Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Soden, Julius von: Alethia. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorzeiten erschienen die Höflinge an den
Höfen bewaffnet, weil nur Waffenfähige sich
dem Fürsten nahen durften; weil der Fürst
mit Bewaffneten zu seiner Vertheidigung
umgeben seyn mußte. Eine gänzliche Um-
wälzung der Sitten, der stehende Soldat,
haben jene Nothwendigkeit vertilgt und der
Gebrauch ist geblieben. Jn den Burgen und
Schlössern ist es sogar Verbrechen, nur den
Degen zu ziehen, ist es ein eignes Verbre-
chen der Stöhrung des Burg-Friedens;
und doch zwingt mich die Sitte dort nicht
ohne den Degen zu erscheinen! Welchen
Unsinn kann nicht Gewohnheit heiligen!



Vorzeiten erſchienen die Hoͤflinge an den
Hoͤfen bewaffnet, weil nur Waffenfaͤhige ſich
dem Fuͤrſten nahen durften; weil der Fuͤrſt
mit Bewaffneten zu ſeiner Vertheidigung
umgeben ſeyn mußte. Eine gaͤnzliche Um-
waͤlzung der Sitten, der ſtehende Soldat,
haben jene Nothwendigkeit vertilgt und der
Gebrauch iſt geblieben. Jn den Burgen und
Schloͤſſern iſt es ſogar Verbrechen, nur den
Degen zu ziehen, iſt es ein eignes Verbre-
chen der Stoͤhrung des Burg-Friedens;
und doch zwingt mich die Sitte dort nicht
ohne den Degen zu erſcheinen! Welchen
Unſinn kann nicht Gewohnheit heiligen!



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0234" n="222"/>
        <p>Vorzeiten er&#x017F;chienen die Ho&#x0364;flinge an den<lb/>
Ho&#x0364;fen bewaffnet, weil nur Waffenfa&#x0364;hige &#x017F;ich<lb/>
dem Fu&#x0364;r&#x017F;ten nahen durften; weil der Fu&#x0364;r&#x017F;t<lb/>
mit Bewaffneten zu &#x017F;einer Vertheidigung<lb/>
umgeben &#x017F;eyn mußte. Eine ga&#x0364;nzliche Um-<lb/>
wa&#x0364;lzung der Sitten, der &#x017F;tehende Soldat,<lb/>
haben jene Nothwendigkeit vertilgt und der<lb/>
Gebrauch i&#x017F;t geblieben. Jn den Burgen und<lb/>
Schlo&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern i&#x017F;t es &#x017F;ogar Verbrechen, nur den<lb/>
Degen zu ziehen, i&#x017F;t es ein eignes Verbre-<lb/>
chen der Sto&#x0364;hrung des <hi rendition="#g">Burg-Friedens;</hi><lb/>
und doch zwingt mich die Sitte dort nicht<lb/>
ohne den Degen zu er&#x017F;cheinen! Welchen<lb/>
Un&#x017F;inn kann nicht Gewohnheit heiligen!</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[222/0234] Vorzeiten erſchienen die Hoͤflinge an den Hoͤfen bewaffnet, weil nur Waffenfaͤhige ſich dem Fuͤrſten nahen durften; weil der Fuͤrſt mit Bewaffneten zu ſeiner Vertheidigung umgeben ſeyn mußte. Eine gaͤnzliche Um- waͤlzung der Sitten, der ſtehende Soldat, haben jene Nothwendigkeit vertilgt und der Gebrauch iſt geblieben. Jn den Burgen und Schloͤſſern iſt es ſogar Verbrechen, nur den Degen zu ziehen, iſt es ein eignes Verbre- chen der Stoͤhrung des Burg-Friedens; und doch zwingt mich die Sitte dort nicht ohne den Degen zu erſcheinen! Welchen Unſinn kann nicht Gewohnheit heiligen!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/soden_alethia_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/soden_alethia_1796/234
Zitationshilfe: Soden, Julius von: Alethia. Leipzig, 1796, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/soden_alethia_1796/234>, abgerufen am 23.11.2024.