Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Siniscalchi, Liborio: Sacramentalisches Abendmahl. Übers. v. Peter Obladen. Costanz/Ulm, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

Betrachtungen.
gemeinen Grufft, ohne eine besondere Acht zu
haben auf so edles, hinterlegtes Gut. Nach
einiger Zeit tragten einige ein grosses Verlan-
gen, ihren heiligen Leib in einen vornehmern
Sarg zu legen. Sie machten sich also in die
Kirch; bitteten GOtt, ihnen zu entdecken, ob
dieses Vorhaben ihme angenehm. Indeme
sie also betteten, nahmen sie einige hellleuchten-
de Stern gewahr, welche scheinten, als sagten
sie ihnen, es seye GOtt angenehm. Sie er-
öffneten also das Grab, und die Sarg, fanden
alle Glieder ihres Leibs gantz, und fchön, gleich,
als wären sie lebendig; nur allein das Ange-
sicht sahe nicht wohl her; also zwar, daß es
kaum mehr eine menschliche Gestalt vorstellte.
Sie nahmen dann also den Leib, samt der
Baar, tragten beedes in die Kirch, da das hei-
lige Sacrament ausgesetzt ware. Und sihe
Wunder! Alsbald machte der gantze Leib, als
lebte er annoch, gegen dem Altar eine tieffe
Neigung. Das Angesicht fienge an, wie eine
Blumen bey Aufgang der Sonnen, lebhafft zu
werden, und sich zu färben. Die blasse Tod-
ten-Farb verschwande, es wurde gantz lebhafft
und schön, wie man es annoch sicht. An-
salone, David
al Cenacolo
c.
5.



Eilffte

Betrachtungen.
gemeinen Grufft, ohne eine beſondere Acht zu
haben auf ſo edles, hinterlegtes Gut. Nach
einiger Zeit tragten einige ein groſſes Verlan-
gen, ihren heiligen Leib in einen vornehmern
Sarg zu legen. Sie machten ſich alſo in die
Kirch; bitteten GOtt, ihnen zu entdecken, ob
dieſes Vorhaben ihme angenehm. Indeme
ſie alſo betteten, nahmen ſie einige hellleuchten-
de Stern gewahr, welche ſcheinten, als ſagten
ſie ihnen, es ſeye GOtt angenehm. Sie er-
öffneten alſo das Grab, und die Sarg, fanden
alle Glieder ihres Leibs gantz, und fchön, gleich,
als wären ſie lebendig; nur allein das Ange-
ſicht ſahe nicht wohl her; alſo zwar, daß es
kaum mehr eine menſchliche Geſtalt vorſtellte.
Sie nahmen dann alſo den Leib, ſamt der
Baar, tragten beedes in die Kirch, da das hei-
lige Sacrament ausgeſetzt ware. Und ſihe
Wunder! Alsbald machte der gantze Leib, als
lebte er annoch, gegen dem Altar eine tieffe
Neigung. Das Angeſicht fienge an, wie eine
Blumen bey Aufgang der Sonnen, lebhafft zu
werden, und ſich zu färben. Die blaſſe Tod-
ten-Farb verſchwande, es wurde gantz lebhafft
und ſchön, wie man es annoch ſicht. An-
ſalone, David
al Cenacolo
c.
5.



Eilffte
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0161" n="124"/><fw place="top" type="header">Betrachtungen.</fw><lb/>
gemeinen Grufft, ohne eine be&#x017F;ondere Acht zu<lb/>
haben auf &#x017F;o edles, hinterlegtes Gut. Nach<lb/>
einiger Zeit tragten einige ein gro&#x017F;&#x017F;es Verlan-<lb/>
gen, ihren heiligen Leib in einen vornehmern<lb/>
Sarg zu legen. Sie machten &#x017F;ich al&#x017F;o in die<lb/>
Kirch; bitteten GOtt, ihnen zu entdecken, ob<lb/>
die&#x017F;es Vorhaben ihme angenehm. Indeme<lb/>
&#x017F;ie al&#x017F;o betteten, nahmen &#x017F;ie einige hellleuchten-<lb/>
de Stern gewahr, welche &#x017F;cheinten, als &#x017F;agten<lb/>
&#x017F;ie ihnen, es &#x017F;eye GOtt angenehm. Sie er-<lb/>
öffneten al&#x017F;o das Grab, und die Sarg, fanden<lb/>
alle Glieder ihres Leibs gantz, und fchön, gleich,<lb/>
als wären &#x017F;ie lebendig; nur allein das Ange-<lb/>
&#x017F;icht &#x017F;ahe nicht wohl her; al&#x017F;o zwar, daß es<lb/>
kaum mehr eine men&#x017F;chliche Ge&#x017F;talt vor&#x017F;tellte.<lb/>
Sie nahmen dann al&#x017F;o den Leib, &#x017F;amt der<lb/>
Baar, tragten beedes in die Kirch, da das hei-<lb/>
lige Sacrament ausge&#x017F;etzt ware. Und &#x017F;ihe<lb/>
Wunder! Alsbald machte der gantze Leib, als<lb/>
lebte er annoch, gegen dem Altar eine tieffe<lb/>
Neigung. Das Ange&#x017F;icht fienge an, wie eine<lb/>
Blumen bey Aufgang der Sonnen, lebhafft zu<lb/>
werden, und &#x017F;ich zu färben. Die bla&#x017F;&#x017F;e Tod-<lb/>
ten-Farb ver&#x017F;chwande, es wurde gantz lebhafft<lb/><hi rendition="#c">und &#x017F;chön, wie man es annoch &#x017F;icht. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">An-<lb/>
&#x017F;alone, David</hi> al Cenacolo<lb/>
c.</hi> 5.</hi></p>
          </div>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Eilffte</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[124/0161] Betrachtungen. gemeinen Grufft, ohne eine beſondere Acht zu haben auf ſo edles, hinterlegtes Gut. Nach einiger Zeit tragten einige ein groſſes Verlan- gen, ihren heiligen Leib in einen vornehmern Sarg zu legen. Sie machten ſich alſo in die Kirch; bitteten GOtt, ihnen zu entdecken, ob dieſes Vorhaben ihme angenehm. Indeme ſie alſo betteten, nahmen ſie einige hellleuchten- de Stern gewahr, welche ſcheinten, als ſagten ſie ihnen, es ſeye GOtt angenehm. Sie er- öffneten alſo das Grab, und die Sarg, fanden alle Glieder ihres Leibs gantz, und fchön, gleich, als wären ſie lebendig; nur allein das Ange- ſicht ſahe nicht wohl her; alſo zwar, daß es kaum mehr eine menſchliche Geſtalt vorſtellte. Sie nahmen dann alſo den Leib, ſamt der Baar, tragten beedes in die Kirch, da das hei- lige Sacrament ausgeſetzt ware. Und ſihe Wunder! Alsbald machte der gantze Leib, als lebte er annoch, gegen dem Altar eine tieffe Neigung. Das Angeſicht fienge an, wie eine Blumen bey Aufgang der Sonnen, lebhafft zu werden, und ſich zu färben. Die blaſſe Tod- ten-Farb verſchwande, es wurde gantz lebhafft und ſchön, wie man es annoch ſicht. An- ſalone, David al Cenacolo c. 5. Eilffte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siniscalchi_abendmahl_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siniscalchi_abendmahl_1752/161
Zitationshilfe: Siniscalchi, Liborio: Sacramentalisches Abendmahl. Übers. v. Peter Obladen. Costanz/Ulm, 1752, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siniscalchi_abendmahl_1752/161>, abgerufen am 22.11.2024.