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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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Das andere Capitel.
ge. Jn dem auch bey den alten selbsten keine andere sünden zu der öffentli-
chen buß gezogen wurden/ als die der gemeinde kund worden waren. So
gehöret auch heut zu tag/ kein anders als öffentliches ärgernüß dahin; wie
dann die ratio derselben sich auff das öffentliche ärgernüß gründet. Wo al-
so die obrigkeit ein ihr kundwordenes delictum läst geheim bleiben/ so ist
der öffentlichen kirchen-buß nicht nöthig/ alldieweil die kirche nicht beleidi-
get ist worden.

SECTIO XXVIII.
Zwofragen/ betreffend die kirchen-buß.

I.

Ob ein ohne das seines üblen lebens wegen berichtigter mann/
welcher in seiner hartnäckigkeit gegen gute anordnung
der Catechismus
examinum harte läster-wort geredet zu
haben/ durch 3. ehrliche männer angegeben worden/ sol-
che wort aber/ auch in einer angeschienenen todes-gefahr/
beständig leugnet/ doch damahls sich zu der öffentlichen
kirchen-buß verstanden/ aber nun zurücke gehet/ mit dem
grössern kirchen-bann zu belegen.

HJerauff meine schlechterdings mit nein könne geantwortet werden:
Jn dem der bann gegen keine andere gebraucht werden kan/ als dero
ärgerliche sünde bekant/ und sie nicht zu ablegung derselben mögen
gebracht werden/ sondern nach allen vermahnungen halßstarrig dabey blei-
ben. Bey diesem beschriebenen exempel aber findet sich solches nicht. Dann
ob wohl die lästerung hart/ so leugnet er sie nicht nur/ da zwahr der andern
personen zeugnüß so viel oder mehr als das leugnen von seiner seite gelten
mag/ sondern er wird auch ohne zweiffel erkennen/ daß wo er solches geredet
hätte/ dasselbe schwehre sünde seye/ und dergleichen ferner nicht zu thun ver-
sprechen. Welches zwahr sonst das ärgernüß noch nicht völlig auffhebet/
und gegen ihm also billig fernere andung vorgenommen werden mag/ aber
es hebet allen kirchen-bann auff/ der schlechter dings allein diejenige betrifft/
die hartnäckig in ihrer boßheit fortfahren. Man möchte zwahr sein stätes
leugnen als eine continuirende unbußfertigkeit anziehen/ aber er ist nicht
überzeuget/ daß ers wider sein gewissen leugne/ vielmehr ist es aus diesem

ver-

Das andere Capitel.
ge. Jn dem auch bey den alten ſelbſten keine andere ſuͤnden zu der oͤffentli-
chen buß gezogen wurden/ als die der gemeinde kund worden waren. So
gehoͤret auch heut zu tag/ kein anders als oͤffentliches aͤrgernuͤß dahin; wie
dann die ratio derſelben ſich auff das oͤffentliche aͤrgernuͤß gruͤndet. Wo al-
ſo die obrigkeit ein ihr kundwordenes delictum laͤſt geheim bleiben/ ſo iſt
der oͤffentlichen kirchen-buß nicht noͤthig/ alldieweil die kirche nicht beleidi-
get iſt worden.

SECTIO XXVIII.
Zwofragen/ betreffend die kirchen-buß.

I.

Ob ein ohne das ſeines uͤblen lebens wegen berichtigter mann/
welcher in ſeiner hartnaͤckigkeit gegen gute anordnung
der Catechiſmus
examinum harte laͤſter-wort geredet zu
haben/ durch 3. ehrliche maͤnner angegeben worden/ ſol-
che wort aber/ auch in einer angeſchienenen todes-gefahr/
beſtaͤndig leugnet/ doch damahls ſich zu der oͤffentlichen
kirchen-buß verſtanden/ aber nun zuruͤcke gehet/ mit dem
groͤſſern kirchen-bann zu belegen.

HJerauff meine ſchlechterdings mit nein koͤnne geantwortet werden:
Jn dem der bann gegen keine andere gebraucht werden kan/ als dero
aͤrgerliche ſuͤnde bekant/ und ſie nicht zu ablegung derſelben moͤgen
gebracht werden/ ſondern nach allen vermahnungen halßſtarrig dabey blei-
ben. Bey dieſem beſchriebenen exempel aber findet ſich ſolches nicht. Dann
ob wohl die laͤſterung hart/ ſo leugnet er ſie nicht nur/ da zwahr der andern
perſonen zeugnuͤß ſo viel oder mehr als das leugnen von ſeiner ſeite gelten
mag/ ſondern er wird auch ohne zweiffel erkennen/ daß wo er ſolches geredet
haͤtte/ daſſelbe ſchwehre ſuͤnde ſeye/ und dergleichen ferner nicht zu thun ver-
ſprechen. Welches zwahr ſonſt das aͤrgernuͤß noch nicht voͤllig auffhebet/
und gegen ihm alſo billig fernere andung vorgenommen werden mag/ aber
es hebet allen kirchen-bann auff/ der ſchlechter dings allein diejenige betrifft/
die hartnaͤckig in ihrer boßheit fortfahren. Man moͤchte zwahr ſein ſtaͤtes
leugnen als eine continuirende unbußfertigkeit anziehen/ aber er iſt nicht
uͤberzeuget/ daß ers wider ſein gewiſſen leugne/ vielmehr iſt es aus dieſem

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[290/1090] Das andere Capitel. ge. Jn dem auch bey den alten ſelbſten keine andere ſuͤnden zu der oͤffentli- chen buß gezogen wurden/ als die der gemeinde kund worden waren. So gehoͤret auch heut zu tag/ kein anders als oͤffentliches aͤrgernuͤß dahin; wie dann die ratio derſelben ſich auff das oͤffentliche aͤrgernuͤß gruͤndet. Wo al- ſo die obrigkeit ein ihr kundwordenes delictum laͤſt geheim bleiben/ ſo iſt der oͤffentlichen kirchen-buß nicht noͤthig/ alldieweil die kirche nicht beleidi- get iſt worden. SECTIO XXVIII. Zwofragen/ betreffend die kirchen-buß. I. Ob ein ohne das ſeines uͤblen lebens wegen berichtigter mann/ welcher in ſeiner hartnaͤckigkeit gegen gute anordnung der Catechiſmus examinum harte laͤſter-wort geredet zu haben/ durch 3. ehrliche maͤnner angegeben worden/ ſol- che wort aber/ auch in einer angeſchienenen todes-gefahr/ beſtaͤndig leugnet/ doch damahls ſich zu der oͤffentlichen kirchen-buß verſtanden/ aber nun zuruͤcke gehet/ mit dem groͤſſern kirchen-bann zu belegen. HJerauff meine ſchlechterdings mit nein koͤnne geantwortet werden: Jn dem der bann gegen keine andere gebraucht werden kan/ als dero aͤrgerliche ſuͤnde bekant/ und ſie nicht zu ablegung derſelben moͤgen gebracht werden/ ſondern nach allen vermahnungen halßſtarrig dabey blei- ben. Bey dieſem beſchriebenen exempel aber findet ſich ſolches nicht. Dann ob wohl die laͤſterung hart/ ſo leugnet er ſie nicht nur/ da zwahr der andern perſonen zeugnuͤß ſo viel oder mehr als das leugnen von ſeiner ſeite gelten mag/ ſondern er wird auch ohne zweiffel erkennen/ daß wo er ſolches geredet haͤtte/ daſſelbe ſchwehre ſuͤnde ſeye/ und dergleichen ferner nicht zu thun ver- ſprechen. Welches zwahr ſonſt das aͤrgernuͤß noch nicht voͤllig auffhebet/ und gegen ihm alſo billig fernere andung vorgenommen werden mag/ aber es hebet allen kirchen-bann auff/ der ſchlechter dings allein diejenige betrifft/ die hartnaͤckig in ihrer boßheit fortfahren. Man moͤchte zwahr ſein ſtaͤtes leugnen als eine continuirende unbußfertigkeit anziehen/ aber er iſt nicht uͤberzeuget/ daß ers wider ſein gewiſſen leugne/ vielmehr iſt es aus dieſem ver-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/1090>, abgerufen am 24.11.2024.