllet/ als waͤre
ſie zunichte worden/ in den Abgrund der ewigen
Liebe: Allda ſie jhr Todt iſt/ und GOtt lebet/
nichts wiſſende/ nichts fuͤhlende/ als die Liebe
welche ſie ſchmaͤkket; denn ſie verliehret ſich in
der uͤbergroſſen Wuͤſte unnd Finſternuͤß der

Gott-
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div type="preface">
        <p><pb facs="#f0019" n="13"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">an den Le&#x017F;er.</hi></fw><lb/>
lich eingego&#x017F;&#x017F;en werde: dann wie wolte &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
GOtt alles in allen &#x017F;eyn/ wenn in dem Men-<lb/>
&#x017F;chen noch etwas vom Men&#x017F;chen u&#x0364;brig wa&#x0364;re?<lb/>
Und in dem 25. Cap. deß Buchs von der Liebe/<lb/>
nach dem er eben di&#x017F;e Gleichnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e angefu&#x0364;hret<lb/>
hatte/ &#x017F;pricht er darauff: Al&#x017F;o i&#x017F;t deß Men&#x017F;chen<lb/>
Gei&#x017F;t/ wann er mit Go&#x0364;ttlicher Liebe angethan<lb/>
i&#x017F;t/ gantz Liebe. Derowegen wer GOtt liebt/ i&#x017F;t<lb/>
jhm &#x017F;elb&#x017F;t Todt/ und in dem er GOtt alleine<lb/>
lebt/ machet er &#x017F;ich etlicher ma&#x017F;&#x017F;en (daß ich &#x017F;o<lb/>
rede) mit We&#x017F;entlich oder mit&#x017F;ta&#x0364;ndig dem ge-<lb/>
liebten (<hi rendition="#aq">con&#x017F;ub&#x017F;tantiat &#x017F;edilecto.</hi>) Denn &#x017F;o die<lb/>
Seele Davids der Seelen Jonathe vereinigt<lb/>
i&#x017F;t; oder &#x017F;o der welcher GOtt anha&#x0364;ngt ein Gei&#x017F;t<lb/>
mit jhm wird: &#x017F;o gehet nit ohne ungleiches Ur-<lb/>
theil der Vereinigung auff eine gewi&#x017F;&#x017F;e Art der<lb/>
mit We&#x017F;enheit die gantze Begierde in GOtt/ &#xA75B;c.<lb/>
Und derogleichen findet man auch beym <hi rendition="#aq">Rus-<lb/>
broch Harphio, Thauler.</hi> und anderen. Jn-<lb/>
&#x017F;onderheit beym <hi rendition="#aq">Ludovico Blo&#x017F;io</hi> da er im<lb/>
zwo&#x0364;lfften Cap. &#x017F;einer Gei&#x017F;tlichen Unterrichtun-<lb/>
gen &#x017F;ehr &#x017F;cho&#x0364;n al&#x017F;o Redet. Jn der geheimen ver-<lb/>
einigung verfleu&#x017F;t die liebhabende Seele/ und<lb/>
vergehet von jhr &#x017F;elb&#x017F;t/ und verfo&#x0364;llet/ als wa&#x0364;re<lb/>
&#x017F;ie zunichte worden/ in den Abgrund der ewigen<lb/>
Liebe: Allda &#x017F;ie jhr Todt i&#x017F;t/ und GOtt lebet/<lb/>
nichts wi&#x017F;&#x017F;ende/ nichts fu&#x0364;hlende/ als die Liebe<lb/>
welche &#x017F;ie &#x017F;chma&#x0364;kket; denn &#x017F;ie verliehret &#x017F;ich in<lb/>
der u&#x0364;bergro&#x017F;&#x017F;en Wu&#x0364;&#x017F;te unnd Fin&#x017F;ternu&#x0364;ß der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Gott-</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[13/0019] an den Leſer. lich eingegoſſen werde: dann wie wolte ſonſt GOtt alles in allen ſeyn/ wenn in dem Men- ſchen noch etwas vom Menſchen uͤbrig waͤre? Und in dem 25. Cap. deß Buchs von der Liebe/ nach dem er eben diſe Gleichnuͤſſe angefuͤhret hatte/ ſpricht er darauff: Alſo iſt deß Menſchen Geiſt/ wann er mit Goͤttlicher Liebe angethan iſt/ gantz Liebe. Derowegen wer GOtt liebt/ iſt jhm ſelbſt Todt/ und in dem er GOtt alleine lebt/ machet er ſich etlicher maſſen (daß ich ſo rede) mit Weſentlich oder mitſtaͤndig dem ge- liebten (conſubſtantiat ſedilecto.) Denn ſo die Seele Davids der Seelen Jonathe vereinigt iſt; oder ſo der welcher GOtt anhaͤngt ein Geiſt mit jhm wird: ſo gehet nit ohne ungleiches Ur- theil der Vereinigung auff eine gewiſſe Art der mit Weſenheit die gantze Begierde in GOtt/ ꝛc. Und derogleichen findet man auch beym Rus- broch Harphio, Thauler. und anderen. Jn- ſonderheit beym Ludovico Bloſio da er im zwoͤlfften Cap. ſeiner Geiſtlichen Unterrichtun- gen ſehr ſchoͤn alſo Redet. Jn der geheimen ver- einigung verfleuſt die liebhabende Seele/ und vergehet von jhr ſelbſt/ und verfoͤllet/ als waͤre ſie zunichte worden/ in den Abgrund der ewigen Liebe: Allda ſie jhr Todt iſt/ und GOtt lebet/ nichts wiſſende/ nichts fuͤhlende/ als die Liebe welche ſie ſchmaͤkket; denn ſie verliehret ſich in der uͤbergroſſen Wuͤſte unnd Finſternuͤß der Gott-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk erschien 1675 in einer zweiten, um ei… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657/19
Zitationshilfe: Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657/19>, abgerufen am 27.04.2024.