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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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chen anlangte) gemachet würden/ darnach sich alle kirchen diener zu richten
hätten/ da dann welche sich nicht dazu verstehen wolten/ endlich ihre dienste
verliehren könten/ in dessen wären solche verordnungen noch keine anzeig ei-
ner übermenschlichen gewalt/ die man sich anmassete. Jn dem einige der-
gleichen satzungen zu machen nicht über die macht ist der Christlichen obrigkei-
ten/ sonderlich mit zu ziehung des jenigen standes/ um den es vornehmlich
zu thun ist.

§. LI. Was n. 57. stehet/ wünschete ich/ daß der verfasser sich seinen af-
fect
nicht so weit übernehmen hätte lassen/ um eine solche ungegründete und
doch schimpffliche vergleichung zu machen. Die bau-leute zu Babel wolten
ihnen einen nahmen machen mit solchem thurn/ das ist dadurch berühmet und
groß werden/ sie wolten einen thurn bauen/ dessen spitze gen himmel reichte/
damit sie von fernerer sündfluth und andern straffen frey wären. Was fin-
det sich dergleichen bey unsern belobten ständen und Theologis, welche je
aus ihrer praefation nicht überzeuget werden können/ daß sie einen berühm-
ten nahmen dadurch gesucht/ sondern der verwirrung ihrer kirchen einige
hülff schaffen wollen? und wie solle der bau nun drey spitzen bekommen? da
der alte thurn eine haben solte/ und freylich Babel als ein einiges reich nicht
in solche drey widerwärtige theil getheilet bestehen/ noch davor erkant wer-
den kan. Daß die nahmen Catholisch/ Evangelisch/ Reformirt/ in
dem grunde einerley seyen/ ist eben nicht zu leugnen/ aber kan auch nicht ge-
scholten werden/ daß was unter sich unterschieden/ auch mit unterschiedenen
nahmen genennet wird. Jndessen trotzen wir auff die nahmen nicht/ ohne
was die Papisten wegen des worts Catholisch pralen/ sondern mögen wohl
leiden/ wo der unterscheid der sache/ der lehr und der kirchen fällt/ daß die un-
terschieds-nahmen in ewigen vergeß gestellet würden/ und der einige Chri-
sten nahme bliebe; Wie also die unsrige zur ungebühr unter Babelische bau-
leute gezehlet werden/ so fället was n. 58. hinzugesetzt wird. Zwahr in dem
eigentlichen Babel das ist zu Rom geschihet wohl dergleichen/ da Christus
durch seine boten sie bestraffet/ über die macht/ welche sie sich über die kirche
und dero wahrheit nehmen/ daß sie dieselbe tödten und verderben/ und sol-
ches ist freylich Antichristisch. Solte aber jemand mit gutem grunde aus
GOttes wort uns einigen fehler zeigen/ so bin ich versichert/ daß die autori-
tät der symbolischen bücher/ die autorität GOttes nicht auffheben oder der-
selben entgegen gesetzt werden würde.

§. LII. Ob nun eine Antichristische procedur jemahl in unsrer kirchen
vorgegangen seye/ weil n. 59. der verfasser selbs nicht eben judiciren will/ un-
terlasse ich es auch wiederhole aber billig/ was n. 48. erinnert/ daß auch einiger
leut mißbrauch/ wo sie auch eines dem Antichrist abgelerneten stückes sich be-

dienet

Anhang
chen anlangte) gemachet wuͤrden/ darnach ſich alle kirchen diener zu richten
haͤtten/ da dann welche ſich nicht dazu verſtehen wolten/ endlich ihre dienſte
verliehren koͤnten/ in deſſen waͤren ſolche verordnungen noch keine anzeig ei-
ner uͤbermenſchlichen gewalt/ die man ſich anmaſſete. Jn dem einige der-
gleichen ſatzungen zu machen nicht uͤber die macht iſt der Chriſtlichen obrigkei-
ten/ ſonderlich mit zu ziehung des jenigen ſtandes/ um den es vornehmlich
zu thun iſt.

§. LI. Was n. 57. ſtehet/ wuͤnſchete ich/ daß der verfaſſer ſich ſeinen af-
fect
nicht ſo weit uͤbernehmen haͤtte laſſen/ um eine ſolche ungegruͤndete und
doch ſchimpffliche vergleichung zu machen. Die bau-leute zu Babel wolten
ihnen einen nahmen machen mit ſolchem thurn/ das iſt dadurch beruͤhmet und
groß werden/ ſie wolten einen thurn bauen/ deſſen ſpitze gen himmel reichte/
damit ſie von fernerer ſuͤndfluth und andern ſtraffen frey waͤren. Was fin-
det ſich dergleichen bey unſern belobten ſtaͤnden und Theologis, welche je
aus ihrer præfation nicht uͤberzeuget werden koͤnnen/ daß ſie einen beruͤhm-
ten nahmen dadurch geſucht/ ſondern der verwirrung ihrer kirchen einige
huͤlff ſchaffen wollen? und wie ſolle der bau nun drey ſpitzen bekommen? da
der alte thurn eine haben ſolte/ und freylich Babel als ein einiges reich nicht
in ſolche drey widerwaͤrtige theil getheilet beſtehen/ noch davor erkant wer-
den kan. Daß die nahmen Catholiſch/ Evangeliſch/ Reformirt/ in
dem grunde einerley ſeyen/ iſt eben nicht zu leugnen/ aber kan auch nicht ge-
ſcholten werden/ daß was unter ſich unterſchieden/ auch mit unterſchiedenen
nahmen genennet wird. Jndeſſen trotzen wir auff die nahmen nicht/ ohne
was die Papiſten wegen des worts Catholiſch pralen/ ſondern moͤgen wohl
leiden/ wo der unterſcheid der ſache/ der lehr und der kirchen faͤllt/ daß die un-
terſchieds-nahmen in ewigen vergeß geſtellet wuͤrden/ und der einige Chri-
ſten nahme bliebe; Wie alſo die unſrige zur ungebuͤhr unter Babeliſche bau-
leute gezehlet werden/ ſo faͤllet was n. 58. hinzugeſetzt wird. Zwahr in dem
eigentlichen Babel das iſt zu Rom geſchihet wohl dergleichen/ da Chriſtus
durch ſeine boten ſie beſtraffet/ uͤber die macht/ welche ſie ſich uͤber die kirche
und dero wahrheit nehmen/ daß ſie dieſelbe toͤdten und verderben/ und ſol-
ches iſt freylich Antichriſtiſch. Solte aber jemand mit gutem grunde aus
GOttes wort uns einigen fehler zeigen/ ſo bin ich verſichert/ daß die autori-
taͤt der ſymboliſchen buͤcher/ die autoritaͤt GOttes nicht auffheben oder der-
ſelben entgegen geſetzt werden wuͤrde.

§. LII. Ob nun eine Antichriſtiſche procedur jemahl in unſrer kirchen
vorgegangen ſeye/ weil n. 59. der verfaſſer ſelbs nicht eben judiciren will/ un-
terlaſſe ich es auch wiedeꝛhole aber billig/ was n. 48. erinnert/ daß auch einiger
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[378/0394] Anhang chen anlangte) gemachet wuͤrden/ darnach ſich alle kirchen diener zu richten haͤtten/ da dann welche ſich nicht dazu verſtehen wolten/ endlich ihre dienſte verliehren koͤnten/ in deſſen waͤren ſolche verordnungen noch keine anzeig ei- ner uͤbermenſchlichen gewalt/ die man ſich anmaſſete. Jn dem einige der- gleichen ſatzungen zu machen nicht uͤber die macht iſt der Chriſtlichen obrigkei- ten/ ſonderlich mit zu ziehung des jenigen ſtandes/ um den es vornehmlich zu thun iſt. §. LI. Was n. 57. ſtehet/ wuͤnſchete ich/ daß der verfaſſer ſich ſeinen af- fect nicht ſo weit uͤbernehmen haͤtte laſſen/ um eine ſolche ungegruͤndete und doch ſchimpffliche vergleichung zu machen. Die bau-leute zu Babel wolten ihnen einen nahmen machen mit ſolchem thurn/ das iſt dadurch beruͤhmet und groß werden/ ſie wolten einen thurn bauen/ deſſen ſpitze gen himmel reichte/ damit ſie von fernerer ſuͤndfluth und andern ſtraffen frey waͤren. Was fin- det ſich dergleichen bey unſern belobten ſtaͤnden und Theologis, welche je aus ihrer præfation nicht uͤberzeuget werden koͤnnen/ daß ſie einen beruͤhm- ten nahmen dadurch geſucht/ ſondern der verwirrung ihrer kirchen einige huͤlff ſchaffen wollen? und wie ſolle der bau nun drey ſpitzen bekommen? da der alte thurn eine haben ſolte/ und freylich Babel als ein einiges reich nicht in ſolche drey widerwaͤrtige theil getheilet beſtehen/ noch davor erkant wer- den kan. Daß die nahmen Catholiſch/ Evangeliſch/ Reformirt/ in dem grunde einerley ſeyen/ iſt eben nicht zu leugnen/ aber kan auch nicht ge- ſcholten werden/ daß was unter ſich unterſchieden/ auch mit unterſchiedenen nahmen genennet wird. Jndeſſen trotzen wir auff die nahmen nicht/ ohne was die Papiſten wegen des worts Catholiſch pralen/ ſondern moͤgen wohl leiden/ wo der unterſcheid der ſache/ der lehr und der kirchen faͤllt/ daß die un- terſchieds-nahmen in ewigen vergeß geſtellet wuͤrden/ und der einige Chri- ſten nahme bliebe; Wie alſo die unſrige zur ungebuͤhr unter Babeliſche bau- leute gezehlet werden/ ſo faͤllet was n. 58. hinzugeſetzt wird. Zwahr in dem eigentlichen Babel das iſt zu Rom geſchihet wohl dergleichen/ da Chriſtus durch ſeine boten ſie beſtraffet/ uͤber die macht/ welche ſie ſich uͤber die kirche und dero wahrheit nehmen/ daß ſie dieſelbe toͤdten und verderben/ und ſol- ches iſt freylich Antichriſtiſch. Solte aber jemand mit gutem grunde aus GOttes wort uns einigen fehler zeigen/ ſo bin ich verſichert/ daß die autori- taͤt der ſymboliſchen buͤcher/ die autoritaͤt GOttes nicht auffheben oder der- ſelben entgegen geſetzt werden wuͤrde. §. LII. Ob nun eine Antichriſtiſche procedur jemahl in unſrer kirchen vorgegangen ſeye/ weil n. 59. der verfaſſer ſelbs nicht eben judiciren will/ un- terlaſſe ich es auch wiedeꝛhole aber billig/ was n. 48. erinnert/ daß auch einiger leut mißbrauch/ wo ſie auch eines dem Antichriſt abgelerneten ſtuͤckes ſich be- dienet

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/394>, abgerufen am 22.11.2024.