Verwirklichungen an den einzelnen Bäumen heraus abstrahiere, nicht mehr nebeneinander, sondern durchdringen sich zu einer einheitlichen Wesenheit. Wie es der tiefere Sinn des Begriffes ist, nicht ein blosses Zusammen von Merkmalen zu sein, sondern die ideale Einheit, in der diese Merkmale trotz aller ihrer Verschiedenheiten sich begegnen, und in die sie sich einschmelzen -- so lässt der Geldpreis alle vielfache und extensiv-ökonomische Bedeutung des Objekts in eine gleichsam unausgedehnte Einheit konvergieren. Es scheint zwar, als ob jener Charakter reiner Quantität dies grade verhindern müsste: niemals könne eine Mark mit einer zweiten eine solche Einheit bilden wie die Elemente eines organischen Körpers oder einer sozialen Vereinigung, die Verschlingung ineinander fehle ihnen, sie blieben ewig an die Form des Nebeneinander gebunden. Allein dies gilt thatsächlich nicht für den Fall, dass die Geldsumme den Wert eines Objektes aus- drückt. Eine halbe Million Mark sind an und für sich freilich ein bloss additionales Konglomerat zusammenhangsloser Einheiten; dagegen als Wert eines Landgutes sind sie das einheitliche Symbol, Ausdruck oder Äquivalent seiner Werthöhe und so wenig ein blosses Nebenein- ander einzelner Markeinheiten, wie, wenn man die Lufttemperatur mit 20° bezeichnet, damit nicht eine Summe von 20 einzelnen Graden, sondern vielmehr ein in sich völlig einheitlicher Wärmezustand ge- meint ist. Da der Wert eines Objektes schliesslich auf ein Gefühl, also auf eine rein intensive Erscheinung zurückgeht, so gewinnt das rein quantitative Aussereinander der Geldsumme als Wertausdruck für ein Objekt den Charakter einer intensiven Einheit. Dies entspricht der erwähnten Leistung des Geldes, Werte zu kondensieren; mit dieser schliesst es sich den grossen Kulturmächten an, deren Wesen es ist, überall in einem kleinsten Punkt die grösste Kraft zu sammeln und vermöge der Form der Konzentrierung der Energien die passiven und aktiven Widerstände gegen unsere Zwecke zu überwinden. Hier ist vor allem an die Maschine zu erinnern und zwar nicht nur nach der auf der Hand liegenden Seite, dass sie die Naturkräfte in konzen- trierter Weise in die Bahnen uns erwünschter Bethätigung lenkt; sondern auch nach der hin, dass jede Verbesserung der Maschine und Erhöhung ihrer Geschwindigkeit den Arbeiter zu erhöhter Intensi- fikation seines Krafteinsatzes zwingt. Das eben ist der Grund, wes- halb Fortschritt der maschinellen Technik und Verkürzung der Arbeits- zeit so oft Hand in Hand gehen kann und muss: weil die verbesserte Maschinerie nicht nur die Naturkräfte, sondern auch die Menschen- kräfte in zusammengedrängterer, gleichsam porenloserer Form in den Dienst unserer Zwecke stellt. Ich sehe die gleiche Kulturtendenz sich
Verwirklichungen an den einzelnen Bäumen heraus abstrahiere, nicht mehr nebeneinander, sondern durchdringen sich zu einer einheitlichen Wesenheit. Wie es der tiefere Sinn des Begriffes ist, nicht ein bloſses Zusammen von Merkmalen zu sein, sondern die ideale Einheit, in der diese Merkmale trotz aller ihrer Verschiedenheiten sich begegnen, und in die sie sich einschmelzen — so läſst der Geldpreis alle vielfache und extensiv-ökonomische Bedeutung des Objekts in eine gleichsam unausgedehnte Einheit konvergieren. Es scheint zwar, als ob jener Charakter reiner Quantität dies grade verhindern müſste: niemals könne eine Mark mit einer zweiten eine solche Einheit bilden wie die Elemente eines organischen Körpers oder einer sozialen Vereinigung, die Verschlingung ineinander fehle ihnen, sie blieben ewig an die Form des Nebeneinander gebunden. Allein dies gilt thatsächlich nicht für den Fall, daſs die Geldsumme den Wert eines Objektes aus- drückt. Eine halbe Million Mark sind an und für sich freilich ein bloſs additionales Konglomerat zusammenhangsloser Einheiten; dagegen als Wert eines Landgutes sind sie das einheitliche Symbol, Ausdruck oder Äquivalent seiner Werthöhe und so wenig ein bloſses Nebenein- ander einzelner Markeinheiten, wie, wenn man die Lufttemperatur mit 20° bezeichnet, damit nicht eine Summe von 20 einzelnen Graden, sondern vielmehr ein in sich völlig einheitlicher Wärmezustand ge- meint ist. Da der Wert eines Objektes schlieſslich auf ein Gefühl, also auf eine rein intensive Erscheinung zurückgeht, so gewinnt das rein quantitative Auſsereinander der Geldsumme als Wertausdruck für ein Objekt den Charakter einer intensiven Einheit. Dies entspricht der erwähnten Leistung des Geldes, Werte zu kondensieren; mit dieser schlieſst es sich den groſsen Kulturmächten an, deren Wesen es ist, überall in einem kleinsten Punkt die gröſste Kraft zu sammeln und vermöge der Form der Konzentrierung der Energien die passiven und aktiven Widerstände gegen unsere Zwecke zu überwinden. Hier ist vor allem an die Maschine zu erinnern und zwar nicht nur nach der auf der Hand liegenden Seite, daſs sie die Naturkräfte in konzen- trierter Weise in die Bahnen uns erwünschter Bethätigung lenkt; sondern auch nach der hin, daſs jede Verbesserung der Maschine und Erhöhung ihrer Geschwindigkeit den Arbeiter zu erhöhter Intensi- fikation seines Krafteinsatzes zwingt. Das eben ist der Grund, wes- halb Fortschritt der maschinellen Technik und Verkürzung der Arbeits- zeit so oft Hand in Hand gehen kann und muſs: weil die verbesserte Maschinerie nicht nur die Naturkräfte, sondern auch die Menschen- kräfte in zusammengedrängterer, gleichsam porenloserer Form in den Dienst unserer Zwecke stellt. Ich sehe die gleiche Kulturtendenz sich
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[173/0197]
Verwirklichungen an den einzelnen Bäumen heraus abstrahiere, nicht
mehr nebeneinander, sondern durchdringen sich zu einer einheitlichen
Wesenheit. Wie es der tiefere Sinn des Begriffes ist, nicht ein bloſses
Zusammen von Merkmalen zu sein, sondern die ideale Einheit, in der
diese Merkmale trotz aller ihrer Verschiedenheiten sich begegnen, und
in die sie sich einschmelzen — so läſst der Geldpreis alle vielfache
und extensiv-ökonomische Bedeutung des Objekts in eine gleichsam
unausgedehnte Einheit konvergieren. Es scheint zwar, als ob jener
Charakter reiner Quantität dies grade verhindern müſste: niemals
könne eine Mark mit einer zweiten eine solche Einheit bilden wie die
Elemente eines organischen Körpers oder einer sozialen Vereinigung,
die Verschlingung ineinander fehle ihnen, sie blieben ewig an die
Form des Nebeneinander gebunden. Allein dies gilt thatsächlich nicht
für den Fall, daſs die Geldsumme den Wert eines Objektes aus-
drückt. Eine halbe Million Mark sind an und für sich freilich ein
bloſs additionales Konglomerat zusammenhangsloser Einheiten; dagegen
als Wert eines Landgutes sind sie das einheitliche Symbol, Ausdruck
oder Äquivalent seiner Werthöhe und so wenig ein bloſses Nebenein-
ander einzelner Markeinheiten, wie, wenn man die Lufttemperatur mit
20° bezeichnet, damit nicht eine Summe von 20 einzelnen Graden,
sondern vielmehr ein in sich völlig einheitlicher Wärmezustand ge-
meint ist. Da der Wert eines Objektes schlieſslich auf ein Gefühl,
also auf eine rein intensive Erscheinung zurückgeht, so gewinnt das
rein quantitative Auſsereinander der Geldsumme als Wertausdruck für
ein Objekt den Charakter einer intensiven Einheit. Dies entspricht
der erwähnten Leistung des Geldes, Werte zu kondensieren; mit dieser
schlieſst es sich den groſsen Kulturmächten an, deren Wesen es ist,
überall in einem kleinsten Punkt die gröſste Kraft zu sammeln und
vermöge der Form der Konzentrierung der Energien die passiven und
aktiven Widerstände gegen unsere Zwecke zu überwinden. Hier ist
vor allem an die Maschine zu erinnern und zwar nicht nur nach der
auf der Hand liegenden Seite, daſs sie die Naturkräfte in konzen-
trierter Weise in die Bahnen uns erwünschter Bethätigung lenkt;
sondern auch nach der hin, daſs jede Verbesserung der Maschine und
Erhöhung ihrer Geschwindigkeit den Arbeiter zu erhöhter Intensi-
fikation seines Krafteinsatzes zwingt. Das eben ist der Grund, wes-
halb Fortschritt der maschinellen Technik und Verkürzung der Arbeits-
zeit so oft Hand in Hand gehen kann und muſs: weil die verbesserte
Maschinerie nicht nur die Naturkräfte, sondern auch die Menschen-
kräfte in zusammengedrängterer, gleichsam porenloserer Form in den
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Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/197>, abgerufen am 21.11.2024.
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