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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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ARTIC. III. SECTIO XI.
auflegen/ daß er/ ob er wol etwas zu verbessern sehe/ das geringste auch mit
zuziehung der andern dazu gehörigen zu ändern nicht macht hätte/ sondern
auch der gesamten obrigkeit solche gewalt die ihnen gehöret/ nehmen wollen/
und hingegen seine hergebrachte anstalten gleichsam dermassen auctorisiren/
daß bey vermeidung göttlichen zorns sie niemand ändern dörffte/ gehöret je
keinem prediger zu/ sondern gehet weit über seine macht. 3. Jst das gelübde
so bewandt/ daß es alle mittel die kirche ihres orts in einen bessernstand zu
bringen/ so wir droben besehen/ daß wir allezeit darnach zu trachten haben/
auff einmahl abschneidet/ und der vorigen ordnung viel zu viel zumisset/ daß
sie auff keinerley weise auch in dem geringsten nicht geändert werden solte.
Nun ist eine sehr schwehre sünde/ das gute unterlassen/ noch schwehrer es hin-
dern aber am schwehrsten demselben auff alle zeiten einen riegel vorschieben
wollen. Massen hie nicht stehet/ daß er gegen die jenige änderungen seine
kirche verwahren wollen/ welche er der sohn derselben schädlich und nachthei-
lig erkennen würde/ damit man freylich nichts zu thun haben solle; sondern
es soll ohne ausnahm nichts in der kirchen geändert werden/ ob die änderung
auch schon noch so gut seyn möchte. Welches dieses zum fundament haben
muß/ daß ohne unterscheid alle neuerungen unrecht seyn/ das aber oben zur
gnüge umgeworffen worden.

2. Mercken wir ferner/ daß ob der vater dem pfarrherrn seinem sohn der-
gleichen zugemuthet/ derselbe nicht recht gethan/ dasselbe anzugeloben/ was
er selbs verstehen sollen/ daß weder mit recht von ihm gefordert noch von ihm
selbs mit gutem gewissen geleistet werden könte. Dahero der pfarrherr aus
eigener schuld sein gewissen bestricket und demselben unzimliche last auffgela-
den.

3. Aus obigem folget/ weil weder jener das gelübde zu fordern macht ge-
habt/ noch dieser es leisten sollen/ und die materie der art ist/ daß sie nicht ge-
lobet werden darff/ weil sich der sohn damit der freyheit etwas gutes zu thun
begeben/ und also sich verbinden sollen/ alles was zu dem besten der kirchen
neuerlich diensam gefunden werden könte/ doch wissentlich zu unterlassen/ ja
gar auch an andern zu hindern/ welches ohne sünde nicht geschehen kan (da
aber sünde zu geloben an sich unrecht ist) daß dann solches gelübde/
ob es schon so geschehen solle seyn/ den sohn nicht anders verbinde/
als daß er seine sünde/ eine solche sache vermeßentlich gelobet zu haben/ buß-
fertig und demüthig erkennende von Gottes barmhertzigkeit die gnade und
vergebung suche/ nicht aber zu der haltung deßelben und also widersetzligkeit
gegen alle arten der änderung. So wird auch der HErr das jenige nicht zu-
rechnen/ wo er wider sein sündliches gelübde das jenige mit bußfertigem her-
tzen thut/ was von ihm und allen die göttliche ehre erfordert/ sie willig in al-

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ARTIC. III. SECTIO XI.
auflegen/ daß er/ ob er wol etwas zu verbeſſern ſehe/ das geringſte auch mit
zuziehung der andern dazu gehoͤrigen zu aͤndern nicht macht haͤtte/ ſondern
auch der geſamten obrigkeit ſolche gewalt die ihnen gehoͤret/ nehmen wollen/
und hingegen ſeine hergebrachte anſtalten gleichſam dermaſſen auctoriſiren/
daß bey vermeidung goͤttlichen zorns ſie niemand aͤndern doͤrffte/ gehoͤret je
keinem prediger zu/ ſondern gehet weit uͤber ſeine macht. 3. Jſt das geluͤbde
ſo bewandt/ daß es alle mittel die kirche ihres orts in einen beſſernſtand zu
bringen/ ſo wir droben beſehen/ daß wir allezeit darnach zu trachten haben/
auff einmahl abſchneidet/ und der vorigen ordnung viel zu viel zumiſſet/ daß
ſie auff keinerley weiſe auch in dem geringſten nicht geaͤndert werden ſolte.
Nun iſt eine ſehr ſchwehre ſuͤnde/ das gute unterlaſſen/ noch ſchwehrer es hin-
dern aber am ſchwehrſten demſelben auff alle zeiten einen riegel vorſchieben
wollen. Maſſen hie nicht ſtehet/ daß er gegen die jenige aͤnderungen ſeine
kirche verwahren wollen/ welche er der ſohn derſelben ſchaͤdlich und nachthei-
lig erkennen wuͤrde/ damit man freylich nichts zu thun haben ſolle; ſondern
es ſoll ohne ausnahm nichts in der kirchen geaͤndert werden/ ob die aͤnderung
auch ſchon noch ſo gut ſeyn moͤchte. Welches dieſes zum fundament haben
muß/ daß ohne unterſcheid alle neuerungen unrecht ſeyn/ das aber oben zur
gnuͤge umgeworffen worden.

2. Mercken wir ferner/ daß ob der vater dem pfarrherrn ſeinem ſohn der-
gleichen zugemuthet/ derſelbe nicht recht gethan/ daſſelbe anzugeloben/ was
er ſelbs verſtehen ſollen/ daß weder mit recht von ihm gefordert noch von ihm
ſelbs mit gutem gewiſſen geleiſtet werden koͤnte. Dahero der pfarrherr aus
eigener ſchuld ſein gewiſſen beſtricket und demſelben unzimliche laſt auffgela-
den.

3. Aus obigem folget/ weil weder jener das geluͤbde zu fordern macht ge-
habt/ noch dieſer es leiſten ſollen/ und die materie der art iſt/ daß ſie nicht ge-
lobet werden darff/ weil ſich der ſohn damit der freyheit etwas gutes zu thun
begeben/ und alſo ſich verbinden ſollen/ alles was zu dem beſten der kirchen
neuerlich dienſam gefunden werden koͤnte/ doch wiſſentlich zu unterlaſſen/ ja
gar auch an andern zu hindern/ welches ohne ſuͤnde nicht geſchehen kan (da
aber ſuͤnde zu geloben an ſich unrecht iſt) daß dann ſolches geluͤbde/
ob es ſchon ſo geſchehen ſolle ſeyn/ den ſohn nicht anders verbinde/
als daß er ſeine ſuͤnde/ eine ſolche ſache vermeßentlich gelobet zu haben/ buß-
fertig und demuͤthig erkennende von Gottes barmhertzigkeit die gnade und
vergebung ſuche/ nicht aber zu der haltung deßelben und alſo widerſetzligkeit
gegen alle arten der aͤnderung. So wird auch der HErr das jenige nicht zu-
rechnen/ wo er wider ſein ſuͤndliches geluͤbde das jenige mit bußfertigem her-
tzen thut/ was von ihm und allen die goͤttliche ehre erfordert/ ſie willig in al-

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[667/0683] ARTIC. III. SECTIO XI. auflegen/ daß er/ ob er wol etwas zu verbeſſern ſehe/ das geringſte auch mit zuziehung der andern dazu gehoͤrigen zu aͤndern nicht macht haͤtte/ ſondern auch der geſamten obrigkeit ſolche gewalt die ihnen gehoͤret/ nehmen wollen/ und hingegen ſeine hergebrachte anſtalten gleichſam dermaſſen auctoriſiren/ daß bey vermeidung goͤttlichen zorns ſie niemand aͤndern doͤrffte/ gehoͤret je keinem prediger zu/ ſondern gehet weit uͤber ſeine macht. 3. Jſt das geluͤbde ſo bewandt/ daß es alle mittel die kirche ihres orts in einen beſſernſtand zu bringen/ ſo wir droben beſehen/ daß wir allezeit darnach zu trachten haben/ auff einmahl abſchneidet/ und der vorigen ordnung viel zu viel zumiſſet/ daß ſie auff keinerley weiſe auch in dem geringſten nicht geaͤndert werden ſolte. Nun iſt eine ſehr ſchwehre ſuͤnde/ das gute unterlaſſen/ noch ſchwehrer es hin- dern aber am ſchwehrſten demſelben auff alle zeiten einen riegel vorſchieben wollen. Maſſen hie nicht ſtehet/ daß er gegen die jenige aͤnderungen ſeine kirche verwahren wollen/ welche er der ſohn derſelben ſchaͤdlich und nachthei- lig erkennen wuͤrde/ damit man freylich nichts zu thun haben ſolle; ſondern es ſoll ohne ausnahm nichts in der kirchen geaͤndert werden/ ob die aͤnderung auch ſchon noch ſo gut ſeyn moͤchte. Welches dieſes zum fundament haben muß/ daß ohne unterſcheid alle neuerungen unrecht ſeyn/ das aber oben zur gnuͤge umgeworffen worden. 2. Mercken wir ferner/ daß ob der vater dem pfarrherrn ſeinem ſohn der- gleichen zugemuthet/ derſelbe nicht recht gethan/ daſſelbe anzugeloben/ was er ſelbs verſtehen ſollen/ daß weder mit recht von ihm gefordert noch von ihm ſelbs mit gutem gewiſſen geleiſtet werden koͤnte. Dahero der pfarrherr aus eigener ſchuld ſein gewiſſen beſtricket und demſelben unzimliche laſt auffgela- den. 3. Aus obigem folget/ weil weder jener das geluͤbde zu fordern macht ge- habt/ noch dieſer es leiſten ſollen/ und die materie der art iſt/ daß ſie nicht ge- lobet werden darff/ weil ſich der ſohn damit der freyheit etwas gutes zu thun begeben/ und alſo ſich verbinden ſollen/ alles was zu dem beſten der kirchen neuerlich dienſam gefunden werden koͤnte/ doch wiſſentlich zu unterlaſſen/ ja gar auch an andern zu hindern/ welches ohne ſuͤnde nicht geſchehen kan (da aber ſuͤnde zu geloben an ſich unrecht iſt) daß dann ſolches geluͤbde/ ob es ſchon ſo geſchehen ſolle ſeyn/ den ſohn nicht anders verbinde/ als daß er ſeine ſuͤnde/ eine ſolche ſache vermeßentlich gelobet zu haben/ buß- fertig und demuͤthig erkennende von Gottes barmhertzigkeit die gnade und vergebung ſuche/ nicht aber zu der haltung deßelben und alſo widerſetzligkeit gegen alle arten der aͤnderung. So wird auch der HErr das jenige nicht zu- rechnen/ wo er wider ſein ſuͤndliches geluͤbde das jenige mit bußfertigem her- tzen thut/ was von ihm und allen die goͤttliche ehre erfordert/ ſie willig in al- len P p p p 2

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 667. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/683>, abgerufen am 22.11.2024.