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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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Das andere Capitel.
könten von andern Christen auch administriret werden/ wie das exempel der
tauff klahr zeigte/ und von der Römisch Päpstischen selbs gestanden würde/
weil er aber einwurff/ daß es mit dem heiligen abendmahl eine andere bewand-
nüs hätte/ replicirte ich/ daß solches daher käme/ weil nicht so leicht in diesem
Sacramente solcher nothfall sich finden könte/ wie bey der tauff/ und solches
seye die eigentliche ursache/ daß es von keinen andern/ als ordentlichen dienern
der kirchen zu administriren, nicht aber daß sonsten eine andere ursach wäre/ wie
bey den Päpstischen fingiret wird/ daß eine sonderbare potestas in corpus Chri-
sti verum
durch das vermeinte Sacramentum ordinis den Priestern gegeben
werde/ daß seine wort nachmal kräfftig seyn/ die transsubstantiation zu würcken;
weswegen dann/ wo ein casus necessitatis seyn könte/ auch dieses Sa-
crament nicht bloß an die ministris Ecclesiae restingiret wäre/ wie sich
bey tentatis etwa begeben könte. Als ich solches kaum halb gesagt/ so wol-
te der Fürst nicht mehr weiter hören/ noch zugeben/ daß mich deutlich erklärte/
sondern wider all mein protestirn bliebs dabey/ ich glaubte dann/ das jeglicher/
wer der auch wäre/ gleich wie tauffen/ also auch das H. abendmahl halten kon-
te; Hat auch solches so bald aller orten spargirt, das ich/ wo es nicht ein Fürst
gewesen/ mich anders gegen solche unziemliche auflage würde zu vertheidigen ur-
sach gehabt haben/ in dem ich dessen beschuldiget worden/ daß ich nie weder ge-
lehret noch statuiret habe. Zwar wo ich dieses behaupten wolte/ daß solches
andere Sacrament in jeden sonderlichen casu necessitatis auch von einem an-
dern als ministro Ecclesiae ordinato administriret werden möchte/ so hätte un-
terschiedliche Theologos D. Bidenbachium, Heshusium uud andere vor mich/
davon auch Lutherus nicht abgehet. Aber ich bekenne/ daß ich so weit nimmer
gehen wolte/ sondern bleibe bey meines S. Praeceptoris Herr D. Danhauers
meinung/ daß wo man keinen Prediger haben kan/ in solchem casu necessita-
tis
ein mensch auff die Geistliche niessung des glaubens zu weisen seye/ weil er das
heilige Sacrament nicht haben könne/ in jener aber trosts gnug finden werde.
Diesen einigen casum nahm er aus/ und ich mit ihm/ wo einige allerdings an sol-
chen orten wären/ wo keine Evangelische kirche und also ministerium wäre (zum
exempel in Jtalien/ Franckreich oder der gleichen) es wäre aber einer/ der nach
dem heiligen Abendmahl sehnlich verlangte/ und ob er wol von seinen übrigen
freunden auf die geistliche niessung gewiesen würde/ sich damit nicht beruhigen
könte/ sondern in solche anfechtung geriethe/ daß ihm das heilige abendmahl bloß
nothwendig wäre/ solcher gedancken und daher entstehende angst ihm auch in so-
thaner tentation nicht benommen werden könte/ daß alsdann einer seiner mit-
brüder/ von dem ers verlangte/ in solchen fall/ wo nun ein wahrhafftiger casus ne-
cessitatis
wäre/ und die ordnung der liebe billig weichen solte/ ihn communiciren
möge. Jst aber wie leicht zu sehen ein casus vix aut rarissime dabilis. Daher der
S. D. Hunnius in Epit. credend. wo er von der frage redet/ ob ein anderer als

Pre-

Das andere Capitel.
koͤnten von andern Chriſten auch adminiſtriret werden/ wie das exempel der
tauff klahr zeigte/ und von der Roͤmiſch Paͤpſtiſchen ſelbs geſtanden wuͤrde/
weil er aber einwurff/ daß es mit dem heiligen abendmahl eine andere bewand-
nuͤs haͤtte/ replicirte ich/ daß ſolches daher kaͤme/ weil nicht ſo leicht in dieſem
Sacramente ſolcher nothfall ſich finden koͤnte/ wie bey der tauff/ und ſolches
ſeye die eigentliche urſache/ daß es von keinen andern/ als ordentlichen dienern
der kirchen zu adminiſtriren, nicht aber daß ſonſten eine andere urſach waͤre/ wie
bey den Paͤpſtiſchen fingiret wird/ daß eine ſonderbare poteſtas in corpus Chri-
ſti verum
durch das vermeinte Sacramentum ordinis den Prieſtern gegeben
werde/ daß ſeine wort nachmal kraͤfftig ſeyn/ die transſubſtantiation zu wuͤrcken;
weswegen dann/ wo ein caſus necesſitatis ſeyn koͤnte/ auch dieſes Sa-
crament nicht bloß an die miniſtris Eccleſiæ reſtingiret waͤre/ wie ſich
bey tentatis etwa begeben koͤnte. Als ich ſolches kaum halb geſagt/ ſo wol-
te der Fuͤrſt nicht mehr weiter hoͤren/ noch zugeben/ daß mich deutlich erklaͤrte/
ſondern wider all mein proteſtirn bliebs dabey/ ich glaubte dann/ das jeglicher/
wer der auch waͤre/ gleich wie tauffen/ alſo auch das H. abendmahl halten kon-
te; Hat auch ſolches ſo bald aller orten ſpargirt, das ich/ wo es nicht ein Fuͤrſt
geweſen/ mich anders gegen ſolche unziemliche auflage wuͤrde zu vertheidigen ur-
ſach gehabt haben/ in dem ich deſſen beſchuldiget worden/ daß ich nie weder ge-
lehret noch ſtatuiret habe. Zwar wo ich dieſes behaupten wolte/ daß ſolches
andere Sacrament in jeden ſonderlichen caſu necesſitatis auch von einem an-
dern als miniſtro Eccleſiæ ordinato adminiſtriret werden moͤchte/ ſo haͤtte un-
terſchiedliche Theologos D. Bidenbachium, Heshuſium uud andere vor mich/
davon auch Lutherus nicht abgehet. Aber ich bekenne/ daß ich ſo weit nimmer
gehen wolte/ ſondern bleibe bey meines S. Præceptoris Herr D. Danhauers
meinung/ daß wo man keinen Prediger haben kan/ in ſolchem caſu necesſita-
tis
ein menſch auff die Geiſtliche nieſſung des glaubens zu weiſen ſeye/ weil er das
heilige Sacrament nicht haben koͤnne/ in jener aber troſts gnug finden werde.
Dieſen einigen caſum nahm er aus/ und ich mit ihm/ wo einige allerdings an ſol-
chen orten waͤren/ wo keine Evangeliſche kirche und alſo miniſterium waͤre (zum
exempel in Jtalien/ Franckreich oder der gleichen) es waͤre aber einer/ der nach
dem heiligen Abendmahl ſehnlich verlangte/ und ob er wol von ſeinen uͤbrigen
freunden auf die geiſtliche nieſſung gewieſen wuͤrde/ ſich damit nicht beruhigen
koͤnte/ ſondern in ſolche anfechtung geriethe/ daß ihm das heilige abendmahl bloß
nothwendig waͤre/ ſolcher gedancken und daher entſtehende angſt ihm auch in ſo-
thaner tentation nicht benommen werden koͤnte/ daß alsdann einer ſeiner mit-
bruͤder/ von dem ers verlangte/ in ſolchen fall/ wo nun ein wahrhafftiger caſus ne-
cesſitatis
waͤre/ und die ordnung der liebe billig weichen ſolte/ ihn communiciren
moͤge. Jſt aber wie leicht zu ſehen ein caſus vix aut rarisſimè dabilis. Daher der
S. D. Hunnius in Epit. credend. wo er von der frage redet/ ob ein anderer als

Pre-
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[178/0978] Das andere Capitel. koͤnten von andern Chriſten auch adminiſtriret werden/ wie das exempel der tauff klahr zeigte/ und von der Roͤmiſch Paͤpſtiſchen ſelbs geſtanden wuͤrde/ weil er aber einwurff/ daß es mit dem heiligen abendmahl eine andere bewand- nuͤs haͤtte/ replicirte ich/ daß ſolches daher kaͤme/ weil nicht ſo leicht in dieſem Sacramente ſolcher nothfall ſich finden koͤnte/ wie bey der tauff/ und ſolches ſeye die eigentliche urſache/ daß es von keinen andern/ als ordentlichen dienern der kirchen zu adminiſtriren, nicht aber daß ſonſten eine andere urſach waͤre/ wie bey den Paͤpſtiſchen fingiret wird/ daß eine ſonderbare poteſtas in corpus Chri- ſti verum durch das vermeinte Sacramentum ordinis den Prieſtern gegeben werde/ daß ſeine wort nachmal kraͤfftig ſeyn/ die transſubſtantiation zu wuͤrcken; weswegen dann/ wo ein caſus necesſitatis ſeyn koͤnte/ auch dieſes Sa- crament nicht bloß an die miniſtris Eccleſiæ reſtingiret waͤre/ wie ſich bey tentatis etwa begeben koͤnte. Als ich ſolches kaum halb geſagt/ ſo wol- te der Fuͤrſt nicht mehr weiter hoͤren/ noch zugeben/ daß mich deutlich erklaͤrte/ ſondern wider all mein proteſtirn bliebs dabey/ ich glaubte dann/ das jeglicher/ wer der auch waͤre/ gleich wie tauffen/ alſo auch das H. abendmahl halten kon- te; Hat auch ſolches ſo bald aller orten ſpargirt, das ich/ wo es nicht ein Fuͤrſt geweſen/ mich anders gegen ſolche unziemliche auflage wuͤrde zu vertheidigen ur- ſach gehabt haben/ in dem ich deſſen beſchuldiget worden/ daß ich nie weder ge- lehret noch ſtatuiret habe. Zwar wo ich dieſes behaupten wolte/ daß ſolches andere Sacrament in jeden ſonderlichen caſu necesſitatis auch von einem an- dern als miniſtro Eccleſiæ ordinato adminiſtriret werden moͤchte/ ſo haͤtte un- terſchiedliche Theologos D. Bidenbachium, Heshuſium uud andere vor mich/ davon auch Lutherus nicht abgehet. Aber ich bekenne/ daß ich ſo weit nimmer gehen wolte/ ſondern bleibe bey meines S. Præceptoris Herr D. Danhauers meinung/ daß wo man keinen Prediger haben kan/ in ſolchem caſu necesſita- tis ein menſch auff die Geiſtliche nieſſung des glaubens zu weiſen ſeye/ weil er das heilige Sacrament nicht haben koͤnne/ in jener aber troſts gnug finden werde. Dieſen einigen caſum nahm er aus/ und ich mit ihm/ wo einige allerdings an ſol- chen orten waͤren/ wo keine Evangeliſche kirche und alſo miniſterium waͤre (zum exempel in Jtalien/ Franckreich oder der gleichen) es waͤre aber einer/ der nach dem heiligen Abendmahl ſehnlich verlangte/ und ob er wol von ſeinen uͤbrigen freunden auf die geiſtliche nieſſung gewieſen wuͤrde/ ſich damit nicht beruhigen koͤnte/ ſondern in ſolche anfechtung geriethe/ daß ihm das heilige abendmahl bloß nothwendig waͤre/ ſolcher gedancken und daher entſtehende angſt ihm auch in ſo- thaner tentation nicht benommen werden koͤnte/ daß alsdann einer ſeiner mit- bruͤder/ von dem ers verlangte/ in ſolchen fall/ wo nun ein wahrhafftiger caſus ne- cesſitatis waͤre/ und die ordnung der liebe billig weichen ſolte/ ihn communiciren moͤge. Jſt aber wie leicht zu ſehen ein caſus vix aut rarisſimè dabilis. Daher der S. D. Hunnius in Epit. credend. wo er von der frage redet/ ob ein anderer als Pre-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/978>, abgerufen am 22.11.2024.