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Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657.

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an den Leser.
langt zur genüge mich vermeine erklärt zuha-
ben; so muß ich doch noch einen schönen Text
auß Dionijsio Carthusiano allher setzen: diser
redet Artic. 42. in Exod. also/ Alsdann wird die
Seele gantz in daß unendliche Licht außgebrei-
tet/ der überwesentlichen GOttheit und über-
seeligsten Dreyeinigkeit/ so strahlend/ Liebreich
und nahe copulirt oder verbunden/ daß sie
nichts andres verspüret/ noch jhre eigne Wür-
ckung warnimbt: sondern sie Verfleust von jhr
selbst/ und fleust wider in jhren eigenen Bron-
nen/ und also wird sie in die Reichtümber der
Glorien verzukket/ in dem Fewr der ungeschaf-
fenen unaußmäßlichen Liebe verbrennet; in
dem Abgrunde der Gottheit vertieffet und ver-
schlukket/ daß sie scheint etlicher massen daß ge-
schaffene Wesen auß- und daß ungeschaffene
und erste Musterwesen (esse ideale) wider an-
zuziehen. Nicht daß die Selbständigkeit ver-
wandelt oder daß eigene Wesen weg genommen
werde/ sondern weil die Weise zuseyn/ und die
Eigenschafft oder qualitet zuleben Vergöttet
wird: Daß ist/ GOtte und seiner überseeligsten
Seeligkeit übernatürlich und genädiglich ver-
gleichet wird: und also wird fürtrefflich erfül-
let deß Apostels Wort: Wer dem HErren an-
hängt ist ein Geist mit jhm/ etc.

Wenn nu der Mensch zu solcher Vollkomner
gleichheit GOttes gelangt ist/ daß er ein Geist

mit

an den Leſer.
langt zur genuͤge mich vermeine erklaͤrt zuha-
ben; ſo muß ich doch noch einen ſchoͤnen Text
auß Dionijſio Carthuſiano allher ſetzen: diſer
redet Artic. 42. in Exod. alſo/ Alsdañ wird die
Seele gantz in daß unendliche Licht außgebrei-
tet/ der uͤberweſentlichen GOttheit und uͤber-
ſeeligſten Dreyeinigkeit/ ſo ſtrahlend/ Liebreich
und nahe copulirt oder verbunden/ daß ſie
nichts andres verſpuͤret/ noch jhre eigne Wuͤr-
ckung warnimbt: ſondern ſie Verfleuſt von jhr
ſelbſt/ und fleuſt wider in jhren eigenen Bron-
nen/ und alſo wird ſie in die Reichtuͤmber der
Glorien verzukket/ in dem Fewr der ungeſchaf-
fenen unaußmaͤßlichen Liebe verbrennet; in
dem Abgrunde der Gottheit vertieffet und ver-
ſchlukket/ daß ſie ſcheint etlicher maſſen daß ge-
ſchaffene Weſen auß- und daß ungeſchaffene
und erſte Muſterweſen (eſſe ideale) wider an-
zuziehen. Nicht daß die Selbſtaͤndigkeit ver-
wandelt oder daß eigene Weſen weg genommen
werde/ ſondern weil die Weiſe zuſeyn/ und die
Eigenſchafft oder qualitet zuleben Vergoͤttet
wird: Daß iſt/ GOtte und ſeiner uͤberſeeligſten
Seeligkeit uͤbernatuͤrlich und genaͤdiglich ver-
gleichet wird: und alſo wird fuͤrtrefflich erfuͤl-
let deß Apoſtels Wort: Wer dem HErren an-
haͤngt iſt ein Geiſt mit jhm/ ꝛc.

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[15/0021] an den Leſer. langt zur genuͤge mich vermeine erklaͤrt zuha- ben; ſo muß ich doch noch einen ſchoͤnen Text auß Dionijſio Carthuſiano allher ſetzen: diſer redet Artic. 42. in Exod. alſo/ Alsdañ wird die Seele gantz in daß unendliche Licht außgebrei- tet/ der uͤberweſentlichen GOttheit und uͤber- ſeeligſten Dreyeinigkeit/ ſo ſtrahlend/ Liebreich und nahe copulirt oder verbunden/ daß ſie nichts andres verſpuͤret/ noch jhre eigne Wuͤr- ckung warnimbt: ſondern ſie Verfleuſt von jhr ſelbſt/ und fleuſt wider in jhren eigenen Bron- nen/ und alſo wird ſie in die Reichtuͤmber der Glorien verzukket/ in dem Fewr der ungeſchaf- fenen unaußmaͤßlichen Liebe verbrennet; in dem Abgrunde der Gottheit vertieffet und ver- ſchlukket/ daß ſie ſcheint etlicher maſſen daß ge- ſchaffene Weſen auß- und daß ungeſchaffene und erſte Muſterweſen (eſſe ideale) wider an- zuziehen. Nicht daß die Selbſtaͤndigkeit ver- wandelt oder daß eigene Weſen weg genommen werde/ ſondern weil die Weiſe zuſeyn/ und die Eigenſchafft oder qualitet zuleben Vergoͤttet wird: Daß iſt/ GOtte und ſeiner uͤberſeeligſten Seeligkeit uͤbernatuͤrlich und genaͤdiglich ver- gleichet wird: und alſo wird fuͤrtrefflich erfuͤl- let deß Apoſtels Wort: Wer dem HErren an- haͤngt iſt ein Geiſt mit jhm/ ꝛc. Wenn nu der Menſch zu ſolcher Vollkomner gleichheit GOttes gelangt iſt/ daß er ein Geiſt mit

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Zitationshilfe: Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657/21>, abgerufen am 27.04.2024.