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Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675.

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Joh: Angeli sechstes Buch.
169. Man muß seyn/ was man nicht verlih-
ren wil.
Der Weis' ist was er hat. Wiltu das Feinperlein.
Des Himmels nicht verliehrn/ so mustu s' selber seyn.
170. Zweyerley seiner selbst verliehrung.
Jch kan mich selbst verliehrn. Ja? böß ists wenn in tod/
Glückseelig Preiß ich dich/ verliehrstu dich in GOtt.
171. Jm Meer werden alle tropffen Meer.
Das Tröpfflein wird das Meer/ wenn es ins Meer ge-
kommen:
Die Seele GOtt/ wenn sie in GOtt ist aufgenommen.
172. Jm Meer kan man kein tröpfflein un-
terscheiden.
Wenn du das Trüpfflein wirst im grossen Meer nennen.
Denn wirstu meine Seel im grossen GOtt erkennen.
173. Jm Meer ist auch ein tröpfflein Meer.
Jm Meer ist alles Meer auchs kleinste Tröpffelein:
Sag welche Heilge Seel in GOtt nicht Gott wird sein.
174. Jm Meer seind viel eins.
Viel Körnlein seind ein Brodt/ ein Meer viel tröpffelein
So seind auch unser viel in GOtt ein einges ein.
175. Die Vereinigung mit Gott ist leicht.
Mensch du kanst dich mit GOtt viel leichter eines sehn/
Als man ein aug' auffthut/ wil nur/ so ists geschehn.
176. Gott verlangen macht Ruh und Pein.
Die Seele die nichts sucht als eins mit GOtt zuseyn.
Die lebt in steter Ruh/ und hat doch stäte Pein.
177. Des Narren und Weisen Gemein-
schafft.
Ein Narr ist gern zerstreut/ ein Weiser gern allein:
Er macher sich mit alln/ der nur mit GOtt gemein.
178. Mehr
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Joh: Angeli ſechſtes Buch.
169. Man muß ſeyn/ was man nicht verlih-
ren wil.
Der Weis’ iſt was er hat. Wiltu das Feinperlein.
Des Himmels nicht verliehrn/ ſo muſtu s’ ſelber ſeyn.
170. Zweyerley ſeiner ſelbſt verliehrung.
Jch kan mich ſelbſt verliehrn. Ja? boͤß iſts wenn in tod/
Gluͤckſeelig Preiß ich dich/ verliehrſtu dich in GOtt.
171. Jm Meer werden alle tropffen Meer.
Das Troͤpfflein wird das Meer/ wenn es ins Meer ge-
kommen:
Die Seele GOtt/ wenn ſie in GOtt iſt aufgenommen.
172. Jm Meer kan man kein troͤpfflein un-
terſcheiden.
Wenn du das Truͤpfflein wirſt im groſſen Meer nen̄en.
Denn wirſtu meine Seel im groſſen GOtt erkennen.
173. Jm Meer iſt auch ein troͤpfflein Meer.
Jm Meer iſt alles Meer auchs kleinſte Troͤpffelein:
Sag welche Heilge Seel in GOtt nicht Gott wird ſein.
174. Jm Meer ſeind viel eins.
Viel Koͤrnlein ſeind ein Brodt/ ein Meer viel troͤpffelein
So ſeind auch unſer viel in GOtt ein einges ein.
175. Die Vereinigung mit Gott iſt leicht.
Menſch du kanſt dich mit GOtt viel leichter eines ſehn/
Als man ein aug’ auffthut/ wil nur/ ſo iſts geſchehn.
176. Gott verlangen macht Ruh und Pein.
Die Seele die nichts ſucht als eins mit GOtt zuſeyn.
Die lebt in ſteter Ruh/ und hat doch ſtaͤte Pein.
177. Des Narren und Weiſen Gemein-
ſchafft.
Ein Narr iſt gern zerſtreut/ ein Weiſer gern allein:
Er macher ſich mit alln/ der nur mit GOtt gemein.
178. Mehr
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[263[239]/0245] Joh: Angeli ſechſtes Buch. 169. Man muß ſeyn/ was man nicht verlih- ren wil. Der Weis’ iſt was er hat. Wiltu das Feinperlein. Des Himmels nicht verliehrn/ ſo muſtu s’ ſelber ſeyn. 170. Zweyerley ſeiner ſelbſt verliehrung. Jch kan mich ſelbſt verliehrn. Ja? boͤß iſts wenn in tod/ Gluͤckſeelig Preiß ich dich/ verliehrſtu dich in GOtt. 171. Jm Meer werden alle tropffen Meer. Das Troͤpfflein wird das Meer/ wenn es ins Meer ge- kommen: Die Seele GOtt/ wenn ſie in GOtt iſt aufgenommen. 172. Jm Meer kan man kein troͤpfflein un- terſcheiden. Wenn du das Truͤpfflein wirſt im groſſen Meer nen̄en. Denn wirſtu meine Seel im groſſen GOtt erkennen. 173. Jm Meer iſt auch ein troͤpfflein Meer. Jm Meer iſt alles Meer auchs kleinſte Troͤpffelein: Sag welche Heilge Seel in GOtt nicht Gott wird ſein. 174. Jm Meer ſeind viel eins. Viel Koͤrnlein ſeind ein Brodt/ ein Meer viel troͤpffelein So ſeind auch unſer viel in GOtt ein einges ein. 175. Die Vereinigung mit Gott iſt leicht. Menſch du kanſt dich mit GOtt viel leichter eines ſehn/ Als man ein aug’ auffthut/ wil nur/ ſo iſts geſchehn. 176. Gott verlangen macht Ruh und Pein. Die Seele die nichts ſucht als eins mit GOtt zuſeyn. Die lebt in ſteter Ruh/ und hat doch ſtaͤte Pein. 177. Des Narren und Weiſen Gemein- ſchafft. Ein Narr iſt gern zerſtreut/ ein Weiſer gern allein: Er macher ſich mit alln/ der nur mit GOtt gemein. 178. Mehr L

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Zitationshilfe: Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675, S. 263[239]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_wandersmann_1675/245>, abgerufen am 23.11.2024.