Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.Das erste Capitel. belliret hätten/ gnade thun will/ und gesandten an sie schicket/ denen er instru-ction gibt/ daß sie nicht allein alle/ welche sie annehmen wolten/ seiner gnade versichern/ sondern auch jeden die sich deswegen anmeldeten/ seinen wirckli- chen perdon ertheilen solten. Da kan ich sagen/ ein solcher gesandter vergibt nicht selbs die schuld und straffe der rebellion, und doch auch daß er sie verge- be/ jenes in dem verstande/ weil die vergebung von ihm nicht kommt/ dieses weil sie gleichwohl durch ihn gegeben wird. Eigentlich aber verkündigt er die vergebung/ aber also daß die vergebung durch solche verkündigung wirck- lich erlanget wird. Wo dieses recht in acht genommen wird/ meidet man beyde ex- der-
Das erſte Capitel. belliret haͤtten/ gnade thun will/ und geſandten an ſie ſchicket/ denen er inſtru-ction gibt/ daß ſie nicht allein alle/ welche ſie annehmen wolten/ ſeiner gnade verſichern/ ſondern auch jeden die ſich deswegen anmeldeten/ ſeinen wirckli- chen perdon ertheilen ſolten. Da kan ich ſagen/ ein ſolcher geſandter vergibt nicht ſelbs die ſchuld und ſtraffe der rebellion, und doch auch daß er ſie verge- be/ jenes in dem verſtande/ weil die vergebung von ihm nicht kommt/ dieſes weil ſie gleichwohl durch ihn gegeben wird. Eigentlich aber verkuͤndigt er die vergebung/ aber alſo daß die vergebung durch ſolche verkuͤndigung wirck- lich erlanget wird. Wo dieſes recht in acht genommen wird/ meidet man beyde ex- der-
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Das erſte Capitel.
belliret haͤtten/ gnade thun will/ und geſandten an ſie ſchicket/ denen er inſtru-
ction gibt/ daß ſie nicht allein alle/ welche ſie annehmen wolten/ ſeiner gnade
verſichern/ ſondern auch jeden die ſich deswegen anmeldeten/ ſeinen wirckli-
chen perdon ertheilen ſolten. Da kan ich ſagen/ ein ſolcher geſandter vergibt
nicht ſelbs die ſchuld und ſtraffe der rebellion, und doch auch daß er ſie verge-
be/ jenes in dem verſtande/ weil die vergebung von ihm nicht kommt/ dieſes
weil ſie gleichwohl durch ihn gegeben wird. Eigentlich aber verkuͤndigt er
die vergebung/ aber alſo daß die vergebung durch ſolche verkuͤndigung wirck-
lich erlanget wird.
Wo dieſes recht in acht genommen wird/ meidet man beyde ex-
trema und bleibet in der mitte der irrthuͤmer derer/ ſo auf einige ſeite ab-
weichen. Auff einer ſeite wird zuweilen aus Zvvinglio, Calvino, Bucano,
Beza, und andern den Reformirten zugeſchrieben/ daß ſie aus der vergebung
der prediger alſo eine bloſſe verkuͤndigung machten/ daß ſich GOtt in derſel-
ben ihrer auch nicht als eines werckzeugs ſolcher ſeiner wohlthat gebrauchte/
und alſo ihr amt dabey muͤßig und unkraͤfftig waͤre. Hiergegen wird alles
gerichtet/ wann unſre Theologi darvor ſtreiten/ daß die abſolution nicht ei-
ne bloſſe verkuͤndigung/ ſondern eine wahre vergebung ſeye/ als zu ſehen
bey D. Carpzov. Iſag. in Libr. Symb. ad A. C. art. II. p. 369. 1103. D. Scher-
zer. Brev. Hülſem. c. 9. pag. 354. Alſo iſt der abſicht unſrer kirchen und
lehrer in dieſer ſachen genug gethan/ wo man erkennet/ daß der prediger
und ſeine abſolution das mittel ſeye/ dardurch GOtt/ ob ers wohl auch
ohne dieſes mittel thun koͤnte/ die vergebung ertheile/ aber ſo daß alle
eigentliche macht und krafft nicht des menſchen ſondern GOttes ſeye; auf
gleiche art wie prediger bekehren/ wiedergebaͤhren/ ſelig machen u. ſ. f. wel-
ches ihnen alles in der ſchrifft beygelegt wird/ daß ihr werck darbey nicht ver-
gebens iſt/ aber doch alle krafft und ehre in dem/ was ſie ausrichten/ GOt-
tes bleibet. Auff der andern ſeite haben wir es mit den Papiſten zuthun/
die damit nicht zu frieden ſeynd/ daß die prediger vergeben als GOttes die-
ner/ per modum inſtrumenti, welches ermeldter D. Scherzer l. c. p. 533. fein
erklaͤhret/ quia applicat veibum divinum & mediante hoc ipſummet abſo-
lutionis beneficium, ſondern den prieſtern zuſchreiben juris dictionem po-
teſtativam; gegen dieſe iſt vornehmlich gerichtet/ wo wir ſagen/ daß die pre-
diger nicht die ſuͤnde vergeben/ nemlich durch ſolche eigne gewalt/ in dero ſie et-
was mehr als allein goͤttlichen wercks inſtrumenta ſind/ ſondern die verge-
bung allein verkuͤndigen/ nemlich doch mit ſolchem nachtruck/ daß ihre ver-
kuͤndigung vor GOtt guͤltig ſey/ und die wohlthat/ auf den jenigen/ den ſie
abſolviren/ applicire und anwende. Dahin gehen unſers theuren Chem-
nitii worte: Ex. Conc. Trid. p. 371. Miniſterium privatæ abſolutionis ge-
neralem illam Evangelii promiſſionem ad ſingulos petentes applicat. Wie-
der-
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