Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.ARTIC. II. SECTIO. II. ment wäre/ daß solches anmelden streite wider unsere Symbolische bü-cher: ich sehe aber auch nicht/ wie dieses von dem bescheidenen anmelden gesagt werden könne: indem unsere Augspurgische Confession in angezogener stelle nichts anders fordert/ als daß ohne rechtmässigen und ordentlichen be- ruff sich keiner des kirchen diensts und dessen verrichtungen unterziehen solle: wir haben aber schon einigemahl erinnerung gethan/ daß durch dieses anmel- den der ordentliche beruff nicht auffgehaben/ wohl aber durch das nöthigen und eintringen derselbe sehr verletzet werde. 7. Die angeführte stellen aus dem geistlichen recht/ und 8. aus dem Käyserlichen/ von denen die wider ihren willen u. inviti zu dem heiligen amt gezogen werden/ hebet nicht nur das besondere sondern das gleichwol zugestandene allgemeine anmelden auf. Dann der jenige/ welcher sich insgemein zu dem dienst der kirchen angetragen/ wird ja nicht wider willen beruffen und ordiniret? Was 9. aus der Chursächsi- schen ordnung angeführet wird/ mag noch den grössesten schein haben/ jedoch machets die sache noch nicht gantz aus/ sondern mag gar wohl also verstanden werden/ daß nicht zugegeben werde/ daß sich einer einen gewissen ort erwehle/ nemlich also/ daß er sonsten an keinen andern als denselben sich gebrauchen las- sen wolte. Damit aber nicht auffgehaben wird/ da sich einer insgemein an- gemeldet/ und nachmahl eine gewisse stelle offen wird/ da er ursach zu sehen meinet/ warum er sonderlich darinnen GOtt dienen möchte/ daß er sich nicht nochmahl absonderlich modeste angeben dörffte. Was sonsten wider das ärgerliche lauffen geordnet ist/ gehet abermahl unser anmelden nichts an. 10. Werden unsre Christliche lehrer Lutherus und Müllerus angezogen: aber können auch nicht wider das jenige gebraucht werden/ was oben zu gegeben/ sondern fordern theils den beruff/ und straffen/ welche unberuffen sich ein- tringen/ rennen und lauffen/ welches wir selbs nicht billigen/ theils würden sie/ was das beruffen werden ohne willen anlangt/ mit gleicher krafft gegen das allgemeine anmelden gelten. Das letzte argument 11. ist hergenommen aus den exemplis der Theologorum, so ohne anmelden beruffen worden: Welches dieses zu wegen bringet/ daß man also das anmelden nicht nöthig achte/ nicht aber daß es auf vorgeschriebene bescheidene manier selbs ver- werfflich wäre. Also erhellet aus allem/ daß die angeführte rationes, wie sie kräfftig das unziemliche anmelden/ eintringen und einbettlen widerlegen/ gleichwohl die andere art nicht unrecht machen können: Was aber ferner an- langt die angeführte einwürffe/ die eben so wohl vor das unziemliche als an- dere anmelden gebraucht zu werden pflegen/ sind sie wohl beantwortet/ in dem freylich die gemeine praxis nichts des jenigen auctorisiret/ was an sich nicht recht ist/ noch zu glauben/ daß anders unmüglich zu diensten zukommen wäre/ so dann mag auch die nothwendigkeit des unterhaltens das jenige nicht recht
ARTIC. II. SECTIO. II. ment waͤre/ daß ſolches anmelden ſtreite wider unſere Symboliſche buͤ-cher: ich ſehe aber auch nicht/ wie dieſes von dem beſcheidenẽ anmelden geſagt werden koͤnne: indem unſere Augſpurgiſche Confeſſion in angezogener ſtelle nichts anders fordert/ als daß ohne rechtmaͤſſigen und ordentlichen be- ruff ſich keiner des kirchen dienſts und deſſen verrichtungen unterziehen ſolle: wir haben aber ſchon einigemahl erinnerung gethan/ daß durch dieſes anmel- den der ordentliche beruff nicht auffgehaben/ wohl aber durch das noͤthigen und eintringen derſelbe ſehr verletzet werde. 7. Die angefuͤhrte ſtellen aus dem geiſtlichen recht/ und 8. aus dem Kaͤyſerlichen/ von denen die wider ihren willen u. inviti zu dem heiligen amt gezogen werden/ hebet nicht nur das beſondere ſondern das gleichwol zugeſtandene allgemeine anmelden auf. Dañ der jenige/ welcher ſich insgemein zu dem dienſt der kirchen angetragen/ wird ja nicht wider willen beruffen und ordiniret? Was 9. aus der Churſaͤchſi- ſchen ordnung angefuͤhret wird/ mag noch den groͤſſeſten ſchein haben/ jedoch machets die ſache noch nicht gantz aus/ ſondern mag gar wohl alſo verſtanden werden/ daß nicht zugegeben werde/ daß ſich einer einen gewiſſen ort erwehle/ nemlich alſo/ daß er ſonſten an keinen andern als denſelben ſich gebrauchen laſ- ſen wolte. Damit aber nicht auffgehaben wird/ da ſich einer insgemein an- gemeldet/ und nachmahl eine gewiſſe ſtelle offen wird/ da er urſach zu ſehen meinet/ warum er ſonderlich darinnen GOtt dienen moͤchte/ daß er ſich nicht nochmahl abſonderlich modeſte angeben doͤrffte. Was ſonſten wider das aͤrgerliche lauffen geordnet iſt/ gehet abermahl unſer anmelden nichts an. 10. Werden unſre Chriſtliche lehrer Lutherus und Müllerus angezogen: aber koͤnnen auch nicht wider das jenige gebraucht werden/ was oben zu gegeben/ ſondern fordern theils den beruff/ und ſtraffen/ welche unberuffen ſich ein- tringen/ rennen und lauffen/ welches wir ſelbs nicht billigen/ theils wuͤrden ſie/ was das beruffen werden ohne willen anlangt/ mit gleicher krafft gegen das allgemeine anmelden gelten. Das letzte argument 11. iſt hergenommen aus den exemplis der Theologorum, ſo ohne anmelden beruffen worden: Welches dieſes zu wegen bringet/ daß man alſo das anmelden nicht noͤthig achte/ nicht aber daß es auf vorgeſchriebene beſcheidene manier ſelbs ver- werfflich waͤre. Alſo erhellet aus allem/ daß die angefuͤhrte rationes, wie ſie kraͤfftig das unziemliche anmelden/ eintringen und einbettlen widerlegen/ gleichwohl die andere art nicht unrecht machen koͤnnen: Was aber ferner an- langt die angefuͤhrte einwuͤrffe/ die eben ſo wohl vor das unziemliche als an- dere anmelden gebraucht zu werden pflegen/ ſind ſie wohl beantwortet/ in dem freylich die gemeine praxis nichts des jenigen auctoriſiret/ was an ſich nicht recht iſt/ noch zu glauben/ daß anders unmuͤglich zu dienſten zukommen waͤre/ ſo dann mag auch die nothwendigkeit des unterhaltens das jenige nicht recht
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cher: ich ſehe aber auch nicht/ wie dieſes von dem beſcheidenẽ anmelden geſagt
werden koͤnne: indem unſere Augſpurgiſche Confeſſion in angezogener ſtelle
nichts anders fordert/ als daß ohne rechtmaͤſſigen und ordentlichen be-
ruff ſich keiner des kirchen dienſts und deſſen verrichtungen unterziehen ſolle:
wir haben aber ſchon einigemahl erinnerung gethan/ daß durch dieſes anmel-
den der ordentliche beruff nicht auffgehaben/ wohl aber durch das noͤthigen
und eintringen derſelbe ſehr verletzet werde. 7. Die angefuͤhrte ſtellen aus
dem geiſtlichen recht/ und 8. aus dem Kaͤyſerlichen/ von denen die wider
ihren willen u. inviti zu dem heiligen amt gezogen werden/ hebet nicht nur das
beſondere ſondern das gleichwol zugeſtandene allgemeine anmelden auf. Dañ
der jenige/ welcher ſich insgemein zu dem dienſt der kirchen angetragen/ wird
ja nicht wider willen beruffen und ordiniret? Was 9. aus der Churſaͤchſi-
ſchen ordnung angefuͤhret wird/ mag noch den groͤſſeſten ſchein haben/ jedoch
machets die ſache noch nicht gantz aus/ ſondern mag gar wohl alſo verſtanden
werden/ daß nicht zugegeben werde/ daß ſich einer einen gewiſſen ort erwehle/
nemlich alſo/ daß er ſonſten an keinen andern als denſelben ſich gebrauchen laſ-
ſen wolte. Damit aber nicht auffgehaben wird/ da ſich einer insgemein an-
gemeldet/ und nachmahl eine gewiſſe ſtelle offen wird/ da er urſach zu ſehen
meinet/ warum er ſonderlich darinnen GOtt dienen moͤchte/ daß er ſich nicht
nochmahl abſonderlich modeſte angeben doͤrffte. Was ſonſten wider das
aͤrgerliche lauffen geordnet iſt/ gehet abermahl unſer anmelden nichts an. 10.
Werden unſre Chriſtliche lehrer Lutherus und Müllerus angezogen: aber
koͤnnen auch nicht wider das jenige gebraucht werden/ was oben zu gegeben/
ſondern fordern theils den beruff/ und ſtraffen/ welche unberuffen ſich ein-
tringen/ rennen und lauffen/ welches wir ſelbs nicht billigen/ theils wuͤrden
ſie/ was das beruffen werden ohne willen anlangt/ mit gleicher krafft gegen
das allgemeine anmelden gelten. Das letzte argument 11. iſt hergenommen
aus den exemplis der Theologorum, ſo ohne anmelden beruffen worden:
Welches dieſes zu wegen bringet/ daß man alſo das anmelden nicht noͤthig
achte/ nicht aber daß es auf vorgeſchriebene beſcheidene manier ſelbs ver-
werfflich waͤre. Alſo erhellet aus allem/ daß die angefuͤhrte rationes, wie
ſie kraͤfftig das unziemliche anmelden/ eintringen und einbettlen widerlegen/
gleichwohl die andere art nicht unrecht machen koͤnnen: Was aber ferner an-
langt die angefuͤhrte einwuͤrffe/ die eben ſo wohl vor das unziemliche als an-
dere anmelden gebraucht zu werden pflegen/ ſind ſie wohl beantwortet/ in
dem freylich die gemeine praxis nichts des jenigen auctoriſiret/ was an ſich
nicht recht iſt/ noch zu glauben/ daß anders unmuͤglich zu dienſten zukommen
waͤre/ ſo dann mag auch die nothwendigkeit des unterhaltens das jenige nicht
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