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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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ARTIC. III. SECTIO XXV.
an falscher lehr einen abscheu haben/ aber doch die irrende mit einer hertzlichen
liebe ansehen/ und solches thätlich erzeigen sollen/ in welcher sache von ihnen
offt so gefehlet wird/ daß sie darinnen meinen ihren rechten Christlichen eyffer
zubestehen/ die irrende auffs eusserste zuhassen: worinnen nicht zuleugnen
stehet/ daß wir prediger ihnen offt darinn mit bösem exempel vorgehen. Das
fünffte mittel ist bekantlich nicht auff das land gemeinet; aber das sechste
gehet so dorff-als stadt-prediger an. Jch habe das andere verlangen dahin
verstanden/ daß noch weitere anmerckungen wegen der predigten auffgesetzt
werden möchten/ solches aber bekenne ich/ wäre eine materie/ die nicht nur vor
einen brieff zu weitläufftig/ sondern darzu fast nöthig seyn würde einen gantzen
methodum concionandi zubeschreiben/ dazu ich nicht viel zeit/ auffs wenig-
ste in dem gegenwertigen wüste/ noch solches zuthun jemal resolviret habe; die
klagen über den gemeinen zustand der academien sind wahr und offenbahr;
der HErr öffene den jenigen die augen/ an denen in dieser sache die schuld liget/
und von denen anderer augen erleuchtet werden solten. Wie zwahr scheinet/
daß GOTT möchte einiger hertzen gerühret haben. Wie dann auff einer
Universität ein bekanter Christlicher Professor ein collegium pietatis
privatim
mit etlichen gratis angehoben/ auff einer andern auch einer der-
gleichen vor hat. GOtt gebe daß bey Sächsischen universitäten das ihnen
bißher obgelegene oder androhende göttliche gericht der seuche so viel würcke/
daß sie in sich selbst gehen/ wo es bißher gemanglet fleißig untersuchen/ und da
sie ohne daß wegen fast flüchtig wordener meister Studiosorum wiederum
einen neuen boden legen werden müssen/ solches auff GOtt gefällige weise
thun/ welches er auch nachmahl destomehr seegnen wolle. Es verlangt fer-
ner dessen geliebtes schreiben von Herrn D. Hartmann, die projectirte
ausführung der alten Adams phrasium und gemeiner ausreden zu erlegen.
Es wird aber demselben längst wissend seyn/ daß solcher seel. mann/ ehe sein
schreiben datirt gewesen/ bereits von GOtt in seine ruh abgefordert worden
sey. Jch wolte sonsten hertzlich gern ihn zu solcher lieben arbeit und dero
verfertigung zu disponiren gesucht haben. Wie ich aber vor meine person
an ihm einen treuen freund und mit arbeiter mit schmertzen verlohren/ also
bedauere auch billig/ daß mit solchem seinem unvermutheten todt so diese als
andere gute arbeit unterblieben. Aber der HErr hat macht über seine diener
nach seinem wohlgefallen zu disponiren und weg zunehmen: uns gebühret/
ihn über alles zupreisen. Jch wünschte/ daß nur von einigen guten freunden
solche anstöß/ einbildungen/ entschuldigungen und ausflüchte zusammen

getragen
X x x x 2

ARTIC. III. SECTIO XXV.
an falſcher lehr einen abſcheu haben/ aber doch die irrende mit einer hertzlichen
liebe anſehen/ und ſolches thaͤtlich erzeigen ſollen/ in welcher ſache von ihnen
offt ſo gefehlet wird/ daß ſie darinnen meinen ihren rechten Chriſtlichen eyffer
zubeſtehen/ die irrende auffs euſſerſte zuhaſſen: worinnen nicht zuleugnen
ſtehet/ daß wir prediger ihnen offt darinn mit boͤſem exempel vorgehen. Das
fuͤnffte mittel iſt bekantlich nicht auff das land gemeinet; aber das ſechſte
gehet ſo dorff-als ſtadt-prediger an. Jch habe das andere verlangen dahin
verſtanden/ daß noch weitere anmerckungen wegen der predigten auffgeſetzt
werden moͤchten/ ſolches aber bekenne ich/ waͤre eine materie/ die nicht nur vor
einen brieff zu weitlaͤufftig/ ſondern darzu faſt noͤthig ſeyn wuͤrde einen gantzen
methodum concionandi zubeſchreiben/ dazu ich nicht viel zeit/ auffs wenig-
ſte in dem gegenwertigen wuͤſte/ noch ſolches zuthun jemal reſolviret habe; die
klagen uͤber den gemeinen zuſtand der academien ſind wahr und offenbahr;
der HErr oͤffene den jenigen die augen/ an denen in dieſer ſache die ſchuld liget/
und von denen anderer augen erleuchtet werden ſolten. Wie zwahr ſcheinet/
daß GOTT moͤchte einiger hertzen geruͤhret haben. Wie dann auff einer
Univerſitaͤt ein bekanter Chriſtlicher Profeſſor ein collegium pietatis
privatim
mit etlichen gratis angehoben/ auff einer andern auch einer der-
gleichen vor hat. GOtt gebe daß bey Saͤchſiſchen univerſitaͤten das ihnen
bißher obgelegene oder androhende goͤttliche gericht der ſeuche ſo viel wuͤrcke/
daß ſie in ſich ſelbſt gehen/ wo es bißher gemanglet fleißig unterſuchen/ und da
ſie ohne daß wegen faſt fluͤchtig wordener meiſter Studioſorum wiederum
einen neuen boden legen werden muͤſſen/ ſolches auff GOtt gefaͤllige weiſe
thun/ welches er auch nachmahl deſtomehr ſeegnen wolle. Es verlangt fer-
ner deſſen geliebtes ſchreiben von Herrn D. Hartmann, die projectirte
ausfuͤhrung der alten Adams phraſium und gemeiner ausreden zu erlegen.
Es wird aber demſelben laͤngſt wiſſend ſeyn/ daß ſolcher ſeel. mann/ ehe ſein
ſchreiben datirt geweſen/ bereits von GOtt in ſeine ruh abgefordert worden
ſey. Jch wolte ſonſten hertzlich gern ihn zu ſolcher lieben arbeit und dero
verfertigung zu diſponiren geſucht haben. Wie ich aber vor meine perſon
an ihm einen treuen freund und mit arbeiter mit ſchmertzen verlohren/ alſo
bedauere auch billig/ daß mit ſolchem ſeinem unvermutheten todt ſo dieſe als
andere gute arbeit unterblieben. Aber der HErr hat macht uͤber ſeine diener
nach ſeinem wohlgefallen zu diſponiren und weg zunehmen: uns gebuͤhret/
ihn uͤber alles zupreiſen. Jch wuͤnſchte/ daß nur von einigen guten freunden
ſolche anſtoͤß/ einbildungen/ entſchuldigungen und ausfluͤchte zuſammen

getragen
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[715/0731] ARTIC. III. SECTIO XXV. an falſcher lehr einen abſcheu haben/ aber doch die irrende mit einer hertzlichen liebe anſehen/ und ſolches thaͤtlich erzeigen ſollen/ in welcher ſache von ihnen offt ſo gefehlet wird/ daß ſie darinnen meinen ihren rechten Chriſtlichen eyffer zubeſtehen/ die irrende auffs euſſerſte zuhaſſen: worinnen nicht zuleugnen ſtehet/ daß wir prediger ihnen offt darinn mit boͤſem exempel vorgehen. Das fuͤnffte mittel iſt bekantlich nicht auff das land gemeinet; aber das ſechſte gehet ſo dorff-als ſtadt-prediger an. Jch habe das andere verlangen dahin verſtanden/ daß noch weitere anmerckungen wegen der predigten auffgeſetzt werden moͤchten/ ſolches aber bekenne ich/ waͤre eine materie/ die nicht nur vor einen brieff zu weitlaͤufftig/ ſondern darzu faſt noͤthig ſeyn wuͤrde einen gantzen methodum concionandi zubeſchreiben/ dazu ich nicht viel zeit/ auffs wenig- ſte in dem gegenwertigen wuͤſte/ noch ſolches zuthun jemal reſolviret habe; die klagen uͤber den gemeinen zuſtand der academien ſind wahr und offenbahr; der HErr oͤffene den jenigen die augen/ an denen in dieſer ſache die ſchuld liget/ und von denen anderer augen erleuchtet werden ſolten. Wie zwahr ſcheinet/ daß GOTT moͤchte einiger hertzen geruͤhret haben. Wie dann auff einer Univerſitaͤt ein bekanter Chriſtlicher Profeſſor ein collegium pietatis privatim mit etlichen gratis angehoben/ auff einer andern auch einer der- gleichen vor hat. GOtt gebe daß bey Saͤchſiſchen univerſitaͤten das ihnen bißher obgelegene oder androhende goͤttliche gericht der ſeuche ſo viel wuͤrcke/ daß ſie in ſich ſelbſt gehen/ wo es bißher gemanglet fleißig unterſuchen/ und da ſie ohne daß wegen faſt fluͤchtig wordener meiſter Studioſorum wiederum einen neuen boden legen werden muͤſſen/ ſolches auff GOtt gefaͤllige weiſe thun/ welches er auch nachmahl deſtomehr ſeegnen wolle. Es verlangt fer- ner deſſen geliebtes ſchreiben von Herrn D. Hartmann, die projectirte ausfuͤhrung der alten Adams phraſium und gemeiner ausreden zu erlegen. Es wird aber demſelben laͤngſt wiſſend ſeyn/ daß ſolcher ſeel. mann/ ehe ſein ſchreiben datirt geweſen/ bereits von GOtt in ſeine ruh abgefordert worden ſey. Jch wolte ſonſten hertzlich gern ihn zu ſolcher lieben arbeit und dero verfertigung zu diſponiren geſucht haben. Wie ich aber vor meine perſon an ihm einen treuen freund und mit arbeiter mit ſchmertzen verlohren/ alſo bedauere auch billig/ daß mit ſolchem ſeinem unvermutheten todt ſo dieſe als andere gute arbeit unterblieben. Aber der HErr hat macht uͤber ſeine diener nach ſeinem wohlgefallen zu diſponiren und weg zunehmen: uns gebuͤhret/ ihn uͤber alles zupreiſen. Jch wuͤnſchte/ daß nur von einigen guten freunden ſolche anſtoͤß/ einbildungen/ entſchuldigungen und ausfluͤchte zuſammen getragen X x x x 2

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 715. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/731>, abgerufen am 22.11.2024.