Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.Das andere Capitel. len gelegenheiten zubefordern. Hätte also der pfarrherr/ da der diaconusetwas so dem alten herkommen nicht gemäß zu suchen schiene/ zu deßen hin- dernüs sein gelübde nicht anführen dörffen/ welches weder andere verbindet/ noch ihn von der allgemeinen schuldigkeit/ damit jeglicher der kirche wo in deroselben etwas gebeßert werden kan/ verbunden ist/ loßsprechen kan: son- dern in allen solchen fragen hat/ so wohl er als alle andere die nach göttlicher ordnung mit einem solchen geschäfft zu thun haben/ nur stäts in der forcht des HErrn zu erwegen/ ob eine anmuthende änderung der kirchen großen nutzen bringen/ kein eigentliches ärgernüs erregen oder sonst gefahr nach sich ziehen werde/ so dann ob dero einführung in göttlicher oben beschriebener ordnung zu geschehen gesucht/ oder dagegen mit gewalt er was versuchet werde. Nach diesen betrachtungen wird er allemal leicht finden/ was ihm zu thun oder zu laßen seye: und hat sich zwahr wegen des unbedachtsam geleisteten gelübds vor GOtt stäts zu demüthigen/ desto fleißiger sich vor allen eigenthätigen neuerungen zu hüten/ aber wo etwas neues gutes zu der kirchen wahrem besten angeordnet werden will/ sich kein gewißen zu machen/ daß er es gesche- hen laße/ und in solchem fall als viel sein amt erfordert die hand mit anlege. Was ietzo gesagt/ ist auch insgemein in den Moralisten gegründet/ die da be- kennen/ daß solche zusagen/ ob auch ein eid dazu käme/ nicht verbinden/ wel- che ein größers gut hindern würden. Thomas Aq. 2, 2, 89. art. 7. sagt also: Si (sc. promissio) est impeditiva majoris boni; peccat jurando, sed non peccat implendo, licet esset melius non implere. Da will zwahr derselbe zulaßen/ daß einer möge ein solch gelübd halten/ wo nemlich das gewißen so schwach/ daß es die forcht vor dem eyd nicht überwinden könte/ hält es aber beßer/ daß ers nicht halte. Andere schließen bloßer dings auff dieses letztere/ darunter wir den einigen Hug. Grotium (der anderer arbeit fast zusammen gefaßt) hören wollen de jur. B. & Pac. L. 2. c. 13. n. 7. p. 226. Imo etiamsi res quae pro- mittitur non sit illicita, sed majus bonum morale impediens, sic quoque non valebit jusjurandum, quia sc. profectum in bono Deo debemus, ita ut ejus libertatem eripere nobis ipsis non valeamus. Wo er auch aus Matth. 15. das unter den Jüden gewöhnliche gelübde anführt doron o ean ex emou ophelethes. Es werde zu einer gabe oder als ein opffer GOtt geheiliget/ was du von mir nutzen ziehen würdest: da die Rabbinen damal solches gelübde vor gültig achteten/ weil der mensch das seinige/ was er sonsten seinen eltern guts zu thun gehabt/ dem HErrn heiligte/ aber Christus verwirfft es/ weil damit ein mehreres gut/ nemlich die gutthätigkeit gegen die eltern/ welche GOtt selbs geboten/ gehindert würde. Welcherley nimmer mit recht ver- sprochen/ noch da es versprochen wäre/ gehalten werden kan. Wir schließen endlich diese frage mit den worten des H. Augustini: Video, David pium homi-
Das andere Capitel. len gelegenheiten zubefordern. Haͤtte alſo der pfarrherr/ da der diaconusetwas ſo dem alten herkommen nicht gemaͤß zu ſuchen ſchiene/ zu deßen hin- dernuͤs ſein geluͤbde nicht anfuͤhren doͤrffen/ welches weder andere verbindet/ noch ihn von der allgemeinen ſchuldigkeit/ damit jeglicher der kirche wo in deroſelben etwas gebeßert werden kan/ verbunden iſt/ loßſprechen kan: ſon- dern in allen ſolchen fragen hat/ ſo wohl er als alle andere die nach goͤttlicher ordnung mit einem ſolchen geſchaͤfft zu thun haben/ nur ſtaͤts in der forcht des HErrn zu erwegen/ ob eine anmuthende aͤnderung der kirchen großen nutzen bringen/ kein eigentliches aͤrgernuͤs erregen oder ſonſt gefahr nach ſich ziehen werde/ ſo dann ob dero einfuͤhrung in goͤttlicher oben beſchriebener ordnung zu geſchehen geſucht/ oder dagegen mit gewalt er was verſuchet werde. Nach dieſen betrachtungen wird er allemal leicht finden/ was ihm zu thun oder zu laßen ſeye: und hat ſich zwahr wegen des unbedachtſam geleiſteten geluͤbds vor GOtt ſtaͤts zu demuͤthigen/ deſto fleißiger ſich vor allen eigenthaͤtigen neuerungen zu huͤten/ aber wo etwas neues gutes zu der kirchen wahrem beſten angeordnet werden will/ ſich kein gewißen zu machen/ daß er es geſche- hen laße/ und in ſolchem fall als viel ſein amt erfordert die hand mit anlege. Was ietzo geſagt/ iſt auch insgemein in den Moraliſten gegruͤndet/ die da be- kennen/ daß ſolche zuſagen/ ob auch ein eid dazu kaͤme/ nicht verbinden/ wel- che ein groͤßers gut hindern wuͤrden. Thomas Aq. 2, 2, 89. art. 7. ſagt alſo: Si (ſc. promiſſio) eſt impeditiva majoris boni; peccat jurando, ſed non peccat implendo, licet eſſet melius non implere. Da will zwahr derſelbe zulaßen/ daß einer moͤge ein ſolch geluͤbd halten/ wo nemlich das gewißen ſo ſchwach/ daß es die forcht vor dem eyd nicht uͤberwinden koͤnte/ haͤlt es aber beßer/ daß ers nicht halte. Andere ſchließen bloßer dings auff dieſes letztere/ darunter wir den einigen Hug. Grotium (der anderer arbeit faſt zuſammen gefaßt) hoͤren wollen de jur. B. & Pac. L. 2. c. 13. n. 7. p. 226. Imo etiamſi res quæ pro- mittitur non ſit illicita, ſed majus bonum morale impediens, ſic quoque non valebit jusjurandum, quia ſc. profectum in bono Deo debemus, ita ut ejus libertatem eripere nobis ipſis non valeamus. Wo er auch aus Matth. 15. das unter den Juͤden gewoͤhnliche geluͤbde anfuͤhrt δῶρον ὅ ἐαν ἐξ ἐμοῦ ὠφεληθῇς. Es werde zu einer gabe oder als ein opffer GOtt geheiliget/ was du von mir nutzen ziehen wuͤrdeſt: da die Rabbinen damal ſolches geluͤbde vor guͤltig achteten/ weil der menſch das ſeinige/ was er ſonſten ſeinen eltern guts zu thun gehabt/ dem HErrn heiligte/ aber Chriſtus verwirfft es/ weil damit ein mehreres gut/ nemlich die gutthaͤtigkeit gegen die eltern/ welche GOtt ſelbs geboten/ gehindert wuͤrde. Welcherley nimmer mit recht ver- ſprochen/ noch da es verſprochen waͤre/ gehalten werden kan. Wir ſchließen endlich dieſe frage mit den worten des H. Auguſtini: Video, David pium homi-
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Das andere Capitel.
len gelegenheiten zubefordern. Haͤtte alſo der pfarrherr/ da der diaconus
etwas ſo dem alten herkommen nicht gemaͤß zu ſuchen ſchiene/ zu deßen hin-
dernuͤs ſein geluͤbde nicht anfuͤhren doͤrffen/ welches weder andere verbindet/
noch ihn von der allgemeinen ſchuldigkeit/ damit jeglicher der kirche wo in
deroſelben etwas gebeßert werden kan/ verbunden iſt/ loßſprechen kan: ſon-
dern in allen ſolchen fragen hat/ ſo wohl er als alle andere die nach goͤttlicher
ordnung mit einem ſolchen geſchaͤfft zu thun haben/ nur ſtaͤts in der forcht des
HErrn zu erwegen/ ob eine anmuthende aͤnderung der kirchen großen nutzen
bringen/ kein eigentliches aͤrgernuͤs erregen oder ſonſt gefahr nach ſich ziehen
werde/ ſo dann ob dero einfuͤhrung in goͤttlicher oben beſchriebener ordnung
zu geſchehen geſucht/ oder dagegen mit gewalt er was verſuchet werde. Nach
dieſen betrachtungen wird er allemal leicht finden/ was ihm zu thun oder zu
laßen ſeye: und hat ſich zwahr wegen des unbedachtſam geleiſteten geluͤbds
vor GOtt ſtaͤts zu demuͤthigen/ deſto fleißiger ſich vor allen eigenthaͤtigen
neuerungen zu huͤten/ aber wo etwas neues gutes zu der kirchen wahrem
beſten angeordnet werden will/ ſich kein gewißen zu machen/ daß er es geſche-
hen laße/ und in ſolchem fall als viel ſein amt erfordert die hand mit anlege.
Was ietzo geſagt/ iſt auch insgemein in den Moraliſten gegruͤndet/ die da be-
kennen/ daß ſolche zuſagen/ ob auch ein eid dazu kaͤme/ nicht verbinden/ wel-
che ein groͤßers gut hindern wuͤrden. Thomas Aq. 2, 2, 89. art. 7. ſagt alſo: Si
(ſc. promiſſio) eſt impeditiva majoris boni; peccat jurando, ſed non peccat
implendo, licet eſſet melius non implere. Da will zwahr derſelbe zulaßen/
daß einer moͤge ein ſolch geluͤbd halten/ wo nemlich das gewißen ſo ſchwach/
daß es die forcht vor dem eyd nicht uͤberwinden koͤnte/ haͤlt es aber beßer/ daß
ers nicht halte. Andere ſchließen bloßer dings auff dieſes letztere/ darunter wir
den einigen Hug. Grotium (der anderer arbeit faſt zuſammen gefaßt)
hoͤren wollen de jur. B. & Pac. L. 2. c. 13. n. 7. p. 226. Imo etiamſi res quæ pro-
mittitur non ſit illicita, ſed majus bonum morale impediens, ſic quoque
non valebit jusjurandum, quia ſc. profectum in bono Deo debemus, ita ut
ejus libertatem eripere nobis ipſis non valeamus. Wo er auch aus Matth.
15. das unter den Juͤden gewoͤhnliche geluͤbde anfuͤhrt δῶρον ὅ ἐαν ἐξ ἐμοῦ
ὠφεληθῇς. Es werde zu einer gabe oder als ein opffer GOtt geheiliget/ was
du von mir nutzen ziehen wuͤrdeſt: da die Rabbinen damal ſolches geluͤbde
vor guͤltig achteten/ weil der menſch das ſeinige/ was er ſonſten ſeinen eltern
guts zu thun gehabt/ dem HErrn heiligte/ aber Chriſtus verwirfft es/ weil
damit ein mehreres gut/ nemlich die gutthaͤtigkeit gegen die eltern/ welche
GOtt ſelbs geboten/ gehindert wuͤrde. Welcherley nimmer mit recht ver-
ſprochen/ noch da es verſprochen waͤre/ gehalten werden kan. Wir ſchließen
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