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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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sus bißher dazu gekommen/ und sich derselbe noch biß daher nicht darüber be-
schwehret hat. 3. Dieses scriptum obwol mittelbahr auch die gantze kirche
angehet/ unmittelbahr gleichwol und vornemlich dem lehrstand vorgeschrie-
ben/ und derselbe daran verbunden ist. Daher 4. auch nicht nothwendig war/
was n. 48. eingeworffen wird/ daß die verfasser eine versicherung eines sol-
chen beystandes des H. Geistes/ der sie in alle wahrheit leitete/ haben und die
kirche davon gewiß machen müsten.

§. XLVII. Was die erste bekenner in der Augspurg. Confession anlangt
(davon n. 49.) ists wahr/ daß sie sich anerbieten/ sich lehren zu lassen/ wo sie et-
was irriges überzeuget würden/ das macht weil sie es mit ihren widrigen zu
thun hatten/ gegen welche wir auch unsere formulam concordiae niemals an-
ders brauchen können/ als bereit seyn müssen/ wo uns ein anders gezeiget
würde/ zu weichen. Was aber die verfasser der form. concord. anlangt/ so
hatten dieselbe es zuthun mit ihrer kirche/ die sie mit ihnen in der lehr einig zu
seyn nicht zweiffelten/ und ihnen in diesem buch eine weitere nachricht zu fer-
ner einmüthigkeit vorlegten: da konten sie die resolution fassen (so viel unter
menschen geschehen kan) unverändert dabey zu bleiben; und verbinden sich
mit einem eyd/ aus dem grund ihrer versicherung über die lehr selbs: ob sie
wol ihrem scripto deswegen keine unfehlbarkeit zumessen/ sondern es immer
wiederum anderer prüfung (auffs wenigste so viel ob jeder sich dazu verbin-
den wolle) unterworffen seyn lassen.

§. XLVIII. Daher es abermal keiner übertünchung (nach n. 51.) bedarff/
sondern nur daß man liebreich und ohne affecten die absicht und die sache selbs
einsehe/ so werden solche beschuldigungen selbs fallen. Solten einige Theo-
logi
jemahlen weiter gegangen seyn/ und den Libris Symbolicis eine mehrere
autorität als sie sich selbs geben/ und die kirche sie angenommen/ in praxi zu-
messen/ so wäre es derselben fehler/ nicht aber unserer kirche/ noch der Libro-
rum Symbolicorum
selbs/ und ist nichts ungemeines/ daß auch die beste
menschliche einsetzungen vielem mißbrauch unterworffen sind/ da so gar auch
das göttliche wort davon nicht frey bleibet. Die aussprüche aus den gedach-
ten büchern kan keiner vor göttliche aussprüche vorgeben/ er wolle denn ihnen
selbs eben darinnen widersprechen. Und bleibet der grosse unterscheid unter
denselben und denen Päpstischen decretis und conciliis, denen man zu Rom
eine unfehlbarkeit zurechnet/ daher die conclusiones aus denselben als ex
principio per se authentico
geführet werden/ aber bey uns als ex principio
per conventionem assumto.
Wer dorten condemnirt wird/ wird damit zum
ketzer/ wo er nicht weichet/ und von der kirchen ausgeschlossen/ auch andern
straffen unterworffen. Wer aber von den Libris Symbolicis in einigen stü-
cken abgewichen wäre/ würde darüber nicht zum ketzer gemacht (sondern dazu

gehö-

Anhang
ſus bißher dazu gekommen/ und ſich derſelbe noch biß daher nicht daruͤber be-
ſchwehret hat. 3. Dieſes ſcriptum obwol mittelbahr auch die gantze kirche
angehet/ unmittelbahr gleichwol und vornemlich dem lehrſtand vorgeſchrie-
ben/ und derſelbe daran verbunden iſt. Daher 4. auch nicht nothwendig war/
was n. 48. eingeworffen wird/ daß die verfaſſer eine verſicherung eines ſol-
chen beyſtandes des H. Geiſtes/ der ſie in alle wahrheit leitete/ haben und die
kirche davon gewiß machen muͤſten.

§. XLVII. Was die erſte bekenner in der Augſpurg. Confeſſion anlangt
(davon n. 49.) iſts wahr/ daß ſie ſich anerbieten/ ſich lehren zu laſſen/ wo ſie et-
was irriges uͤberzeuget wuͤrden/ das macht weil ſie es mit ihren widrigen zu
thun hatten/ gegen welche wir auch unſere formulam concordiæ niemals an-
ders brauchen koͤnnen/ als bereit ſeyn muͤſſen/ wo uns ein anders gezeiget
wuͤrde/ zu weichen. Was aber die verfaſſer der form. concord. anlangt/ ſo
hatten dieſelbe es zuthun mit ihrer kirche/ die ſie mit ihnen in der lehr einig zu
ſeyn nicht zweiffelten/ und ihnen in dieſem buch eine weitere nachricht zu fer-
ner einmuͤthigkeit vorlegten: da konten ſie die reſolution faſſen (ſo viel unter
menſchen geſchehen kan) unveraͤndert dabey zu bleiben; und verbinden ſich
mit einem eyd/ aus dem grund ihrer verſicherung uͤber die lehr ſelbs: ob ſie
wol ihrem ſcripto deswegen keine unfehlbarkeit zumeſſen/ ſondern es immer
wiederum anderer pruͤfung (auffs wenigſte ſo viel ob jeder ſich dazu verbin-
den wolle) unterworffen ſeyn laſſen.

§. XLVIII. Daher es abermal keiner uͤbertuͤnchung (nach n. 51.) bedarff/
ſondern nur daß man liebꝛeich uñ ohne affecten die abſicht und die ſache ſelbs
einſehe/ ſo werden ſolche beſchuldigungen ſelbs fallen. Solten einige Theo-
logi
jemahlen weiter gegangen ſeyn/ und den Libris Symbolicis eine mehrere
autoritaͤt als ſie ſich ſelbs geben/ und die kirche ſie angenommen/ in praxi zu-
meſſen/ ſo waͤre es derſelben fehler/ nicht aber unſerer kirche/ noch der Libro-
rum Symbolicorum
ſelbs/ und iſt nichts ungemeines/ daß auch die beſte
menſchliche einſetzungen vielem mißbrauch unterworffen ſind/ da ſo gar auch
das goͤttliche wort davon nicht frey bleibet. Die ausſpruͤche aus den gedach-
ten buͤchern kan keiner vor goͤttliche ausſpruͤche vorgeben/ er wolle denn ihnen
ſelbs eben darinnen widerſprechen. Und bleibet der groſſe unterſcheid unter
denſelben und denen Paͤpſtiſchen decretis und conciliis, denen man zu Rom
eine unfehlbarkeit zurechnet/ daher die concluſiones aus denſelben als ex
principio per ſe authentico
gefuͤhret werden/ aber bey uns als ex principio
per conventionem aſſumto.
Wer dorten condemnirt wird/ wird damit zum
ketzer/ wo er nicht weichet/ und von der kirchen ausgeſchloſſen/ auch andern
ſtraffen unterworffen. Wer aber von den Libris Symbolicis in einigen ſtuͤ-
cken abgewichen waͤre/ wuͤrde daruͤber nicht zum ketzer gemacht (ſondern dazu

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[376/0392] Anhang ſus bißher dazu gekommen/ und ſich derſelbe noch biß daher nicht daruͤber be- ſchwehret hat. 3. Dieſes ſcriptum obwol mittelbahr auch die gantze kirche angehet/ unmittelbahr gleichwol und vornemlich dem lehrſtand vorgeſchrie- ben/ und derſelbe daran verbunden iſt. Daher 4. auch nicht nothwendig war/ was n. 48. eingeworffen wird/ daß die verfaſſer eine verſicherung eines ſol- chen beyſtandes des H. Geiſtes/ der ſie in alle wahrheit leitete/ haben und die kirche davon gewiß machen muͤſten. §. XLVII. Was die erſte bekenner in der Augſpurg. Confeſſion anlangt (davon n. 49.) iſts wahr/ daß ſie ſich anerbieten/ ſich lehren zu laſſen/ wo ſie et- was irriges uͤberzeuget wuͤrden/ das macht weil ſie es mit ihren widrigen zu thun hatten/ gegen welche wir auch unſere formulam concordiæ niemals an- ders brauchen koͤnnen/ als bereit ſeyn muͤſſen/ wo uns ein anders gezeiget wuͤrde/ zu weichen. Was aber die verfaſſer der form. concord. anlangt/ ſo hatten dieſelbe es zuthun mit ihrer kirche/ die ſie mit ihnen in der lehr einig zu ſeyn nicht zweiffelten/ und ihnen in dieſem buch eine weitere nachricht zu fer- ner einmuͤthigkeit vorlegten: da konten ſie die reſolution faſſen (ſo viel unter menſchen geſchehen kan) unveraͤndert dabey zu bleiben; und verbinden ſich mit einem eyd/ aus dem grund ihrer verſicherung uͤber die lehr ſelbs: ob ſie wol ihrem ſcripto deswegen keine unfehlbarkeit zumeſſen/ ſondern es immer wiederum anderer pruͤfung (auffs wenigſte ſo viel ob jeder ſich dazu verbin- den wolle) unterworffen ſeyn laſſen. §. XLVIII. Daher es abermal keiner uͤbertuͤnchung (nach n. 51.) bedarff/ ſondern nur daß man liebꝛeich uñ ohne affecten die abſicht und die ſache ſelbs einſehe/ ſo werden ſolche beſchuldigungen ſelbs fallen. Solten einige Theo- logi jemahlen weiter gegangen ſeyn/ und den Libris Symbolicis eine mehrere autoritaͤt als ſie ſich ſelbs geben/ und die kirche ſie angenommen/ in praxi zu- meſſen/ ſo waͤre es derſelben fehler/ nicht aber unſerer kirche/ noch der Libro- rum Symbolicorum ſelbs/ und iſt nichts ungemeines/ daß auch die beſte menſchliche einſetzungen vielem mißbrauch unterworffen ſind/ da ſo gar auch das goͤttliche wort davon nicht frey bleibet. Die ausſpruͤche aus den gedach- ten buͤchern kan keiner vor goͤttliche ausſpruͤche vorgeben/ er wolle denn ihnen ſelbs eben darinnen widerſprechen. Und bleibet der groſſe unterſcheid unter denſelben und denen Paͤpſtiſchen decretis und conciliis, denen man zu Rom eine unfehlbarkeit zurechnet/ daher die concluſiones aus denſelben als ex principio per ſe authentico gefuͤhret werden/ aber bey uns als ex principio per conventionem aſſumto. Wer dorten condemnirt wird/ wird damit zum ketzer/ wo er nicht weichet/ und von der kirchen ausgeſchloſſen/ auch andern ſtraffen unterworffen. Wer aber von den Libris Symbolicis in einigen ſtuͤ- cken abgewichen waͤre/ wuͤrde daruͤber nicht zum ketzer gemacht (ſondern dazu gehoͤ-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/392>, abgerufen am 22.11.2024.