Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.ARTIC. II. SECTIO XVII. hat/ welche zu verwaltung eines kirchendiensts nöthig sind/ er auch bisher al-lezeit eine hertzliche begierde bezeuget hat/ solches ihm von der göttlichen güte anvertrautes pfund treulichen anzuwenden/ wie ich auch aus dem jenigen schliesse/ daß nach gehaltener prob predigt so bald die gemüther auf ihn gefal- len sind/ und seines dienstes verlangen getragen haben/ daß sie an seinen ga- ben und übrigem/ so sie an ihm gesehen ein satisames vergnügen müssen gefun- den haben. Dann was die ungewohnheit des predigens anlangt/ wird sol- che/ wo die nöthige erudition und übrige qualitäten vorhanden sind/ leicht durch eine übung einer nicht gar langen zeit ersetzet. 2. Jch sehe aber noch nicht/ daß es jemahlen mit ihm und der gemeinde ge-
ARTIC. II. SECTIO XVII. hat/ welche zu verwaltung eines kirchendienſts noͤthig ſind/ er auch bisher al-lezeit eine hertzliche begierde bezeuget hat/ ſolches ihm von der goͤttlichen guͤte anvertrautes pfund treulichen anzuwenden/ wie ich auch aus dem jenigen ſchlieſſe/ daß nach gehaltener prob predigt ſo bald die gemuͤther auf ihn gefal- len ſind/ und ſeines dienſtes verlangen getragen haben/ daß ſie an ſeinen ga- ben und uͤbrigem/ ſo ſie an ihm geſehen ein ſatiſames vergnuͤgen muͤſſen gefun- den haben. Dann was die ungewohnheit des predigens anlangt/ wird ſol- che/ wo die noͤthige erudition und uͤbrige qualitaͤten vorhanden ſind/ leicht durch eine uͤbung einer nicht gar langen zeit erſetzet. 2. Jch ſehe aber noch nicht/ daß es jemahlen mit ihm und der gemeinde ge-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0559" n="543"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">ARTIC. II. <hi rendition="#g">SECTIO</hi> XVII.</hi></hi></fw><lb/> hat/ welche zu verwaltung eines kirchendienſts noͤthig ſind/ er auch bisher al-<lb/> lezeit eine hertzliche begierde bezeuget hat/ ſolches ihm von der goͤttlichen guͤte<lb/> anvertrautes pfund treulichen anzuwenden/ wie ich auch aus dem jenigen<lb/> ſchlieſſe/ daß nach gehaltener prob predigt ſo bald die gemuͤther auf ihn gefal-<lb/> len ſind/ und ſeines dienſtes verlangen getragen haben/ daß ſie an ſeinen ga-<lb/> ben und uͤbrigem/ ſo ſie an ihm geſehen ein ſatiſames vergnuͤgen muͤſſen gefun-<lb/> den haben. Dann was die ungewohnheit des predigens anlangt/ wird ſol-<lb/> che/ wo die noͤthige <hi rendition="#aq">erudition</hi> und uͤbrige <hi rendition="#aq">quali</hi>taͤten vorhanden ſind/ leicht<lb/> durch eine uͤbung einer nicht gar langen zeit erſetzet.</p><lb/> <p>2. Jch ſehe aber noch nicht/ daß es jemahlen mit ihm und der gemeinde<lb/> richtig/ und das <hi rendition="#aq">vocations</hi>-werck vollzogen worden. Was anlangt den erſten<lb/> auftrag des dienſtes/ ſo gleich in gegenwart geſchehen/ ſo finde zwahr den<lb/> jenigen fehler nicht darinnen/ welchen Hr. <hi rendition="#aq">Cajus noti</hi>ret/ daß es nur <hi rendition="#aq">partia-<lb/> lis vocatio</hi> ſeye <hi rendition="#aq">à ſtatu hierarchico oeconomico,</hi> wie er in ſeinem ſchreiben<lb/> dergleichen bemercket/ dann eine <hi rendition="#aq">vocatio</hi> von der gantzen gemeinde iſt eine voͤl-<lb/> lige <hi rendition="#aq">vocatio,</hi> ob ſchon in derſelbigen nicht alle drey <hi rendition="#aq">ordines</hi> ſich befinden ſolten/<lb/> und war alſo Hr. <hi rendition="#aq">Sempronii</hi> als in gewiſſen ſtuͤcken <hi rendition="#aq">collegæ, conſenſus</hi> mit da-<lb/> bey geweſen/ weil ſie unter fremder religion obrigkeit leben/ und ſolche ihnen<lb/> die freyheit dieſes rechts laͤſſet/ ſo wuͤrde eine von ihrer gemeinde geſchehen-<lb/> de <hi rendition="#aq">vocatio</hi> vor voͤllig zu achten ſeyn/ daran die gantze ihre kirche wie ſie itzo ſte-<lb/> het/ gehellet haͤtte. Aber auf der andern ſeiten finde ich/ daß es noch nicht<lb/> zu wuͤrcklicher <hi rendition="#aq">vocation</hi> gekommen/ weil Hr. <hi rendition="#aq">Cajus</hi> nicht nur ſelbs ſolche ſo<lb/> bald anzunehmen <hi rendition="#aq">difficulti</hi>ret/ und bedenckzeit verlanget/ ſondern auch ſie<lb/> ſelbs gebeten/ die ſache nicht zu uͤbereilen/ vielmehr in reiffliche <hi rendition="#aq">conſideration</hi><lb/> zuziehen/ und im gebet zu GOTT ferner zu uͤberlegen. Auff dieſes iſt das<lb/> ſchreiben erfolget/ darinnen von ihnen ſeine <hi rendition="#aq">reſolution</hi> gefordert/ und der<lb/> wircklichen <hi rendition="#aq">vocation</hi> zuſage gethan wird/ im fall er ſie annehmen wolte/ wel-<lb/> ches auch in dem antwortſchreiben auf ſeine <hi rendition="#aq">movirte difficul</hi>taͤten widerho-<lb/> let/ und austruͤcklich bedeutet wird/ wo die gewuͤnſchte <hi rendition="#aq">reſolution</hi> folgen wuͤr-<lb/> de/ ſie alsdann zu der ordentlichen wahl und <hi rendition="#aq">ſolennen vocation</hi> ſchreiten<lb/> wolten. Daß alſo die gemeinde das vorige/ was geſchehen noch nicht vor<lb/> eine ordentliche wahl/ ſondern allein einen weg dazu muß gehalten haben. Wie<lb/> nun von ſeiten der gemeinde es noch niemahl zu einer voͤlligen <hi rendition="#aq">vocation</hi> aus-<lb/> geſchlagen/ ſondern noch immer in denen ſchrancken geblieben/ daß es zu der<lb/> ſelben kommen ſolte/ und ſie ſich gleichwohl verbindlich gemacht/ wo ander-<lb/> ſeits nach verlangen waͤre <hi rendition="#aq">gratificirt</hi> worden/ zu derſelbigen es zu bringen/ ſo<lb/> iſt hingegen von ſeiten Hrn. <hi rendition="#aq">Caji</hi> viel weniger es zur richtigkeit gekommen/<lb/> welcher ſeine <hi rendition="#aq">reſolution</hi> auf gewiſſe <hi rendition="#aq">capitulations-puncten</hi> die hingegen nicht<lb/><hi rendition="#aq">placidi</hi>rt worden/ geſetzt/ nachmahl ſolcher verweigerung halber deutlich ab-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ge-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [543/0559]
ARTIC. II. SECTIO XVII.
hat/ welche zu verwaltung eines kirchendienſts noͤthig ſind/ er auch bisher al-
lezeit eine hertzliche begierde bezeuget hat/ ſolches ihm von der goͤttlichen guͤte
anvertrautes pfund treulichen anzuwenden/ wie ich auch aus dem jenigen
ſchlieſſe/ daß nach gehaltener prob predigt ſo bald die gemuͤther auf ihn gefal-
len ſind/ und ſeines dienſtes verlangen getragen haben/ daß ſie an ſeinen ga-
ben und uͤbrigem/ ſo ſie an ihm geſehen ein ſatiſames vergnuͤgen muͤſſen gefun-
den haben. Dann was die ungewohnheit des predigens anlangt/ wird ſol-
che/ wo die noͤthige erudition und uͤbrige qualitaͤten vorhanden ſind/ leicht
durch eine uͤbung einer nicht gar langen zeit erſetzet.
2. Jch ſehe aber noch nicht/ daß es jemahlen mit ihm und der gemeinde
richtig/ und das vocations-werck vollzogen worden. Was anlangt den erſten
auftrag des dienſtes/ ſo gleich in gegenwart geſchehen/ ſo finde zwahr den
jenigen fehler nicht darinnen/ welchen Hr. Cajus notiret/ daß es nur partia-
lis vocatio ſeye à ſtatu hierarchico oeconomico, wie er in ſeinem ſchreiben
dergleichen bemercket/ dann eine vocatio von der gantzen gemeinde iſt eine voͤl-
lige vocatio, ob ſchon in derſelbigen nicht alle drey ordines ſich befinden ſolten/
und war alſo Hr. Sempronii als in gewiſſen ſtuͤcken collegæ, conſenſus mit da-
bey geweſen/ weil ſie unter fremder religion obrigkeit leben/ und ſolche ihnen
die freyheit dieſes rechts laͤſſet/ ſo wuͤrde eine von ihrer gemeinde geſchehen-
de vocatio vor voͤllig zu achten ſeyn/ daran die gantze ihre kirche wie ſie itzo ſte-
het/ gehellet haͤtte. Aber auf der andern ſeiten finde ich/ daß es noch nicht
zu wuͤrcklicher vocation gekommen/ weil Hr. Cajus nicht nur ſelbs ſolche ſo
bald anzunehmen difficultiret/ und bedenckzeit verlanget/ ſondern auch ſie
ſelbs gebeten/ die ſache nicht zu uͤbereilen/ vielmehr in reiffliche conſideration
zuziehen/ und im gebet zu GOTT ferner zu uͤberlegen. Auff dieſes iſt das
ſchreiben erfolget/ darinnen von ihnen ſeine reſolution gefordert/ und der
wircklichen vocation zuſage gethan wird/ im fall er ſie annehmen wolte/ wel-
ches auch in dem antwortſchreiben auf ſeine movirte difficultaͤten widerho-
let/ und austruͤcklich bedeutet wird/ wo die gewuͤnſchte reſolution folgen wuͤr-
de/ ſie alsdann zu der ordentlichen wahl und ſolennen vocation ſchreiten
wolten. Daß alſo die gemeinde das vorige/ was geſchehen noch nicht vor
eine ordentliche wahl/ ſondern allein einen weg dazu muß gehalten haben. Wie
nun von ſeiten der gemeinde es noch niemahl zu einer voͤlligen vocation aus-
geſchlagen/ ſondern noch immer in denen ſchrancken geblieben/ daß es zu der
ſelben kommen ſolte/ und ſie ſich gleichwohl verbindlich gemacht/ wo ander-
ſeits nach verlangen waͤre gratificirt worden/ zu derſelbigen es zu bringen/ ſo
iſt hingegen von ſeiten Hrn. Caji viel weniger es zur richtigkeit gekommen/
welcher ſeine reſolution auf gewiſſe capitulations-puncten die hingegen nicht
placidirt worden/ geſetzt/ nachmahl ſolcher verweigerung halber deutlich ab-
ge-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |