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[Spalding, Johann Joachim]: Betrachtung über die Bestimmung des Menschen. 3. Aufl. Berlin, 1749.

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es mit aller der Zuverläßigkeit, deren eine Sache von dieser
Art fähig ist, erwiesen, daß keine natürliche Religion in der
Welt seyn würde, wenn keine geoffenbarte wäre. Je wel-
ter man durch Erfahrungen und Nachdenken in der Er-
kenntniß der menschlichen Natur gekommen, destomehr ist
man überzeuget worden, daß unsere Vernunst für sich und
ohne alle Anweisung schlechterdings unvermögend ist, sich
über die sinnlichen Dinge, und den Wahrheiten der Reli-
gion zu erheben. Die allererste Anweisung aber hat also
nothwendig eine göttliche Offenbarung seyn müssen. Eben
so wenig konnte die natürliche Erkenntniß und Verehrung
Gottes nach ihrem so allgemeinen und entsetzlichen Verfall
ohne eine göttliche unterstützte Bekanntmachung wieder auf-
geholfen werden. Daher ist es auch eine unläugbare Er-
fahrung, daß die natürliche Religion da am besten erkannt
und gelehret wird, wo das Licht des Evangeliums die Gei-
ster aufgekläret hat. Lasset uns aber auch den unmöglichen
Fall setzen, daß es Köpfe gebe, die bloß aus sich selbst die
Lehren der Religion erfinden könnten; wie wenigen würde
doch dieß bey dem itzigen Zustande des menschlichen Ge-
schlechts möglich seyn? Wie wenig würden die Erfindungen
einiger Menschen ohne die Unterstützung eines göttlichen
Ansehens über die andern vermögen? Wie unglaublich ist
es also, daß auf die Art die wahre und reine Religion der
Natur eine allgemeine und herrschende Religion werden
könnte; wie sie solches auch niemal und bey keinem Volke
gewesen? Hieraus lässet sich urtheilen, was für Dankbarkeit
und Verpflichtung wir der göttlichen Güte schuldig sind,
daß sie der äussersten Bedürfniß der Menschen durch diesen
Unterricht so heilsamlich zu Hülfe gekommen ist; und was
für Ehrerbietung dieser Unterricht selbst von uns verdiene.

Endlich lasse man auch den eigenthümlichen Lehren des
Christenthums Gerechtigkeit wiederfahren. Sie gehen,
wenn man sie recht kennet, durchgehends und augenschein-

lich



es mit aller der Zuverlaͤßigkeit, deren eine Sache von dieſer
Art faͤhig iſt, erwieſen, daß keine natuͤrliche Religion in der
Welt ſeyn wuͤrde, wenn keine geoffenbarte waͤre. Je wel-
ter man durch Erfahrungen und Nachdenken in der Er-
kenntniß der menſchlichen Natur gekommen, deſtomehr iſt
man uͤberzeuget worden, daß unſere Vernunſt fuͤr ſich und
ohne alle Anweiſung ſchlechterdings unvermoͤgend iſt, ſich
uͤber die ſinnlichen Dinge, und den Wahrheiten der Reli-
gion zu erheben. Die allererſte Anweiſung aber hat alſo
nothwendig eine goͤttliche Offenbarung ſeyn muͤſſen. Eben
ſo wenig konnte die natuͤrliche Erkenntniß und Verehrung
Gottes nach ihrem ſo allgemeinen und entſetzlichen Verfall
ohne eine goͤttliche unterſtuͤtzte Bekanntmachung wieder auf-
geholfen werden. Daher iſt es auch eine unlaͤugbare Er-
fahrung, daß die natuͤrliche Religion da am beſten erkannt
und gelehret wird, wo das Licht des Evangeliums die Gei-
ſter aufgeklaͤret hat. Laſſet uns aber auch den unmoͤglichen
Fall ſetzen, daß es Koͤpfe gebe, die bloß aus ſich ſelbſt die
Lehren der Religion erfinden koͤnnten; wie wenigen wuͤrde
doch dieß bey dem itzigen Zuſtande des menſchlichen Ge-
ſchlechts moͤglich ſeyn? Wie wenig wuͤrden die Erfindungen
einiger Menſchen ohne die Unterſtuͤtzung eines goͤttlichen
Anſehens uͤber die andern vermoͤgen? Wie unglaublich iſt
es alſo, daß auf die Art die wahre und reine Religion der
Natur eine allgemeine und herrſchende Religion werden
koͤnnte; wie ſie ſolches auch niemal und bey keinem Volke
geweſen? Hieraus laͤſſet ſich urtheilen, was fuͤr Dankbarkeit
und Verpflichtung wir der goͤttlichen Guͤte ſchuldig ſind,
daß ſie der aͤuſſerſten Beduͤrfniß der Menſchen durch dieſen
Unterricht ſo heilſamlich zu Huͤlfe gekommen iſt; und was
fuͤr Ehrerbietung dieſer Unterricht ſelbſt von uns verdiene.

Endlich laſſe man auch den eigenthuͤmlichen Lehren des
Chriſtenthums Gerechtigkeit wiederfahren. Sie gehen,
wenn man ſie recht kennet, durchgehends und augenſchein-

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[28/0038] es mit aller der Zuverlaͤßigkeit, deren eine Sache von dieſer Art faͤhig iſt, erwieſen, daß keine natuͤrliche Religion in der Welt ſeyn wuͤrde, wenn keine geoffenbarte waͤre. Je wel- ter man durch Erfahrungen und Nachdenken in der Er- kenntniß der menſchlichen Natur gekommen, deſtomehr iſt man uͤberzeuget worden, daß unſere Vernunſt fuͤr ſich und ohne alle Anweiſung ſchlechterdings unvermoͤgend iſt, ſich uͤber die ſinnlichen Dinge, und den Wahrheiten der Reli- gion zu erheben. Die allererſte Anweiſung aber hat alſo nothwendig eine goͤttliche Offenbarung ſeyn muͤſſen. Eben ſo wenig konnte die natuͤrliche Erkenntniß und Verehrung Gottes nach ihrem ſo allgemeinen und entſetzlichen Verfall ohne eine goͤttliche unterſtuͤtzte Bekanntmachung wieder auf- geholfen werden. Daher iſt es auch eine unlaͤugbare Er- fahrung, daß die natuͤrliche Religion da am beſten erkannt und gelehret wird, wo das Licht des Evangeliums die Gei- ſter aufgeklaͤret hat. Laſſet uns aber auch den unmoͤglichen Fall ſetzen, daß es Koͤpfe gebe, die bloß aus ſich ſelbſt die Lehren der Religion erfinden koͤnnten; wie wenigen wuͤrde doch dieß bey dem itzigen Zuſtande des menſchlichen Ge- ſchlechts moͤglich ſeyn? Wie wenig wuͤrden die Erfindungen einiger Menſchen ohne die Unterſtuͤtzung eines goͤttlichen Anſehens uͤber die andern vermoͤgen? Wie unglaublich iſt es alſo, daß auf die Art die wahre und reine Religion der Natur eine allgemeine und herrſchende Religion werden koͤnnte; wie ſie ſolches auch niemal und bey keinem Volke geweſen? Hieraus laͤſſet ſich urtheilen, was fuͤr Dankbarkeit und Verpflichtung wir der goͤttlichen Guͤte ſchuldig ſind, daß ſie der aͤuſſerſten Beduͤrfniß der Menſchen durch dieſen Unterricht ſo heilſamlich zu Huͤlfe gekommen iſt; und was fuͤr Ehrerbietung dieſer Unterricht ſelbſt von uns verdiene. Endlich laſſe man auch den eigenthuͤmlichen Lehren des Chriſtenthums Gerechtigkeit wiederfahren. Sie gehen, wenn man ſie recht kennet, durchgehends und augenſchein- lich

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Zitationshilfe: [Spalding, Johann Joachim]: Betrachtung über die Bestimmung des Menschen. 3. Aufl. Berlin, 1749, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spalding_bestimmung_1749/38>, abgerufen am 21.11.2024.